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# taz.de -- Drei Beispiele für Karrierefrauen: Wie Frauen auf den Phillipinen …
> Die Philippinen sind spitze! Zumindest, wenn es um die Beschäftigung von
> Frauen in Managementpositionen geht. In einer Studie, die in 32 Ländern
> und 7.200 Firmen durchgeführt wurde, schnitt das südostasiatische Land am
> besten ab.
Die gute Nachricht zuerst: Auf den Philippinen herrscht Gleichberechtigung
in den Führungsetagen. In einer Studie der Unternehmensberatungsfirma Grant
Thornton International, die in 32 Ländern 7.200 Firmen unter diesem Aspekt
befragt hat, schnitt das südostasiatische Land am besten ab. In 97 Prozent
der befragten Firmen haben es Frauen ins Management geschafft, das ist im
Vergleich zu 2004 ein Anstieg um 13 Prozent. Haben Frauen in dem von vielen
Problemen gebeutelten Inselstaat tatsächlich bessere Chancen als ihre
Geschlechtsgenossinnen weltweit - oder nutzen sie sie nur besser? Drei
Beispiele.
Eine, die es ganz nach oben geschafft hat, ist Jessica Huang-Lara. Auf
ihrer Visitenkarte steht "President and Managing Director of BASF
Philippines". Mit nur 43 Jahren vertritt sie in Manila die Interessen des
deutschen Chemiekonzerns mit Elan und "wenn es sein muss Härte". Die
hochgewachsene Filipina hat diese "Ich bin der Boss"-Aura, darüber täuschen
auch die Babybilder in ihrem Büro nicht hinweg. Sie spricht schnell, bringt
Dinge auf den Punkt, vertritt ihren Standpunkt. Zack, nächste Frage.
Woher sie ihre für dieses Land untypische Geradlinigkeit nimmt? "Ich komme
aus einer Mittelklassefamilie", sagt Huang-Lara, "ich habe früh begriffen,
dass ich nichts erben werde. Unabhängigkeit und eine gute Ausbildung, darum
ging es meinen Eltern. Der Rest war harte Arbeit."
1988 hat sie bei BASF als Vertreterin angefangen, Kunden abgeklappert.
Heute steht Lara auf der höchsten Sprosse der Karriereleiter. Dass sie eine
Frau ist, sei nicht ausschlaggebend gewesen. "Mein Mentor, der damalige
BASF-Präsident, hat mich immer 'mein Junge' genannt. Das sagt ja schon
viel", feixt die Frau im schwarzen Hosenanzug. "Und ehrlich gesagt arbeite
ich lieber mit Männern zusammen. Ich glaube, ich würde mich in einem
Meeting mit ausschließlich weiblichen Managern sehr merkwürdig fühlen."
Eine Feministin ist die BASF-Chefin offenbar nicht, "aber ich bin stolz
darauf, eine Filipina zu sein". Und als solche freut sich die Karrierefrau
über die Ergebnisse der Studie. Die Gründe für diese Entwicklung sieht sie
in der Geschichte des Landes.
In den 70er-Jahren seien Männer scharenweise auf der Suche nach Jobs ins
Ausland gegangen, zurück blieben die Frauen mit einer oft großen
Kinderschar. "Das hat die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft
einschneidend verändert. Aus Müttern und Hausfrauen wurden
Unternehmerinnen, die mit einem kleinen Laden oder einer Wäscherei die
Familie über Wasser hielten." Nach kurzem Überlegen fügt Jessica Huang-Lara
hinzu: "Außerdem sind wir Filipinas zäh. Die Philippinen sind ein
Entwicklungsland, alle wollen ein besseres Leben und mehr verdienen, um
ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Das spornt an."
Doch trotz des hohen Frauenanteils in den Führungsetagen philippinischer
Unternehmen glaubt die 43-Jährige, "dass es international immer noch zu
viele Einschränkungen für Frauen in der Wirtschaft gibt. Ich hoffe, dass
wird sich bald ändern." Jessica Huang-Lara trägt sicher dazu bei.
Es waren außergewöhnliche Umstände, die aus Marites D. Vitug eine
Journalistin machten. Es war 1983, der gerade erst aus dem Exil
heimgekehrte Politiker Benigno Aquino fiel auf dem Flughafen von Manila
einem Attentat zum Opfer. Wieder einmal hatte Präsident Ferdinand Marcos
kurzen Prozess mit einem seiner Gegner gemacht. Vitugs Boss, für dessen
Tageszeitung Business Day sie bis dahin nur "langweilige Firmenporträts"
geschrieben hatte, suchte jemanden, der sich an die politische
Berichterstattung wagte.
Die Einzige, die sich für den gefährlichen Job meldete, war Marites Vitug.
Die damals 28-jährige Reporterin riskierte eine Menge: Sie nahm Marcos und
dessen Leute aufs Korn und berichtete aus den Camps militanter Kommunisten.
"Viele sind damals für weniger umgebracht worden, aber irgendwie fehlt mir
ein Sinn für Gefahr. Vielleicht bin ich deswegen heil durchgekommen",
resümiert die zierliche Filipina ihre "wilden Jahre".
Heute ist sie Chefredakteurin, Newsbreak heißt das von ihr im Jahr 2000
mitgegründete Magazin. Es ist das einzige unabhängige, investigative
Nachrichtenblatt des Landes. Wie vor 25 Jahren legt sich Vitug heute mit
jenen an, die skrupellos ihre Macht ausnutzen. Sie hat etliche
Korruptionsskandale aufgedeckt und schreckt vor der unheiligen
Dreifaltigkeit des Inselstaates nicht zurück: Kirche, Militär und Regierung
fürchten die Beharrlichkeit und den Scharfsinn der Journalistin.
In ihrer Redaktion sind neun von zehn Mitgliedern Frauen. Zufall?
"Letztlich schon", meint Marites Vitug, "aber ich muss sagen, dass ich sehr
gerne mit Frauen zusammenarbeite, die haben irgendwie mehr Drive als
Männer". Dass es so viele Frauen an die Spitze schaffen, wundert sie nicht.
"Die Philippinen sind eine matriarchalische Gesellschaft mit dominierenden
und vielseitigen Müttern, die ihren Töchtern früh Verantwortung
überlassen."
Dass sie in ihrer Karriere die Familie oft hintanstellen musste, räumt die
52-Jährige ein. "Klar hatte ich auch Schuldgefühle, aber ich musste einfach
so hart arbeiten, um meine Storys zu machen. Glücklicherweise hat es meinem
Sohn wohl nicht geschadet."
International erhielt die Mutter Courage des philippinischen Journalismus
für ihre Reportagen Lob und Preise, doch im eigenen Land muss sie sich
gegen teure Verleumdungsklagen zur Wehr setzen. Anfang letzten Jahres kam
ein bitterer Moment für Marites Vitug: Die Kassen waren leer, Newsbreak
konnte nicht mehr in Druck gehen.
Seither schreiben Vitug und ihr Frauenteam im Netz,
[1][www.newsbreak.com.ph] heißt ihre Onlinezeitung. Zuschüsse und Spenden
vor allem ausländischer Institutionen decken die Miete für die kleine
Redaktion in Manila. "Uns ist zwar das Geld ausgegangen, nicht aber die
Themen", grinst Vitug. In der Tat, auf braunem Packpapier in ihrem Büro
steht eine übervolle Agenda, an ihrem Schreibtisch bastelt Vitug
optimistisch an einem neuen Finanzkonzept. "Mein Traum ist es, monatlich
auf den Markt zu kommen."
Für die Mächtigen und Reichen im Staat ist diese Vorstellung sicher ein
Albtraum.
Die Zusage zum Interview kommt prompt, natürlich aus dem Ausland und via
Blackberry. "Das ist mein Komanager, ohne dieses Gerät kann ich meinen Job
gar nicht mehr machen", lacht Pacita "Chit" Juan. Trotz ihres randvollen
Terminkalenders wirkt sie nicht gestresst. Prüfend schweift ihr Blick
durchs Café, checkt, ob die Tische sauber und die Angestellten ordentlich
angezogen sind. Es ist ihr Kaffeehaus - besser gesagt: eines davon.
Die 53-Jährige ist Gründerin und Geschäftsführerin der Figaro Coffee
Company mit derzeit 65 Filialen und über 500 Mitarbeitern. Zudem sitzt die
philippinische "Unternehmerin des Jahres 2004" im Womens Business Council
und leitet als Kovorsitzende die nationale Kaffeekommission. Nett, dass sie
Zeit für ein Interview aufbringt. "Warum?", fragt sie feixend. "Wir Frauen
sind Multitasking doch gewohnt."
"Chit" Juan ist ein unternehmerisches Naturtalent. "Ich hab schon als
Achtjährige in der Schule Schokolade verkauft", erinnert sie sich, "der
Profit war zwar klein, aber ich hatte einen Riesenspaß daran." Dass sie
längst auch Profite erwirtschaftet, schreibt sie ihrem Vater zugute. "Wir
waren acht Geschwister, und alle mussten in den Ferien in seiner
Autowerkstatt helfen. Von klein auf hat er uns dazu erzogen, selbst Chef
und nicht Angestellte zu werden."
Kein Wunder also, dass sie den väterlichen Betrieb übernommen hat, "obwohl
diese ganze Metall- und Mechanikerbranche ja gar nicht ladylike ist. Aber
hier macht es Männern nichts aus, unter Frauen zu arbeiten. In unserer
Gesellschaft genießen Frauen Respekt, wenn sie ihren Job gut machen."
Die Idee mit Figaro hatte Juan auf einer Europareise: "Da habe ich all
diese wunderbaren Kaffeehäuser gesehen, so etwas war ja auf den Philippinen
völlig unbekannt. Also habe ich 1993 zusammen mit sechs Freunden alles auf
eine Karte gesetzt - und gewonnen."
Aus dem winzigen Coffeeshop ist die mit erfolgreichste einheimische
Kaffeehauskette geworden. Das europäische Ambiente mit den Bistrotischen,
der Holzvertäfelung und den kleinen Lampen ist ein unverkennbares
Markenzeichen von Figaro. Nur der US-Riese Starbucks hat mehr Filialen im
Inselstaat, "aber die schenken ja keinen philippinischen Kaffee aus", meint
"Chit" Juan naserümpfend.
Die Treue zum einheimischen Kaffee ist das zweite Markenzeichen der
Figaro-Kette. Dafür riskiert die Chefin auch mal was: Seit 1998 sponsert
sie landesweit den Kaffeeanbau, ab nächstem Jahr will sie unter Mithilfe
des deutschen Entwicklungsdienstes DED gar den Markt mit nach
Naturland-Richtlinien angebautem Ökokaffee erobern. "Meine Partner haben
mich für verrückt erklärt", erinnert sich die resolute Filipina, "aber ich
habe mich durchgesetzt. Der Ökokaffee wird bestimmt ein Hit."
Nicht nur ihre Partner hat Pacita Juan im Griff, auch international
behauptet sich die Frau mit den kurzen Haaren. "Kaffeehandel ist
traditionell eine Männerdomäne, aber ich habe bewiesen, dass ich mich mit
Kaffee auskenne. Das Geschäft zu verstehen ist das Geheimnis, dann gibt es
für Frauen auch die berühmte gläserne Decke nach oben nicht mehr", sagt sie
und schlürft den letzten Rest aus ihrem Espressotässchen. In der Handtasche
drängt der Komanager zum nächsten Termin.
27 Jan 2008
## LINKS
[1] http://www.newsbreak.com.ph/
## AUTOREN
Hilja Müller
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