# taz.de -- Gentechfrei-Kennzeichnung: Mehr Transparenz für Verbraucher | |
> Seehofers neue Gentechnikvorschriften können jetzt in Kraft treten. | |
> Hessens Versuch, die neue Gentechfrei-Kennzeichnung zu kippen, fand keine | |
> Mehrheit im Bundesrat. | |
Bild: Der Landwirt braucht ein Anreiz, um auf Gentech-Pflanzen zu verzichten. | |
BERLIN taz/dpa Der Bundesrat hat am Freitag den neuen Gentech-Regeln von | |
Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) zugestimmt. Die Verbraucher | |
können somit demnächst beim Einkauf erkennen, ob Milch, Fleisch oder Eier | |
von Tieren abstammen, die gentechfrei gefüttert worden sind. Der Bundestag | |
hatte dem neuen Gentechnikgesetz und der Kennzeichnungsvorschrift für | |
"Gentechfrei"-Produkte bereits zugestimmt. Im Bundesrat hatte Hessen am | |
Freitag versucht, die neuen Regelungen noch zu kippen. Die Initiative fand | |
jedoch keine Mehrheit. Das Gesetzespaket soll voraussichtlich im Frühjahr | |
in Kraft treten. | |
Damit können tierische Lebensmittel auch dann als gentechnikfrei | |
gekennzeichnet werden, wenn Futtermittel Zusätze enthalten, die durch | |
gentechnische Verfahren hergestellt wurden. Hessen und Baden-Württemberg | |
halten dies für eine Verbrauchertäuschung. Sie scheiterten aber mit der | |
Forderung, den Vermittlungsausschuss einzuschalten. | |
Auch Nordrhein-Westfalen hatte die Anrufung wegen schärferer Regeln für den | |
Genmais-Anbau verlangt. Hessens Bundesratsminister Volker Hoff (CDU) warf | |
Seehofer vor, die bisherige strenge Kennzeichnung gentechnikfreier | |
Lebensmittel werde verwässert. "Die Verbraucher erwarten zu Recht, dass auf | |
der Packung draufsteht, was auch tatsächlich in der Verpackung drin ist", | |
sagte Hoff. Mit den Ausnahmen werde den Verbrauchern eine "vermeintliche | |
Gentechnikfreiheit" vorgetäuscht. Baden-Württembergs Verbraucherminister | |
Peter Hauk (CDU) sagte, die Konsumenten würden "schlichtweg an der Nase | |
herumgeführt". | |
Mit dem Gentechnikgesetz werden auch schärfere Regeln für den Anbau von | |
Genmais eingeführt. Erstmals gelten Sicherheitsabstände zu gentechnisch | |
verändertem Mais, die von 150 Meter zu konventionellem Mais bis 300 Meter | |
zu Öko-Mais reichen. Benachbarte Landwirte können die Abstände durch | |
Absprachen unterschreiten. Ein Gen-Anbauer muss seinen Nachbarn aber | |
darüber informieren und die Vereinbarung öffentlich anzeigen. Genmais wird | |
vor allem in Ostdeutschland angebaut und soll die Pflanze vor dem Schädling | |
Maiszünsler schützen. | |
Der Naturschutzbund (NABU) forderte einen vorläufigen Anbaustopp für | |
Genmais MON810 des Konzerns Monsanto und sieht die Artenvielfalt in Gefahr. | |
Eine Studie im Auftrag des Landesumweltamts Brandenburg habe ergeben, dass | |
Pollen in großer Zahl in das Schutzgebiet Ruhlsdorfer Bruch östlich von | |
Berlin gelangt seien, teilte der NABU mit. Nötig seien Abstände von mehr | |
als 1.000 Meter. | |
Nordrhein-Westfalens Forschungsminister Andreas Pinkwart (FDP) befürchtet | |
dagegen, dass die Pflanzenbiotechnologie durch das Gentechnikgesetz Schaden | |
nimmt. Deshalb hatte das Land verlangt, den Vermittlungsausschuss | |
anzurufen. Seehofer hatte das Gesetz verteidigt und auf Bedenken in der | |
Bevölkerung verwiesen. Die Forschung wird nach seiner Ansicht aber | |
erleichtert. | |
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zog eine gemischte Bilanz. "Die | |
Verbraucher bekommen mit der Kennzeichnung "ohne Gentechnik" endlich eine | |
erkennbare Wahlmöglichkeit zwischen tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, | |
Milch und Eiern mit oder ohne Gentechnik", sagte BUND-Vorsitzender Hubert | |
Weiger. Er kritisierte aber, dass die Abstände zu Genmais ausgehebelt | |
werden könnten. | |
Auch andere Umwelt- und Naturschutzverbände sowie Verbraucherorganisationen | |
hatten die neue Gentechfrei-Kennzeichnung begrüßt. Ihnen ging es vor allem | |
darum, dass Verbraucher erkennen können, ob ein Landwirt seine Tiere mit | |
gentechnisch veränderten Pflanzen füttert. Sie hoffen, dass Landwirte jetzt | |
vermehrt vermeiden werden, Gentech-Pflanzen zu verwenden. | |
15 Feb 2008 | |
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