# taz.de -- US-Vorwahlen online: Die Wahlkampfhelfer im Netz | |
> Die Bedeutung der Internetplattformen bei den US-Wahlen nimmt zu. Um die | |
> Kampagnen zu stützen - oder Gerüchte über Gegner zu streuen. | |
Bild: Über 250.000 MySpace-Freunde und Popstar-Unterstützer im YouTube-Video:… | |
Während die ganze Welt über den Ausgang des Super Tuesday rätselt, steht | |
eines fest: Das Internet wird der König unter den Wahlkampfhelfern sein. | |
Laut einer aktuellen Studie des amerikanischen Pew Internet and American | |
Life Projects hat sich die Internetnutzung im aktuellen Wahlkampf im | |
Vergleich zum letzten verdoppelt. | |
Bereits bei den letzten Wahlen spielte das Internet für das Werben der | |
Wählern eine große Rolle. Neu im aktuellen Wahlkampf sind die | |
Onlinenetzwerke, auf denen sich die Kandidaten präsentieren. Sie schwirren | |
im Internet auf vielen Plattformen herum - Beispiele sind Facebook, | |
MySpace, YouTube, Flickr, aber auch Eventful, Twitter, Linkedin, Eons oder | |
Faithbase. | |
Das ist so ähnlich wie mit den Poesiealben, wie man sie aus der Schulzeit | |
kennt. Hillary, John, Barack und Mike verraten alle möglichen Details aus | |
ihrem Leben. Dass sie The Fugees (Barack Obama) hören, "American Idol" ihre | |
Lieblingssendung sei (Hillary Clinton) oder am liebsten die Bibel lesen | |
(Mike Huckabee). Sie geben sich noch volksnaher und natürlicher, als sie es | |
live sein können. Und natürlich verweisen die Profile auf aktuelle Reden, | |
Videos der Wahlveranstaltung und geben weiterführende Links, die die Surfer | |
über ihr Wahlprogramm informieren. Jeder der Millionen registrierten Nutzer | |
kann Hillary zur Freundin oder Barack per Klick zum Freund erklären. | |
Letzterer hat besonders viele, 252.553 registrierten sich als Freunde auf | |
seiner MySpace-Seite. Gar nicht zu reden von jenen der restlichen fünfzehn | |
Plattformen, auf denen er vertreten ist. | |
Genau das macht die Onlineplattformen für die Politiker interessant. Dem | |
Nutzer, der gleichzeitig potenzieller Wähler ist, wird das Gefühl gegeben, | |
mit dem Kandidaten direkt in Kontakt zu treten. Er kann Fragen stellen, | |
Wünsche formulieren, in einem Blog Gleichgesinnte mobilisieren oder | |
unkompliziert mit einer gültigen Kreditkarte Spendengeld überweisen. | |
Ebenso, wie man auch den besten Freund unterstützen würde, würde dieser | |
denn kandidieren. | |
Auf der anderen Seite der Medaille bedeutet dies aber auch, dass die | |
Präsidentschaftskandidaten leicht die Kontrolle in den Weiten des Netzes | |
verlieren können. Innerhalb weniger Minuten können Schmähungen oder ein | |
Fauxpas des Konkurrenten ins Netz gelangen, falsche Profile oder | |
verfängliche Webseiten erstellt werden. Oft stecken hinter den Attacken | |
gegen die eine Partei Helfer der anderen Partei. Bis dies jedoch aufgedeckt | |
ist, kursieren die Informationen längst im Netz - und kurz darauf in den | |
restlichen Medien. | |
Über Obama beispielsweise gelangten Gerüchte ins Netz, er sei ein | |
heimlicher Muslim und hätte seinen Amtseid als Senator von Illinois auf den | |
Koran geschworen. Das Team um Obama konterte mit "Fact Checks" auf seiner | |
Website, die die Gerüchte entschärfen sollte. Die Präsenz auf den Portalen | |
und die nur schwer zu findenden subversiven Seiten zeigen, dass alle | |
Kandidaten zumeist exzellente PR-Arbeit nicht nur in herkömmlichen Medien, | |
sondern auch online leisten. Jedes Wahlkampfteam hat einen ganzen Stab von | |
Redakteuren und Bloggern angeheuert, um ihr Gesicht im Internet zu wahren | |
und auf missliebige Seiten so schnell wie möglich zu reagieren. | |
Viel Arbeit also wartet nach Ende des amerikanischen Wahlkampfs auf Medien- | |
und Politikwissenschaftler. Sie werden fragen, wie sich die Kampagnen im | |
Internet auf die Wahlergebnisse auswirkten, die digitale Öffentlichkeit | |
analysieren und eruieren, welche Onlinekampagnen wirksam, welche | |
spektakulär und welche nur heiße Luft waren. Und sie werden feststellen, | |
dass Mike Huckabee und Barack Obama gemeinsam ins Kino gehen könnten, um | |
sich ihren Lieblingsfilm "Casablanca" anzusehen. Es sei denn, sie | |
vertrauten demselben PR-Berater. | |
5 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Gina Bucher | |
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