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# taz.de -- Bürgerkrieg im Tschad: Massenflucht aus der Hauptstadt
> Die Rebellen ziehen sich aus Ndjamena zurück. Seine Bewohner ergreifen
> die Chance und flüchten zu Tausenden. UN-Sicherheitsrat erlaubt
> Militärbeistand für Tschads Regierung.
Bild: Ankunft von Flüchtlingen aus dem Tschad auf dem Pariser Airport Charles …
BERLIN taz Zu Tausenden haben die Bewohner der umkämpften tschadischen
Hauptstadt Ndjamena eine Unterbrechung der Kämpfe zwischen
Regierungstruppen und Rebellen in der Stadt genutzt, um die Flucht zu
ergreifen. Das rund 800.000 Einwohner zählende Ndjamena liegt direkt am
Chari-Fluss, der Tschad von Kamerun trennt. Eine endlose Kolonne von
Zivilisten strömte Augenzeugen zufolge gestern auf einer Brücke über den
Fluss in das kamerunische Kousseri, teils mit Schusswunden.
Tschads Rebellen hatten sich am Sonntag abend nach zweitägigen Kämpfen in
Ndjamena an den Stadtrand zurückgezogen, kündigten aber neue Angriffe an,
sobald Verstärkung eingetroffen sei. „Wir sind abgezogen und umstellen
jetzt die Stadt“, sagte Rebellensprecher Abderaman Koulamallah. „Wir werden
auf jeden Fall wieder in die Offensive gehen. Wir fordern die
Zivilbevölkerung auf, sofort wegzugehen, denn ihre Sicherheit ist nicht
garantiert.“ Die Bevölkerung zögerte keinen Augenblick, dieser Forderung
nachzukommen.
Die Regierung stellte Abzug der Rebellen gestern als Sieg dar: „Die
Sicherheitskräfte haben Beshirs Söldner verjagt“, erklärte ein
Regierungssprecher – Omar el-Beshir ist der Präsident des Sudan, der nach
Meinung der tschadischen Regierung hinter den Rebellenvorstößen steht.
Niemand scheint dies mehr ernsthaft zu bestreiten: Eine Webseite, die den
Rebellen nahesteht, begründete deren Rückzug mit Mangel an Munition und
erklärte, zwei weitere Kolonnen von Kämpfern stünden abfahrbereit im Sudan.
Weiter erklärten die Rebellen, sie hätten die Stadt Adré an der
sudanesischen Grenze sowie die wichtige Militärbasis Faya-Largeau im Norden
des Landes eingenommen.
Augenzeugen berichteten, die zweitägigen Kämpfe in Ndjamena am Samstag und
Sonntag hätten große Schäden angerichtet. Der Zentralmarkt sei in Brand
gesteckt und der Staatsrundfunk leergeplündert worden. In der Nacht zum
Montag soll das Militär in der Hauptstadt nach Oppositionsangaben begonnen
haben, Regimegegner zu verhaften. So sei der Sprecher des Bündnisses
ziviler Oppositionsparteien im Tschad, Ibni Oumar Mahamat Saleh, von
Soldaten aus seinem Haus an einen unbekannten Ort verschleppt worden.
Der UN-Sicherheitsrat gab am Montag nachmittag in einer unverbindlichen
Erklärung indirekt grünes Licht für eine mögliche militärische
Unterstützung des bedrängten tschadischen Präsidenten Idriss Déby. Noch am
Sonntag hatte er sich auf einer Dringlichkeitssitzung darüber nicht einig
werden können. Frankreichs Regierung hatte einen Entwurf vorgelegt, wonach
der Sicherheitsrat „alle Staaten, die dazu in der Lage sind, aufruft, die
legale Regierung Tschads mit allen Mitteln zu unterstützen“. Die
Blankoscheck-Formulierung „mit allen Mitteln“ wurde von vielen anderen
Ländern abgelehnt, vor alelm Russland. Er wurde schließlich in der Debatte
durch den Passus „im Einklang mit der UN-Charta“ ersetz, was aber nicht
ausreichte. Gestern dann fand der Rat die noch vagerere Formulierung: „Der
Sicherheitsrat ruft Mitgliedstaaten auf, Unterstützung im Einklang mit der
UN-Charta zu leisten, wie von Tschads Regierung angefordert“. Dagegen gab
es dann keine Bedenken mehr, wobei die Konsequenzen des Beschlusses offen
bleiben. Frankreich hält derzeit knapp 1500 Soldaten im Tschad, die bisher
vor allem Ausländer aus Ndjamena evakuiert haben.
5 Feb 2008
## AUTOREN
Dominic Johnson
## ARTIKEL ZUM THEMA
Machtkämpfe im Tschad: Schlacht um Ndjamena
Rebellen kontrollieren den Großteil von Tschads Hauptstadt. Präsident Déby
kämpft um die Kontrolle, die stationierten französischen Soldaten
evakuieren Ausländer.
Kommentar Tschad-Machtkämpfe: Das Versagen der Schutzmacht
Tschads Präsident Déby hat etwas mit den Rebellen gemein, die die
Hauptstadt einnehmen: Machterhalt mit der Waffe. Es wird endlich Zeit für
ein demokratisches Staatswesen.
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