# taz.de -- Skandal bei Frankreichs zweitgrößter Bank: Société Générale i… | |
> Führende Politiker springen dem kollabierten Finanzinstitut bei. | |
> Frankreichs Rekordzocker Kerviel stellt sich der Polizei. | |
Bild: Bankchef Daniel Bouton wird seinen Mitarbeitern erklären müssen, weshal… | |
PARIS taz Seit Samstag wird Jérôme Kerviel in Paris verhört. Der 31-jährige | |
französische Trader, der angeblich ganz allein mit bis zu 50 Milliarden | |
Euro spekuliert und dabei Verluste von 4,9 Milliarden Euro für seinen | |
Arbeitgeber Société Générale provoziert haben soll, hat sich selbst der | |
Polizei gestellt. Unterdessen verschicken die Direktoren der zweitgrößten | |
Bank Frankreichs, die ihrem früheren Angestellten "Böswilligkeit" | |
unterstellen, Kommuniqués. Darin erklären sie, ihre Bank könne die | |
Rekordverluste problemlos verkraften. Auch der französische Staatspräsident | |
Nicolas Sarkozy sowie der Luxemburger Jean-Claude Juncker für Europas | |
Finanzminister und Jean-Claude Trichet für die Europäische Zentralbank | |
versichern, die Société Générale, sei trotz der Affäre "solide". | |
In den nächsten drei Wochen will die Société Générale ihr Kapital um 5,5 | |
Milliarden Euro aufstocken. Für französische und US-amerikanische Analysten | |
besteht kein Zweifel daran, dass das Kapital zusammenkommen wird. Der | |
oberste Chef der Société Générale, Daniel Bouton, wird am Montag in London | |
eine Reise zu den wichtigsten europäischen Börsenplätzen starten, um | |
potenzielle Investoren zu finden. Am Mittwoch muss die Direktion der Bank | |
sich vor ihren Beschäftigten erklären. Bouton hatte nach dem Bekanntwerden | |
der Rekordverluste seinen Rücktritt angeboten. Das wurde von der Bank | |
zunächst abgelehnt. | |
Die Oppositionspolitikerin Ségolène Royal fragt öffentlich, ob der | |
Bankdirektor von seiner früheren Tätigkeit im Kabinett des rechten | |
Expremierministers Alain Juppé profitiert. Andere Sprecher der Opposition | |
verlangen eine parlamentarische Untersuchungskommission sowie zusätzliche | |
Kontrollorganismen für spekulative Geschäfte. Die KPF nennt Kerviel, der | |
als einziger Verantwortlicher für die Fehlspekulationen gilt, einen | |
"Dreyfus von der Börse". Dreyfus war Ende des 19. Jahrhundert | |
fälschlicherweise der Spionage beschuldigt und auf die Teufelsinsel | |
deportiert worden. | |
Wie Kerviel vorgegangen ist, um die Rekordverluste zu erzielen, ist | |
weiterhin unbekannt. Unklar bleibt auch, wie es ihm gelang, sämtliche | |
internen und externen Kontrollmechanismen zu umgehen. Kerviels Vorgesetzte | |
wollen am 18. Januar erste Tipps auf seine nicht abgesicherten | |
milliardenschweren Future-Spekulationen erhalten haben. Demnach habe er | |
unter anderem mit deutschen Dax-Werten gewettet. Am folgenden Montag habe | |
die Bank abgestoßen, was Kerviel für rund 50 Milliarden Euro erspekuliert | |
hatte. Es war der Montag der internationalen Börsenkrise. Die Société | |
Générale will nach eigenen Angaben beim Abstoßen der von Kerviel erworbenen | |
Futures 4,9 Milliarden Euro Verluste erlitten haben. | |
Zu den zahlreichen Rätseln der Affäre gehört die Frage, warum die Société | |
Générale eine knappe Woche abwartete, bevor sie die französische Regierung, | |
die Justiz und die Öffentlichkeit informiert hat. Was sie in diesen Tagen | |
getan hat, bleibt unklar. Unklar ist auch, welchen Zusammenhang es zwischen | |
der US-amerikanischen Subprime-Krise und den Verlusten der Société Générale | |
gibt. DOROTHEA HAHN | |
28 Jan 2008 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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