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# taz.de -- Ortstermin mit den Rolling Stones: "Like a dream come true"
> 300 schwitzende Journalisten, die Rolling Stones und Martin Scorsese. Das
> war nicht bloß eine Pressekonferenz anläßlich ihres Musikdokufilms "Shine
> a light".
Bild: Ein Fan unter seinen Stones: Martins Scorsese.
BERLIN taz Eben ist die Pressevorführung von Martin Scorseses Konzertfilm
"Shine a Light" zuende gegangen: zwei Stunden lang die Rolling Stones laut,
nah und unvorstellbar sehnig auf einer kleinen New Yorker Bühne. Mick
Jagger hat immer noch die Hüften eines zwölfjährigen Mädchens und hüpft wie
ein aufgezogener Springteufel auf der Bühne herum. Keith Richards, im Alter
immer großmütterlichere Züge annehmend, darf auch zwei Songs krächzen und
dann ist gerade noch Zeit, den Schock zu überwinden, dass Christina
Aguilera sich im Duett an Mick reibt und mit ihren meterhohen
Stöckelschuhen Löcher in die Bühne bohrt.
Dann gilt es los zu sprinten, um einen Platz auf der anschließenden
Pressekonferenz zu ergattern. Das eigene Auge soll ja bitteschön genauso
nah sein an den echten Stones, wie die 16 Filmkameras des Herrn Scorsese im
Film. Schon lange vor Beginn der Frage-Antwort-Stunde ist der Saal brechend
voll. Über 300 Journalisten, Kamerateams aus aller Welt und Fotografen mit
monströsen Objektiven schielen schwitzend zum Konferenztisch, auf dem
verheißungsvoll die mutmaßlich in Arial 36 ausgedruckten Namensschilder
stehen. Von links nach rechts: Ronnie Wood, Mick Jagger, Martin Scorsese,
Keith Richards und Charlie Watts.
Vorne rechts kramt jemand ein altes Sticky Fingers-Album aus der
Umhängetasche. Die Radiomoderatorin nebenan fragt vorsichtshalber mal in
die Runde in welchem Hotel die Stones wohl nächtigen. Gesprächsfetzen wie
"Hab' grad die Eric Clapton-Biografie gelesen. Der war ja damals total
eifersüchtig auf George Harrison. Der hatte das größere Haus, das teurere
Haus und die schönere Freundin. Das hat dem Clapton dermaßen zugesetzt..."
überbrücken die Wartezeit.
Und dann sind sie da, ganz nah und in echt: Martin Scorsese und die Rolling
Stones. Die Brille von Scorsese ist tatsächlich so monströs, wie sie auf
Fotos immer aussieht. Und ja, Mick Jagger hat tatsächlich so einen winzigen
Arsch wie zuvor im Film. Aufrecht-augemergelt sitzt er da, in seinem
Holzfällerhemd, wie ein in die Jahre gekommener Ballett-Tänzer und spricht
sein Jagger-Cockney. Keith, die rockende Dörrpflaume, ist samt seiner
Piratenjuwelen, dem Totenkopfring am Finger, klimpernder Armreifen und
Tüddelbänder angereist. Auch Ron Wood klackert mit seinen goldenen
Fingerringen herum.
Fragen oder Antworten sind Nebensache, bei diesem Anblick. Brav werden sie
von allen Beteiligten abgearbeitet: Der Unterschied zwischen der Arbeit mit
Jean-Luc Godard, der die Stones 1969 bei der Entstehung des Songs "Sympathy
for the Devil" filmte, und Martin Scorsese? Keith Richards: "Marty didn't
burn down the house."
Wie fühlt es sich für euch an, sich selbst auf Film zu sehen? Charlie
Watts: "Me, I hate it. But it's beautifully filmed."
Rolling Stones, ihr seid berühmt und reich. Was nützt euch dieser Film?
Mick Jagger "Pays a dinner at least."
Haben Sie Schauspielunterricht genommen oder hat Keith seine Erfahrungen
vom "Fluch der Karibik"-Dreh weitergegeben? Irgendwer: "Yeah. Keith told us
what to do und we just did as he said".
Allerdings gab es da auch Fragen, die nicht beantwortet werden konnten,
weil nach einer Stunde Arm recken kein Berlinale-Mikro in die Nähe kam:
"Wer waren all diese unglaublich sauber, teuer gekleidet und so absolut
nicht rock 'n' rollig aussehenden Mädchen vorn an der Bühne und wie fühlt
es sich an, vor solchen Mädchen zu spielen, die Ihre (Enkel-)Töchter sein
könnten? Waren es Ihre (Enkel-)Töchter?"
Und: "Herr Scorsese, in ihren Filmen benutzten sie immer wieder Musik der
Rolling Stones. Zuletzt trat Jack Nicholson in "The Departed" zu einem 80er
Jahre Stones-Hit auf. Mussten Sie "Shine a Light" drehen, gewissermaßen als
Gema-Reparationszahlung?"
Eine Antwort auf die letzte Frage gab es trotzdem, gewissermaßen. Seitdem
er die Stones in den 60er Jahren in der Ed Sullivan Show gesehen hatte (Man
erinnere sich: schwarzweiß-Fernsehen, steifes Wippen zur Gitarre,
Monchichi-Haarschnitte), wollte Scorsese etwas mit ihnen machen. "It was
like a dream come true". Schön für ihn.
8 Feb 2008
## AUTOREN
Kirsten Reinhardt
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