# taz.de -- Rechtsradikale Grundschullehrerin in spe: Die grünen Braunen | |
> Im Geist der Siedlungsbewegung "Artamanen" haben sich Rechtsgesinnte in | |
> der Mecklenburgischen Schweiz niedergelassen. Dort halten sie offensiv | |
> Öko hoch - ganz im Sinne völkischen Gedankenguts | |
Bild: Das ist nicht Brunhilde F.. Aber eine andere „völkische Siedlerin“, … | |
Freundlich grüßt Jan Krauter vom Trecker. Drei Jungs spielen vor der | |
Scheune, die nur über einen Sandweg zu erreichen ist. "Gern zeige ich Ihnen | |
die Schmiede", sagt Krauter und öffnet die Scheune: Ein mit | |
Naturmaterialien renovierter Raum, an dem eine Buchbinderei angeschlossen | |
ist. Feine Schmiedekunst, Klingen, aber auch Kerzenständer, sind | |
ausgestellt. Selbst gebundene Bücher liegen in Vitrinen aus. | |
Nachfragen zu den liebevoll verwendeten Naturmaterialien beantwortet | |
Krauter gerne. Auch zu den Schmiedekursen ist er sehr auskunftsfreudig. | |
Über regionale Vernetzungen mag der jetzige Schmied und frühere | |
Bankkaufmann allerdings weniger sagen. Mitte der 1990er Jahren gehörte er | |
aber zu jenen Rechtsgesinnten die offensichtlich im Geiste der "Artamanen" | |
sich in der Region von Teterow und Güstrow in der Mecklenburgischen Schweiz | |
ansiedelten. | |
"Nicht nur er streitet jede rechtspolitische Motivation ab", sagt Richard | |
Scheerer, vom Freundeskreis ehemaliges jüdisches Gemeindehaus Güstrow. Gern | |
zeigen sich diese "Siedler", wie der Biobauer Helmut Ernst und der Händler | |
von Öko-Baustoffen Huwald Fröhlich nur als ökologisch bewusste Anwohner. | |
Längst wirken sie auch, ganz ihren Berufungen folgend, in den Bio- und | |
Ökoproduktnetzwerken mit sowie im Widerstand gegen den Anbau von Genmais. | |
Als sich 2004 die Initiative "Gentechnikfreie Region Nebel/Krakow am See" | |
gründete, waren sie mit dabei. Wie "Rechte" sehen sie auch nicht aus: Sie | |
tragen Arbeitskluft vermischt mit Ökoklamotten. | |
"Die hielten sich einfach bedeckt", sagt Scheerer. Bei der Landtagswahl | |
2006 verteilte Ernst allerdings ein Interview, das die NPD-Zeitung | |
"Deutsche Stimme" mit ihm geführt hatte. Die Hälfte der | |
Anti-Gentechnik-Initiative, dessen Vorsitzender Ernst war, soll damals mit | |
der NPD sympathisiert haben. Die NPD-Nähe räumt Ernst mittlerweile offen | |
ein. In der DS meint er ganz im Parteijargon, dass durch gentechnisch | |
verändert Saatgut, die "Ernährungssouveränität der Völker schlichtweg | |
gebrochen werden soll; im Sinne der Globalisierer kommt es zur Versklavung | |
der Bauern weltweit". Im Februar dieses Jahres kam es wegen Ernst in der | |
Initiative zum Eklat. Verschiedene Parteien sagten bei einer | |
Podiumsdiskussion der Initiative ab. Der Vorsitz ging verloren. | |
Helmut Ernst hat sich in Koppelow niedergelassen. Die Siedlung hat eine | |
braune Geschichte: 1933 hatte der rechtsextreme Verein "Artamanensiedlung | |
Koppelow e.V" das dortige Gut gekauft. Die Artamanen waren eine völkische | |
Siedlungsbewegung, die "ohne die Inanspruchnahme fremder Mittel" den | |
Lebenserhalt sicherstellen wollten und sogleich "die geistige, kulturelle | |
und wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde Übernehmen" wollten (siehe | |
Kasten). Gemeinsam bauten sie 27 Neubauernhöfe auf. Noch Heute leben einige | |
Nachfahren in der Ansiedlung. | |
"Man redet dort nicht viel über die Vergangenheit", sagt Scheerer. Die | |
"familiären Bindungen" verdeckten oft die geschichtliche | |
Auseinandersetzung, betont der Soziologe. So sei auch ausgeblendet, dass | |
jene Artamanen in der Nacht des 9. Novembers 1939 in Güstrow die Synagoge | |
mit niederbrannten. | |
Gleich neben Ernst wohnt die Familie Fröhlich. Ernst und die Fröhlichs | |
kommen aus der rechtslastigen Bündischen Jugend und waren die ersten | |
Siedler. Den Fröhlichs gehört ein weitläufigeres Anwesen, dessen Gebäude | |
sie selbst bauten. "Wir sind keine Artamanen", wehrt Frau Fröhlich ab und | |
sagt: "Wir leben einfach so, wie wir es für richtig halten." Von einem | |
Siedlungsprojekt könne auch gar nicht gesprochen werden. Vor wenigen Jahren | |
erzählten Fröhlichs und Kunstschmied Jan Krauter in der neu-rechten Zeitung | |
Junge Freiheit noch etwas anderes: Damals wollten sie gar eine Schule | |
gründen. | |
Bewusst seien sie "ausgestiegen", mit dem Ziel, möglichst viel von dem, was | |
sie zum Leben bräuchten, selbst herzustellen. Neue Mitstreiter würden sie | |
suchen, hoben nsie hervor, denn, so Krauter: "Um wirklich etwas bewegen zu | |
können, ist eine bestimmte Masse notwendig." Vor allem der vom Sozialismus | |
ideell und materiell ausgelaugten Region wollten sie neue Impulse geben. In | |
der Jungen Freiheit hatten sie vor dem langen Bericht eine Annonce | |
geschaltet, um Menschen mit Pioniergeist zu gewinnen. Zehn Interessierte | |
sollen sich gemeldet haben. Von weiteren Ansiedlungen weiß auch Scheerer. | |
Den theoretischen Kontext ihres Siedlungsgedankens offenbart Huwald | |
Fröhlich in dem Sammelband "Opposition für Deutschland", herausgegeben von | |
dem heutigen NPD-Funktionär Andreas Molau: Die Bibel würde ein | |
"orientalisches Naturerleben" wiedergeben, schreibt Fröhlich, "für uns | |
Deutsche" seien aber die "nordischen Überlieferungen eine wichtige Quelle | |
zum Verständnis des Verhältnisses unserer Ahnen zu ihrer Umwelt". | |
Christentum und Humanismus seien "ihrem Wesen nach widernatürlich". | |
Gleichberechtigung von Mann und Frau scheint in diesen Kreisen auch wider | |
die Natur zu sein: Das zumindest berichtet eine Aussteigerin. Frauen | |
dürften erst mit Männern reden, wenn diese sie ansprechen. Und nur leise | |
tuscheln dürften die Frauen, wenn Männer im Raum seien. | |
Über ihre gemeinsamen Aktivitäten sprechen die Siedler, die andere Anwohner | |
nur "Neuartamanen" nennen, wenig. Man trifft sich, singt gemeinsam und | |
hilft sich, heißt es knapp. In der Region werden die Siedler langsam von | |
einigen Anwohnern skeptisch betrachtet. Dass sich die Artamanen gerne als | |
erste Ökobauern darstellen, beruhigt nicht mehr. Pachten sollen nicht | |
verlängert werden. Eine Informationsveranstaltung wird geplant, sagt | |
Scheerer. Und Krauter droht zu klagen, falls er als "Rechtsextremer" bei | |
der Veranstaltung bezeichnet würde. | |
In der Ausgabe der tageszeitung vom 23. 10. 2007 wird auf Seite 22 unter | |
der Überschrift "Die grünen Braunen" über unseren Kreis die Behauptung | |
einer Aussteigerin wiedergegeben. "Frauen dürften erst mit Männern reden, | |
wenn diese sie ansprechen. Und nur leise tuscheln dürften die Frauen, wenn | |
Männer im Raum seien." Diese Behauptung ist falsch. | |
Langhagen, den 15. 11. 2007 | |
Jan Krauter | |
23 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
Andreas Speit | |
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