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# taz.de -- Streubomben: Konferenz strebt Verbot an
> In Wien beginnen am Dienstag Verhandlungen mit dem Ziel eines Abkommens
> bis 2008. Ausgerechnet Deutschland will ein umfassendes Verbot
> verhindern.
Bild: International hoch umstritten: Der Einsatz von Streubomben
GENF taz In Wien beginnen am Dienstag Detailverhandlungen über ein
umfassendes Verbot von Streubomben. Verhandlungsteilnehmer sind die
Regierungen von bislang 46 der 192 UNO-Staaten. Mit von der Partie ist aber
auch die "Internationale Streubombenkampagne", in der "Handicap
International" sowie 200 weitere Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus
aller Welt zusammenarbeiten. Bis August 2008 soll ein unterschriftsreifes
Verbotsabkommen vorliegen. Auf dieses Ziel hatten sich die 46 Staaten und
die Koalition aus Nichtregierungsorganisationen im Februar dieses Jahres
auf einer von der norwegischen Regierung veranstalteten Konferenz in Oslo
verständigt.
Der Oslo-Verhandlungsprozess gilt als aussichtsreiche Alternative zu den
seit Jahren blockierten Verhandlungen über ein Streubombenverbot im Rahmen
der UNO-Abrüstungskonferenz in Genf. Vorbild ist der seinerzeit von Kanada
initiierte Ottawa-Prozess, der 1998 ebenfalls außerhalb des UNO-Rahmens zu
einem internationalen Abkommen zum Verbot von Antipersonenminen führte.
Dieses Abkommen wurde inzwischen von über 150 UNO-Staaten ratifiziert, wird
jedoch von den drei größten Minenproduzenten USA, China und Russland nach
wie vor abgelehnt. Die internationale NGO-Koalition, die den Ottawa-Prozess
gemeinsam mit der kanadischen Regierung initiiert hatte, wurde für dieses
Engagement mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Für die Blockade der Verhandlungen über Streubomben in der
UNO-Abrüstungskonferenz sind in erster Linie die USA, China und Russland
verantwortlich. Die drei ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, die
auch die größten Hersteller von Streubomben sind, halten diese Waffen aus
militärischen Gründen weiterhin für "unverzichtbar". Die USA wären
allenfalls bereit, bestimmte Regeln und Einschränkungen für den Einsatz von
Streubomben zu vereinbaren, durch die die Zahl ziviler Opfer dieser Waffen
"so gering wie möglich" gehalten werden soll.
Die NGOs halten derartige Vorschläge jedoch für "zynische Augenwischerei".
Denn 98 Prozent der über 100.000 Opfer der rund 360 Millionen Streubomben,
die in den vergangenen 50 Jahren gegen Ziele in mindestens 30 Ländern
eingesetzt wurden, waren Zivilisten. Bomben mit Streumunition bestehen aus
einem Metallbehälter, der je nach Modell mit einem Dutzend bis mehreren
hundert Minibomben bestückt ist. Damit können Ziele von der Größe eines
Fußballplatzes flächendeckend beschossen werden. Nach Schätzungen von
Experten explodieren jedoch 10 bis 40 Prozent der Streumunition beim
Aufschlag nicht. Auch Jahrzehnte nach dem Ende eines Krieges sind die
Blindgänger eine Gefahr für die Zivilbevölkerung. Besonders gefährdet sind
Kinder, die nicht explodierte Sprengsätze oft für Spielzeug halten.
Länder mit besonders zahlreichen Streubombenopfern unter der
Zivilbevölkerung sind Afghanistan, Irak, Serbien, Laos, Kambodscha, Libanon
und Tschad. Die Regierungen dieser Staaten gehören zu den vehementesten
Befürwortern eines umfassenden Verbots von Streubomben. Wie die NGOs lehnen
diese Staaten unter anderem von Deutschland propagierte Vorschläge ab, die
ein umfassendes Verbot von Streubomben verhindern, ihren Einsatz durch
"technische Lösungen" aber "ungefährlich" machen sollen. Solche "Lösungen"
wären etwa Selbstzerstörungsmechanismen an den hunderten von explosiven
Submunitionen, die durch jede Streubombe verteilt werden.
Die Internationale Streubombenkampagne legte bereits auf der Konferenz im
Februar in Oslo anschauliche Belege aus dem Libanon vor, wo die
israelischen Luftstreitkräfte im letzten Sommer Streubomben mit vier
Millionen Submunitionen verschossen hatten - darunter viele mit
Selbstzerstörungsmechanismen, die versagten und inzwischen hunderte von
Zivilisten getötet oder verstümmelt haben. Viele Länder, darunter Peru,
Norwegen, Costa Rica, Irland und Mexiko, bezeichnen die Vorschläge für
technische "Lösungen" als zynisch. Die Bundesregierung, die sich sowohl an
den Verhandlungen im Rahmen des Oslo-Prozesses wie in der Genfer
UNO-Abrüstungskonferenz beteiligt, hält an den Vorschlägen für
"ungefährliche Streubomben" jedoch fest. Dies auch deshalb, weil die
deutsche Rüstungsindustrie erhebliches Interesse daran hat, "ungefährliche
Streubomben" in andere Länder zu exportieren.
4 Dec 2007
## AUTOREN
Andreas Zumach
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