# taz.de -- Homo- & Transsexualität im Islam: Besser als jede natürliche Frau | |
> "A Jihad for Love" verfolgt das Leben junger Iraner bis in den | |
> Operationssaal, wo sie ihr Geschlecht umwandeln lassen. "Be Like Others" | |
> durchforscht den Koran. | |
Bild: Es geht um Liebe, Leidenschaft und ein Leben in Einklang mit Gott: Be Lik… | |
Es geht um Liebe, Leidenschaft und ein Leben in Einklang mit Gott: In "A | |
Jihad for Love" dokumentiert der indische Regisseur Parvez Sharma | |
verschiedene Schicksale zwischen Homosexualität und Islam. Im Zentrum | |
stehen gläubige Schwule und Lesben in Südafrika, Pakistan, Türkei, | |
Bangladesh, Indien, Ägypten, Frankreich und Iran. Allen Interviewpartnern | |
und dem Regisseur gemein ist der Wunsch nach einer Vereinbarung ihres | |
Glaubens mit der homophoben Welt des Islams. Sharma möchte als gläubiger | |
Muslim mit seinem Film sogar einen religiösen Siegeszug ("Dschihad") | |
führen. | |
Dabei spürt er widersprüchlichen Koranauslegungen nach und konfrontiert sie | |
mit bestehenden "Traditionen". Hilflos wird versucht, mit religiösen | |
Oberhäuptern darüber zu debattieren, dass lediglich eine schwule | |
Vergewaltigung im Koran als Sünde beschrieben wird, nicht aber die | |
gleichgeschlechtliche Liebe. So entsteht eine Art bunter Reisebericht in | |
Fernsehformat durch unterschiedliche Territorien und Auffassungen: vom | |
schwulen Imam Muhsin Hendricks, der von seiner wohlhabenden Gemeinde in | |
Südafrika anerkannt wird, bis zum lesbischen Pärchen mittleren Alters aus | |
Istanbul, das im sufistischen Glauben seine Erfüllung sucht. Die | |
Todesstrafe durch Steinigen kommt lediglich als Witz beim verheirateten | |
Imam Muhsin Hendricks, Vater dreier Töchter, vor. Als er sie fragt, ob sie | |
ihn steinigen würden, scherzen die Mädchen: "Unbedingt!" | |
Während "A Jihad for Love" zwar auch eine Gruppe schwuler Iraner in ihrem | |
türkischen Exil begleitet, die auf ihre Ausreise nach Kanada warten und der | |
Todesstrafe im Iran bereits entkommen sind, zeigt "Be Like Others" der | |
Regisseurin Tanaz Eshaghian junge Männer aus zum Teil kleinen iranischen | |
Dörfern, die keinerlei Verbindung zum Westen haben. Schönheitsoperationen | |
sind im Iran ungewöhnlich beliebt. Um Teil der Gesellschaft zu werden, | |
lassen sie sich vom Staatsapparat als Transsexuelle diagnostizieren und | |
einer Geschlechtsumwandlung unterziehen. | |
Ajatollah Chomeini hat vor 20 Jahren eine Fatwa verhängt, um Transsexuellen | |
zu helfen. Iran ist damit das einzige Land der Welt, das Menschen nach | |
einer Geschlechtsumwandlung in der Geburtsurkunde das Geschlecht umändert. | |
Auf einer Konferenz zu "Sex Reassignment & Surgery" erfahren wir im Film | |
sogar, dass im Koran die Veränderung göttlicher Ordnung keine Sünde ist: | |
"Wir machen es täglich: Wir wandeln Weizen zu Mehl und backen Brot, der | |
Baum wird gefällt, zu Holz und Stuhl oder Tisch verarbeitet " Dr. Bahram | |
Mir-Dschalali vom Mirdamad Surgical Center Teheran behauptet sogar, dass | |
seine "Mädchen" die idealen Frauen werden, besser als jede natürliche Frau. | |
Eshaghian dokumentiert individuelle Geschichten einiger dieser jungen | |
Männer in intensiven Gesprächen und behutsamen Einblicken, sogar bis in den | |
OP-Raum. Es gelingt ihr, die Komplexität der inneren, sozialen, | |
gesellschaftlichen und religiösen Konflikte offen darzulegen, ohne ihre | |
Protagonisten vorzuführen. Die Probleme sind dabei endlos: Die Männer | |
müssen lernen, alle Freiheiten, die sie vorher kannten, abzulegen. Sie | |
müssen die Zeit zwischen offizieller Zulassung und vollzogener Operation | |
legal überstehen, was heißt: sich nicht aufreizend oder transig schminken, | |
sich möglichst unauffällig verhalten. | |
Dabei gehen Strategien der Reintegration auch homophobe Wege, da sie das | |
System der Kriminalisierung von Homosexuellen und sogar Crossdressern | |
unterstützen. Unverklärt kann man bei Eshagian die Macht des Gottesstaats | |
selbst in der schützenden Atmosphäre von Klinik, Familie, Küche spüren - | |
eine Macht gegenüber Individuen, die nicht gezwungen werden wollen, Mann | |
oder Frau zu sein. Andere lassen sich operieren, um Menschenrechte zu | |
erlangen, und müssen am Ende feststellen: "I wouldnt touch Gods work, Life | |
is in Gods hands." | |
8 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Bettina Allamoda | |
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