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# taz.de -- Jagd auf NS-Verbrecher: KZ-Arzt in Südamerika gesucht
> "Doktor Tod von Mauthausen" wird Aribert Heim auch genannt. Ihn und
> andere ehemalige Nazi-Verbrecher sucht das Simon-Wiesenthal-Zentrum jetzt
> in Südamerika, um sie vor Gericht zu bringen.
Bild: Überlebende schildern ihn als extrem grausam: Der Österreicher Aribert …
BUENOS AIRES taz "Alt-Nazis aufzuspüren ist nicht schwer. Sie vor Gericht
zu bringen, das ist der schwierige Teil," Efraim Zuroff, der Leiter des
Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, spricht aus Erfahrung. Am Dienstag
kündigte er in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires die Ausweitung
des Programmes "Operation Letzte Chance" auf die südamerikanischen Länder,
Argentinien, Chile, Uruguay und Brasilien an. In einer zweiten Phase soll
es bald auf Paraguay und Bolivien erweitert werden.
Mit der "Operation Letzte Chance" versucht das Zentrum, der alten
untergetauchten Nazis doch noch habhaft zu werden. 10.000 US-Dollar erhält
wer zur Ergreifung und gerichtlichen Verurteilung eines
Nazi-Kriegsverbrechers beiträgt. Begonnen hat das Zentrum mit dem Programm
im Jahr 2002 in den baltischen Ländern Litauen, Lettland und Estland. 2003
wurde es auf Polen, Rumänien und Österreich ausgeweitet, seit Januar 2005
gilt es auch für Deutschland. Laut Zuroff sind seither 488 Verdächtige in
20 Ländern aufgespürt worden. 99 Fälle wurden der jeweils zuständigen
Staatsanwaltschaft übergeben.
In Südamerika ist das Zentrum vor allem auf der Suche nach Aribert Heim.
Heim, auch als "Doktor Tod von Mauthausen" bezeichnet, rangiert auf Platz
zwei der Liste der meistgesuchten Nazi-Verbrecher. Vor ihm steht nur noch
Alois Brunner. Die ehemals rechte Hand Adolf Eichmanns wird im arabischen
Raum vermutet. Der mittlerweile 93-jährige Heim soll nach Information des
Zentrum jedoch noch immer in Südamerika, vermutlich Chile oder Argentinien
leben.
Der Österreicher Aribert Heim arbeitete als Arzt in den
Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Mauthausen. Im KZ
Mauthausen soll er hunderte von Inhaftierten durch Spritzen ins Herz oder
bei Operationen ohne Betäubung getötet haben. Überlebende schildern ihn als
extrem grausam. Nach dem Krieg praktizierte Heim in Bad Nauheim, später in
Baden-Baden als Gynäkologe. Seit 1962 ist er auf der Flucht.
Dass Heim tatsächlich noch am Leben ist, ist nicht zweifelsfrei sicher. Für
das Simon-Wiesenthal-Zentrum gilt jedoch die Existenz eines Millionenkontos
bei einer Berliner Bank auf seinen Namen als ein Beweis dafür, das Heim
noch lebt. "Die Kinder könnten sofort das Erbe antreten. Sie müssten nur
den Tod des Vaters belegen," so Zuroff. Für Heim ist eine Belohnung von
319.000 Euro ausgesetzt, woran sich auch die Regierungen von Österreich und
Deutschland beteiligen.
Das Programm ist jedoch nicht unumstritten. Der Vorwurf, der Denunziation
werde damit Tür und Tor geöffnet, steht auch in Buenos Aires im Raum. "Wenn
jemand in Argentinien seinen 70-jährigen deutschstämmigen Nachbarn als
Altnazi denunziert nur weil er mit ihm im Clinch liegt, dann werden wir das
auch feststellen," so Zuroff und geht in die Offensive: "Wenn jemand aber
Ihren Großvater ermordet hat und wir finden den Mörder erst 60 Jahre
später, dann haben Sie kein Problem auch wenn der Mörder mittlerweile 70,
80 oder gar 90 Jahre alt wäre. Auch Sie würden es gerecht finden, wenn
diese Person für ihr Verbrechen bezahlt."
Die argentinische Regierung hat ihre Unterstützung bereits zugesagt.
Entsprechend positiv äußerte sich Efraim Zuroff nach einem Treffen mit
Aníbal Fernández, dem künftigen Justizminister der Regierung von Cristina
Kirchner. Allerdings stellte Zuroff klar, der argentinische Staat habe sich
seit der Rückkehr zur Demokratie 1983 immer kooperativ gezeigt, wenn es um
die Verhaftung und Auslieferung von Naziverbrechern gehe. Beispiele sind
die SS-Offiziere Josef Schwammberger, der von 1948 bis 1987 in Argentinien
lebte, bevor er an Deutschland ausgeliefert wurde. Und Erich Priebke, der
1995 nach Italien ausgeliefert wurde.
"Eine aktive Rolle bei der Suche nach ihnen hat der argentinische Staat
aber nie übernommen," so Zuroff. Und: "Argentinien hat auch nie eine
ernsthafte Ermittlung über die Zahl und die Anwesenheit der aus Europa an
den Río de la Plata geflüchteten Nazis durchgeführt." Nach Schätzungen des
Simon-Wiesenthal-Zentrums fanden nach 1945 zwischen 150 und 300
Kriegsverbrecher in Argentinien Unterschlupf, die mit Hilfe des Roten
Kreuzes und des Vatikans über die so genannte "Rattenlinie" aus Deutschland
nach Südamerika hatten fliehen können.
28 Nov 2007
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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