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# taz.de -- Sachsen-Anhalts Minderheitsregierung: "Das hat gut funktioniert"
> Was in Hessen diskutiert wird, hat Sachsen-Anhalts Ex-Ministerpräsident
> Höppner (SPD) schon gewagt: eine von der Linken tolerierte
> Minderheitsregierung.
Bild: "Die SPD lässt sich in ihren Möglichkeiten beschränken": Reinhard Höp…
taz: Herr Höppner, in Hessen gäbe es die Möglichkeit, eine rot-grüne
Minderheitsregierung durch die Linke tolerieren zu lassen. Sie haben das in
Sachsen-Anhalt schon einmal ausprobiert. Hat das gut funktioniert?
Reinhard Höppner: Ja, das hat es. Wir haben acht Jahre lang auf diese Weise
regiert, das ist länger als viele Koalitionen halten. Seltsamerweise hat
das Modell der Tolerierung in Deutschland trotzdem den Ruch des Instabilen.
Worin unterscheidet sich dieses Modell von dem einer Koalition im
politischen Alltag?
Ganz banal: Der tolerierende Partner hat keine Mitglieder im Kabinett.
Dadurch werden Kommunikation und Aufbau von gegenseitigem Vertrauen zu
einer großen Herausforderung. Vieles lief ohne den Tolerierungspartner, der
damals noch PDS hieß. Auf Angelegenheiten, die nur im Kabinett und nicht im
Landtag entschieden wurden, hatte die PDS keinen Einfluss. Das gilt
beispielsweise für Bundesratsangelegenheiten, ist also für die
Bundespolitik nicht unwichtig. Die Zusammenarbeit mit der PDS wurde immer
nur von Projekt zu Projekt vereinbart. Vereinbartes wurde aber auch
eingehalten. Darin war die PDS sehr verlässlich.
Klingt trotzdem kompliziert.
Wie gesagt, es war eine Herausforderung für die politische Kommunikation.
Die Gespräche mit der PDS übernahmen die Funktion von
Koalitionsausschüssen. Aber gleichzeitig gibt es einen guten Garanten für
Stabilität: Es gibt keine Mehrheit gegen die Regierung, weil die Linke
nicht mit den Konservativen zusammen stimmt.
Es ist inzwischen mehr als 13 Jahre her, dass Sie sich von der PDS
tolerieren ließen. Sind Sie über die Angst, welche viele SPDler der Partei
heute noch entgegenbringen, verwundert?
Leider scheint sich seitdem nicht viel verändert zu haben. Noch immer lässt
sich die SPD von den Konservativen treiben und dadurch in ihren
Möglichkeiten beschränken. Sie soll und kann selbstbewusster sein. Die
Linken verwandeln sich rasch, sobald man sie mitregieren lässt: Dann wird
aus großsprecherischen Vereinfachern auf einmal eine verantwortungsvolle,
fast schon staatstragende Partei. Man entzaubert sie am besten, indem man
sie in Verantwortung einbezieht.
Würden Sie der Hessen-SPD empfehlen, zusammen mit den Grünen eine von den
Linken tolerierte Minderheitsregierung zu bilden?
Derzeit eher nicht. Das hat kaum sachliche Gründe, denn ich habe
schließlich erfahren, dass man in einem solchen Modell gute Arbeit machen
kann. Aus anderen Gründen bin ich skeptisch. Man braucht nicht nur
Mehrheiten, man braucht auch Akzeptanz. Viele westdeutsche Spitzenpolitiker
und maßgebliche Teile der Öffentlichkeit in den alten Bundesländern haben
ein Bild von der Linken, das der Realität nur noch bedingt entspricht. Ein
großer Teil dieses Bildes besteht aus Vorurteilen und Feindbildern.
In Hessen ist die SPD so erfolgreich gewesen, weil sie Risiken eingegangen
ist. Sie hat auf eine umstrittene Spitzenkandidatin und ökologische Themen
gesetzt. Warum geht man nicht einfach noch einmal ein Risiko ein und
probiert etwas Neues aus?
Wir sind nun einmal nicht in Skandinavien. Die Menschen in Deutschland
wollen Sicherheit und Beständigkeit. Die aber verbinden sie mit klaren
Mehrheiten. Tolerierungen sind deshalb Modelle für ganz besondere
Ausnahmesituationen. Und eine solche haben wir in Hessen nicht, denn es
gibt noch die FDP, mit der man koalieren kann.
Und die fast kein Ziel der SPD teilt.
Das wird sich in Koalitionsverhandlungen zeigen. Die FDP wird ja wohl nicht
fundamentalistischer sein als die Linke, oder? Wenn die ehemalige PDS zu
staatsbürgerlichem Handeln in der Lage ist, dann sollten es doch die
Liberalen schon lange sein. Sonst sind sie mitverantwortlich für die
einzige Möglichkeit, die bleibt: Eine Koalition aus SPD, Grünen und der
Linken. Wenn man schon springt, dann richtig
INTERVIEW: DANIEL SCHULZ
29 Jan 2008
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