# taz.de -- US-Onlinemagazin "The Root": Medium für das Obama-Zeitalter | |
> Das US-Onlinemagazin "The Root" greift speziell afroamerikanische Themen | |
> auf - und erscheint erstmals zu einem denkbar günstigen Zeitpunkt. | |
Bild: "Wir konzentrieren uns auf die Perspektive Schwarzer": Online-Magazin "Th… | |
Entweder ist es formidables Glück oder geniales Timing. The Root, wörtlich | |
die Wurzel, das neue Internetmagazin zu afroamerikanischen Themen, kommt | |
just zu dem Zeitpunkt auf den US-Markt, an dem der schwarze | |
Präsidentschaftsbewerber Barack Obama eine Revolution im weißen | |
Establishment ausgelöst hat. Noch nie war in den USA das Interesse an der | |
Perspektive schwarzer BürgerInnen größer als heute. Die Zeit für ein | |
intellektuelles afroamerikanisches Debatten- und Informationsforum scheint | |
also nie günstiger gewesen zu sein. Oder ist der Umstand, dass es ein | |
weiteres Nischenprodukt nur für Afroamerikaner sein soll, schon wieder bloß | |
ein Zeichen, dass die Rassenfrage auch im Obama-Zeitalter unüberwunden | |
bleibt? | |
The Root, ein Projekt der Online-Tochterfirma der US-Tageszeitung | |
Washington Post, das seit einer guten Woche auf dem Markt ist, ist auf den | |
ersten Blick ein hochprofessionelles, aber eigenwilliges Konstrukt. Das | |
Magazin, Schwesterprodukt des Onlinemagazins Slate, gliedert sich in drei | |
Bereiche: News, Debatte, Ahnenforschung. Ein Blick auf die Chefredaktion | |
erklärt die gewagte Mischung: Chefredakteur ist Henry Louis Gates Jr, ein | |
prominenter schwarzer Professor für "African and African-American studies" | |
an der renommierten Harvard Universität. | |
Ahnenforschung ist seit Jahren Gates' Steckenpferd. Mit einer Reihe von | |
Projekten hilft er Afroamerikanern, ihre eigene Geschichte zu | |
rekonstruieren. Ein oft unmögliches Vorhaben, da Sklaverei, Analphabetentum | |
und Generationen zerrissener Familien dazu führten, dass viele Schwarze | |
Nordamerikas keine Spuren ihrer persönlichen Geschichte finden können. Um | |
die Suche dennoch angehen zu können, drängt Gates seine Lesenden, DNA-Tests | |
machen zu lassen - oft die einzige verbleibende Möglichkeit. Zahlreiche | |
Links führen dann auch von The Root zu entsprechenden Laboren, die die | |
ethnische Abstammung per DNA ermitteln. Auch zu der Firma, die Gates zur | |
Hälfte selbst gehört. Eine Eigenwerbung, die in anderen seriösen Medien | |
wohl nicht statthaft wäre. Gates weist die Kritik von sich: Es führten | |
Links zu allen DNA-Laboren. | |
Er preist The Root als "einen aufregenden neuen Meilenstein in der langen | |
Geschichte schwarzer amerikanischer Medien". Die begann in der Ära der | |
Sklaverei mit dem Freedom's Journal, dem ersten Medium, das sich um die | |
Belange der Afroamerikaner kümmerte. Doch die Zeit schwarzer | |
Lokalzeitungen, die früher im ganzen Land erschienen, ist seit einigen | |
Jahrzehnten passé. The Root könne daran wieder anknüpfen, hofft Gates. | |
"Wir konzentrieren uns auf die Perspektive Schwarzer, aber wir sprechen im | |
Grunde alle an, die sich für schwarze Kultur im Allgemeinen interessieren," | |
sagt Chefin vom Dienst Lynette Clemetson. Sie kam zu The Root aus dem | |
Hauptstadtbüro der New York Times. Ihr sei wichtig, dass bei The Root dem | |
Vorurteil entgegengearbeitet werde, es gäbe einen monolithischen schwarzen | |
Meinungsblock im Lande. "Wir wollen hier liberale, moderate und | |
konservative schwarze Stimmen präsentieren", sagt sie. Themen der ersten | |
Ausgaben, geschrieben von prominenten Autoren und schwarzen Gelehrten, sind | |
dann auch Barack Obama, Hillary Clinton, die Aufnahme weißer Studenten an | |
schwarze Colleges, die Frage, ob die neuen Migranten, Latinos und | |
Hispanics, Schwarze missachten. Und ob der Wahlkampf die Rassenfrage hinter | |
sich gelassen hat. | |
The Root, das wird schnell klar, ist im Vergleich zum seit 1945 | |
erscheinenden Hochglanzmagazin Ebony oder zu Internetseiten wie | |
BlackAmericaWeb.com ein intellektueller Weitwurf. Setzen sie mehr auf | |
Lifestyle, Szene und Konsum, will The Root - gesellschaftspolitisches | |
Portal werden. | |
6 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Adrienne Woltersdorf | |
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