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# taz.de -- Fernsehfilm-Festival: Ende der unbehauenen Ehemänner
> Beim Fernsehfilm-Festival in Baden-Baden führte erstmals eine Frau den
> Jury-Vorsitz - aber gewonnen haben Männergeschichten. Besonders
> überzeugte ansonsten der Nachwuchs.
Bild: Regisseur Lars Kraume und Beate Langmaack freuen sich über den Preis fü…
Kann es das geben? Kann es: Zum ersten Mal führte eine Frau beim
Baden-Badener Fernsehfilm-Festival den Jury-Vorsitz. Und dann wurde es -
ein Jahr der Männergeschichten. Kein Problem für Klaudia Wick, einst
taz-Chefin und heute TV-Kritikerin extraordinaire: "Um es gleich vorweg zu
sagen: Ich finde das gut." Denn schließlich hätten ihr die Schauspieler und
die von ihnen verkörperten "unbehauenen Ehemänner" allmählich leid getan,
die in den Filmen der letzten Jahre "ihre relativ schlichten Charaktere" an
der Seite weiblicher Hauptfiguren zu geben hatten.
Und so ging 2007 der Hauptpreis für die beste deutsche
Fernsehspielproduktion wie berichtet an den WDR-Film "Guten Morgen, Herr
Grothe". Die Geschichte eines an sich selbst scheiternden Hauptschullehrers
(Regie: Lars Kraume) ist per se eine Männergeschichte. Ebenso Dominik Grafs
"Eine Stadt wird erpresst", ein elegischer Thriller, der vom Widerstand
einer Dorfgemeinschaft erzählt, deren Siedlung vom Braunkohleabbau
geschluckt werden soll. Auch hier geht es wieder um die Rivalität zweier
Männer. Darauf einen Sonderpreis, der bei einem Ausnahmeregisseur wie Graf
allerdings beinahe schon wie ein Trostpreis wirkt. Immerhin: Mit dem
zweiten Sonderpreis für die ZDF-Theaterkanal-Verfilmung von Ibsens
Klassiker "Peer Gynt" gelang der Jury ein kleiner, feiner
Überraschungscoup.
Doch woran lag es, dass der mittlerweile 19. Durchgang des Festivals trotz
neuer Jury so gar nicht runderneuert wirkte? In Sachen TV-Demokratie und
Publikumsbeteiligung setzt Baden-Baden immer noch Maßstäbe: Die Jury tagt
öffentlich wie beim Klagenfurter Literaturspektakel. 3sat zeigt parallel im
Rahmen des Zuschauerpreises alle nominierten Filme - hier zählen sogar die
Coachpotatoes was.
Doch die Debatte auf dem Podium verlief seltsam einmütig, zu ähnlich waren
sich vielleicht die Diskutanten. Anders als 2006, als das Festival selbst
Teil der Integrationsdebatte wurde, mit der Konkurrenz einer
türkisch-deutschen Komödie und dem düsteren Thriller "Wut", blieb es dieses
Jahr beim guten, technisch perfekten deutschen Fernsehfilm. Das ist nicht
wenig. Aber nicht besonders aufregend.
Mehr Spannung kam da beim MFG-Star auf. Auch wenn man bei der Vergabe des
Nachwuchspreises der baden-württembergischen Filmförderung an das
Ruhrgebietsepos "Autopiloten" geteilter Meinung sein konnte: Alle vier
Debütfilme überzeugten. Besonders das urkomische Handelsvertreter-Drama
"Reine Geschmackssache" von Ingo Rasper mit einem großartigen Edgar Selge
als Reisenden in Sachen Damenoberbekleidung. Auch die ganz entgegengesetzte
Liebes- und Lebensgeschichte "Am Ende kommen die Touristen" über einen
deutschen Zivildienstleistenden im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz
setzte Maßstäbe, die nicht von jedem Festivalbeitrag erfüllt wurden.
Und die Privaten? Sat.1 und RTL waren dieses Jahr bei Baden-Baden
ausgestiegen, wohl auch ein bisschen als Retourkutsche für die politischen
Verwerfungen zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Kanälen. Sie
werden wohl draußen bleiben. Vorjahressieger ProSieben war zumindest dieses
Jahr noch im Wettbewerb dabei.
26 Nov 2007
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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