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# taz.de -- Mit der Bahn durch Sri Lanka: Der koloniale Charme der Plantagen
> Der Friede zwischen den buddhistischen Singhalesen und den hinduistischen
> Tamilen soll den darniederliegenden Tourismus wieder ankurbeln
Bild: Mühsam quält sich der Zug bergaufwärts ins Hochland
Rund um die Fort Railway Station im Herzen von Colombo herrscht früh am
Morgen hektische Betriebsamkeit. Fliegende Händler versuchen noch schnell,
ein Geschäft mit den Reisenden zu machen; Bettler hoffen auf milde Gaben;
Kinder streunen scheinbar ziellos durch den Strom derer, die es zu den
Zügen zieht. Der Zug ins Hochland ist nicht sonderlich überfüllt, die
offenen Fenster gewähren Abkühlung, ohne dass man gleich den Staub und den
Dreck förmlich auf der Haut spürt. Erster Anlaufpunkt ist die alte
Königsstadt Kandy. Von dort geht es durch das Landesinnere bis nach
Badulla, der Endstation in den Bergen.
Der moderne „Express-Zug“ benötigt mindestens zwölf Stunden für die 290
Kilometer von Colombo nach Badulla. Zunächst zeigt sich ein Asienreisenden
vertrautes, idyllisches Bild. Auf ausgedehnten Reisfeldern folgen die
Menschen gemächlich den Wasserbüffeln.Nach knapp drei Stunden fährt der Zug
in Kandy ein. Die von Bergen umgebene Stadt ist eine Hochburg der
buddhistisch-singhalesischen Kultur und Ziel großer Pilgerströme. Die
Gläubigen suchen vor allem den Tempel Dalada Maligawa auf, in dem sich der
linke obere Eckzahn Buddhas befinden soll. Zu sehen bekommt man allerdings
nur einen Schrein, in dem irgendetwas liegt, eingewickelt in eine dicke
Schicht kostbarer Tücher. Der Zahn soll aus der Asche des Erleuchteten
geborgen und von einer Prinzessin im Haar nach Sri Lanka geschmuggelt
worden sein, um ihn vor der Zerstörung in Indien zu retten.
Jahrhundertelang war er zunächst in den alten Königsstädten Anuradhapura
und Polonnaruwa untergebracht, doch nachdem sie von ausländischen Invasoren
unterworfen worden waren, gelangte die Kostbarkeit nach Kandy.
Da sich mit Mythen vortrefflich Macht legitimieren lässt, ist der
buddhistische Klerus von Kandy besonders einflussreich. Als es um die
Aussöhnung mit den hinduistischen Tamilen ging, pilgerten die Politiker
nach Kandy, um vom dortigen Klerus Unterstützung für ihren Kurs zu erbeten.
Für die Weiterfahrt über Kandy hinaus kann der „Observation Saloon“
reserviert werden, ein Panoramawagen am Ende des Zugs mit einer kompletten
Glaswand und breiten Seitenfenstern. Die nach europäischen Maßstäben
bescheidene Investition lohnt sich, denn hinter Kandy beginnt das, was Sri
Lanka in der Welt berühmt gemacht hat: die Teeplantagen. Vom Zug aus
betrachtet, fügen sie sich harmonisch in die Berglandschaft ein; ganze
Hänge decken sie ein mit ihrem kräftigen Grün, dazwischen gelbe Akazien.
Dabei ist diese Postkartenidylle eine künstlich angelegte Landschaft. Erst
die britischen Kolonialherren holzten große Waldbestände ab und legten die
Plantagen an. Lange Zeit war Tee der wichtigste Exportartikel des Landes,
doch hat ihm die Textilindustrie inzwischen den Rang abgelaufen.
Auf die Teeplantagen folgen Lärchen,- Kiefern- und Rhododendronwälder, in
denen üppige Farne wuchern. Dazwischen kleine und größere Orte mit bunten
Märkten; hin und wieder eindrucksvolle Wasserfälle. Häufig hängt Nebel über
den Bergspitzen, der dem Ganzen einen geradezu mystischen Charakter
verleiht. So ist es kein Wunder, dass nicht weit von der Zugstrecke auch
der heiligste Berg des Landes liegt, der Adams Peak, „Sri Pada“ in der
Landessprache. Wer ihn besteigen will, muss in Hatton aussteigen und Bus
oder Taxi bis Maskeliya nehmen, wo der Aufstieg beginnt. Er dauert vier bis
sechs Stunden, und um ihn zu bewältigen, wurden 4.500 Stufen angelegt. Der
kegelförmige Gipfel liegt schließlich in 2.243 Meter Höhe. Damit ist der
Sri Pada (“Edler Fuß“) nicht Sri Lankas höchster Berg, aber der mit Absta…
populärste. Das liegt an dem Fußabdruck, der sich in dem Fels befindet. Für
die Buddhisten war Buddha persönlich hier; die Hindus betrachten ihn als
Erinnerung an den tanzenden Shiwa; Christen und Muslime sehen Adams Fuß
darin; praktische Ökumene in einem Land, das lange als besonders tolerant
galt.
Der Zug erreicht hinter Pattipola seine höchste Stelle auf 1.898 Meter.
Dichter Bergwald, der zum Wandern einlädt, prägt die Umgebung. Die
Endstation der Bahnstrecke wirkt verschlafen, als habe sich seit Beginn der
Unabhängigkeit nicht viel verändert. Die Parkbänke und grünen
Wärterhäuschen stammen noch aus der Kolonialzeit, zu der ein unbefangenes
Verhältnis besteht. Schließlich ist der Teeanbau bis heute eine der
wichtigsten Einnahmequellen hier.
17 May 2003
## AUTOREN
Klemens Ludwig
## TAGS
Reiseland Sri Lanka
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