Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Mit Thymianhonig und Olivenöl: Nach dem Mahl ist vor dem Mahl
> Schnelle Gourmet-Tour auf Kreta: Großartige Menüs pauschal in vier Tagen.
> Kulinarische Höhepunkte, die die Köstlichkeiten der Insel wie
> Thymianhonig und Olivenöl groß herausbringen
Bild: Im venezianischen Hafen in Rethymnon
Was von Reisen im Gedächtnis haften bleibt, sind schemenhafte Erinnerungen,
tief im Gehirn eingegrabene Momentaufnahmen von Landschaft und Strand,
Straßenszenen, Gebäuden - und von Menschen, denen man begegnet. Bei dieser
Reise ist das anders. Nicht dass die Erinnerung an freundliche Leute und
großartige Orte vorzeitig verblassen könnte, nein, es sind einfach
herausragende Details bei unerwartet liebevoll und mit äußerst guten
Zutaten bereiteten Mahlzeiten.
Schon am Abend der Ankunft wartete am üppigen Hotelbüfett im Iberostar
Mirabello Beach in Agios Nikolaos die erste Überraschung: Inmitten von
Fleisch und Fisch, Beilagen und Salat steht ein großes Kuchenblech, an das
sich offenbar noch niemand herangewagt hat. Gehobelte und vom Backen
gebräunte Mandelblättchen auf der Oberfläche lassen den Grund erahnen: Das
ist eindeutig ein klassischer deutscher und mit Sahne gefüllter Bienenstich
- und der steht hier eindeutig am falschen Ort. Herausgefordert durch
meinen zweifelnden Blick, gelingt es dem Maître am Büfett, mich dazu zu
bewegen, ein Stück zu probieren.
Grandios! Von Bienenstich keine Spur. Das Blech steht auch keineswegs an
der falschen Stelle - der vermeintliche Kuchen entpuppt sich als eine Art
Thunfisch-Quiche: Salziger Mürbeteig, darüber eine dicke Schicht mit
Thunfisch in Crème fraîche und Kräutern, obendrauf fein gehobelte Mandeln.
Das mag nicht besonders griechisch sein, aber es ist einfach lecker und
genau die richtige Einstimmung auf das Mittagsmenü am nächsten Tag.
Das soll im angeblich besten Restaurant der Insel in der Hauptstadt
Íraklion (Heraklion) eingenommen werden. Es nennt sich Loukoulus, und der
Zweifel, ob es denn wirklich so schlau ist, die Tour ausgerechnet mit einem
Höhepunkt zu beginnen, entpuppt sich später als unbegründet. Auf dem
Speiseplan im Loukoulus steht ein fulminantes Menü. Es beginnt mit frischem
Holzofenbrot und hausgemachter Olivenpaté. Dann folgt ein gemischter Salat,
dessen Aroma auch nicht vom besten deutschen Biobauern erreicht wird.
Eigentlich eine hervorragende und auch reichliche Vorspeise - doch die
kommt jetzt, und zwar reichlich: gegrilltes zypriotisches Chalumi,
Carpaccio vom Kalb, gefüllte Tomaten, frische Pilze - und ein Auflauf von
Kürbis und Zucchini, getrockneten Tomaten, frischer Minze und Manuri-Käse.
Nach einer nun auch notwendigen Pause der Hauptgang: gegrillte frische
Kalbfleischlende, gefüllt mit Parmesankäse und Vinaigrette. Freude schöner
Götterfunken, Metzger aus Elysium. Ein himmlisch zartes und
wohlschmeckendes Stück Fleisch. Käsetaschen mit Thymianhonig lassen das
Mahl genüsslich ausklingen. Inzwischen ist es später Nachmittag, und am
Abend soll es im Mirabello ein ganz besonderes Menü geben. Dennoch blieb
noch Zeit für ein Gläschen Raki, ein Tresterschnaps wie der italienische
Grappa, und den obligatorischen griechischen Mokka.
Das Besondere an diesem Abendmenü im Hotel sind nicht so sehr die
Bestandteile der einzelnen Gänge - obwohl auch die von hervorragender
Qualität sind -, sondern der Ort an dem es eingenommen wird. Die
Hotelleitung hatte ein Nachbargrundstück am Strand dazugekauft. Auf diesem
befindet sich ein etwa zehn Meter hoher Felsen, in den das Militär im
Zweiten Weltkrieg eine Art Bunkerhöhle gehauen hat, um den Schiffsverkehr
besser beobachten zu können. Kein Strom, kein Wasser - aber ein Nebenraum,
der für eine festlich gedeckte Tafel groß genug ist. Ein paar Fackeln an
den Höhlenwänden illuminieren das merkwürdige Bild, eine Pianistin spielt
"Strangers In The Night".
Die Sensation am nächsten Tag: das Fischmenü am Abend im Cavo D'Oro, einem
kleinen Restaurant in Rethymnon. Von hier hat man einen wunderbaren Blick
über den alten, von den Venezianern erbauten Teil des Hafens, und hier kann
der Gast noch nach guter alter Mittelmeer-Tradition in die Küche gehen und
sich seinen Fisch selbst aussuchen. Die Rezepte der zum Fisch gereichten
und absolut köstlichen Soßen werden nicht verraten. Estragon, Dill,
Rosmarin, andere Kräuter? Der Koch schweigt - verrät jedoch, dass in seinem
Restaurant nur Fisch von der Südküste Kretas auf den Tisch kommt.
Wir fahren Richtung Süden. Endlose Olivenplantagen, in den Bergen
unglaublich viele Bienenstöcke. Das sind die Dinge, die unbedingt von jeder
Kreta-Reise mit nach Hause gebracht werden müssen. Hier stimmt der
Superlativ: Olivenöl aus Kreta ist das beste der Welt - wenn es nicht aus
industrieller Fertigung stammt. Und der Honig von Bienen, die sich von
Thymianblüten ernähren, ist unvergleichlich.
Die Taverne am Wegrand sieht einladend aus. Draußen ein paar Tische, an der
Ecke ein kleiner Grill. Darauf brutzelt der Wirt riesige Schweinekoteletts
-so saftig und so aromatisch, dass sie die Bezeichnung wirklich verdienen.
Das Aroma von Tomaten und Gurken weckt Kindheitserinnerungen. Zur Krönung
schneidet der Wirt Scheiben von frisch geernteten Artischocken über den
Salat. Köstlich!
23 Dec 2006
## AUTOREN
Dieter Grönling
## TAGS
Reiseland Griechenland
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.