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# taz.de -- Wirtschaftskrise in Kenia: Der zweite Tiefpunkt
> Seit des Wahlsiegs des umstrittenen Präsidenten Kibaki geht es mit Kenias
> Wirtschaft bergab. Schon jetzt sind 20.000 im Tourismussektor arbeitslos.
Bild: Zum Löwengucken nach Kenia kommt kaum einer mehr. 90 Prozent der Einnahm…
NAIROBI taz Wer jetzt in die Massai Mara reisen würde, um wilde Tiere zu
beobachten, hätte das Naturparadies praktisch für sich allein. Denn niemand
fährt momentan dorthin, und so haben die meisten Lodges längst
dichtgemacht. "Seit Neujahr sind uns an der Küste und in den Nationalparks
90 Prozent der Einnahmen weggebrochen", berichtet Tasneem Adamji, Chefin
des Tourismusverbandes.
An den Stränden sieht es nur unwesentlich besser aus als in den Parks. Fast
eine Milliarde Euro, so die Prognose, wird Kenia in diesem Jahr im
wichtigsten Wirtschaftszweig gegenüber dem Vorjahr verlieren. 20.000
Angestellte in Kenias Urlaubssektor, schätzt Adamji, stehen jetzt schon auf
der Straße, bis März könnten es schon sechsmal so viele sein. Nicht
mitgezählt sind die zahlreichen Jobs im informellen Sektor, wo die meisten
Kenianer arbeiten.
Denn obwohl Kenia in den vergangenen Jahren ein regelrechtes
Wirtschaftswunder mit jährlichen Wachstumsraten von über 7 Prozent erlebte,
stehen von den zuletzt 8,5 Millionen Beschäftigten nur 1,85 Millionen in
einem offiziellen Arbeitsverhältnis - Tendenz stark sinkend. Viele
Teefelder im Westen Kenias sind abgefackelt oder derzeit nicht erreichbar.
Viele der Saisonarbeiter sind auf der Flucht, ebenso wie in Naivasha, dem
Zentrum von Kenias Blumenindustrie. Kurz vor dem Valentinstag, wo in Europa
die Nachfrage am stärksten ist, gefährden die Unruhen den 500 Millionen
Euro schweren Exportmarkt. Immerhin ein Viertel der in Europa verkauften
Schnittblumen kommt von hier. Einzig Kaffee kann aus dem ruhigen Hochland
derzeit noch geliefert werden: Der Preis stieg sogar, weil viele Händler
Hamsterkäufe vornehmen.
Der Niedergang von Tourismus und Exportindustrie hat katastrophale
Auswirkungen auf die Binnenwirtschaft. Die Bauindustrie, die in den
vergangenen Jahren von einem investitionsfreundlichen Klima profitierte,
wurde von heute auf morgen praktisch arbeitslos. Banken befürchten, dass
die Mehrzahl der Kreditnehmer nicht in der Lage sein wird, ihren Kredit
abzuzahlen. Unternehmer, die die Raten aus Gewinnen abstotterten, nehmen
derzeit schlicht nichts ein.
Das gilt vor allem für die viel gepriesenen Mikrokredite, die vielfach in
Armenvierteln zum Einsatz kamen. Das vom Kredit erworbene Kapital ist
oftmals schon zerstört. Am schlechtesten geht es derzeit den Tagelöhnern,
die vergeblich auf Anstellung warten. Eine soziale oder wirtschaftliche
Absicherung haben sie nicht.
Der kenianische Schilling befindet sich unterdessen wie der Aktienmarkt im
freien Fall - dabei hatten Währung und Börse in den vergangenen Jahren
stetig zugelegt. Am Dienstag musste der Handel an Nairobis Börse sogar
unterbrochen werden, weil der Abwärtstrend zu stark war. Zwar brüstet sich
Kenias Finanzminister Amos Kimunya zu Recht damit, dass der Haushalt in
Kenia zuletzt nur noch zu knapp 5 Prozent von ausländischen Hilfsgeldern
abhängig war, doch das könnte sich schneller ändern, als irgendjemand lieb
sein kann. Immerhin sprudelt die wichtigste Devisenquelle Kenias
unverändert. Nichts bringt so viel harte Währung ins Land wie die
Überweisungen, die Auslandskenianer nach Hause machen.
30 Jan 2008
## AUTOREN
Marc Engelhardt
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