# taz.de -- Kommentar Kopenhagen-Ausschreitungen: Reich und rassistisch | |
> Die fehlende Hoffnung auf Veränderung bei dänischen | |
> Migranten-Jugendlichen führt zur Eskalation. Damit gehen beide Seiten ein | |
> hohes Risiko ein. | |
Dänemark ist noch nicht Frankreich. Doch was sich in den dortigen Vororten | |
in den vergangenen Nächten wenn auch in weit minderem Maßstab abspielte, | |
hat vergleichbare Ursachen. Die Jugendlichen leben in Gettos, werden vom | |
Bildungswesen benachteiligt, haben entweder keine Arbeit oder solche, die | |
kein eingeborener Däne mehr machen will. Diejenigen, die ihrem Frust freien | |
Lauf lassen, haben also nicht viel zu verlieren. | |
Warum aber gerade jetzt? Die soziale Benachteiligung in einem Land, dem es | |
ökonomisch blendend geht und dessen Wirtschaft nach Arbeitskräften schreit, | |
ist ja nichts Neues. Auch nicht, dass man die Jobs lieber Polen und | |
Litauern anbietet, als sie arbeitslosen Migrantenjugendlichen zu geben. | |
Ebenso wenig wie eine Politik, die nichts an den sozialen Umständen ändern | |
will und hinter den Unruhen lieber Kriminalität am Werke sieht und dagegen | |
nur ein Rezept anbietet: Nulltoleranz. | |
Vielleicht aber hat gerade diese politische Unbeweglichkeit, die Dänemark | |
seit sechs Jahren prägt und das Land immer mehr gegen alles "Fremde" | |
abgeschottet hat, den Jugendlichen die Hoffnung auf Veränderungen genommen | |
und zur Eskalation geführt. Dabei gehen sie ein hohes Risiko ein. | |
Das angebliche Mordkomplott auf einen Mohammed-Zeichner nämlich wirft ganz | |
aktuell ein Schlaglicht darauf, wie schlecht es mit der Rechtssicherheit | |
für "Neudänen" aussieht. Die verdächtigen Männer, gegen die man keine | |
gerichtlich verwertbaren Beweise hat, sollen ohne Gerichtsverfahren einfach | |
ausgewiesen werden. Geht es nach den Rechtspopulisten, droht demnächst das | |
Gleiche all denen, die jetzt Schulen und Müllcontainer in Brand setzen. Für | |
die Bürger also, die sich nicht von ungefähr als Zweite-Klasse-Bürger | |
fühlen, sollen rechtsstaatliche und demokratische Prinzipien nicht mehr | |
gelten. In der aktuellen Parteienumfrage spiegeln sich die Unruhenächte so | |
wider, wie es zu befürchten war: Die ausländerfeindliche Dänische | |
Volkspartei darf sich über neue Rekordzahlen freuen. Niemand muss sich | |
wundern, wenn Dänemark demnächst tatsächlich brennt. | |
17 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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