# taz.de -- Subventionssumpf Deutschland: Brüssel fordert Rechenschaft | |
> Die EU-Kommission mahnt zu mehr Transparenz bei der Subventionsvergabe. | |
> In Berichten zur Betrugsbekämpfung schneidet Deutschland schlecht ab. | |
Bild: Wie viel Geld hat der Agrarbereich bekommen? Die EU will es genau wissen. | |
Die Bundesregierung bekommt wieder Post aus Brüssel: Dieses Mal vermisst | |
die EU-Kommission Rechenschaftsberichte über die Verwendung von EU-Geldern. | |
25 Mitgliedsländer haben pünktlich bis zum 15. Februar an die EU-Kommission | |
gemeldet, wie viele EU-Mittel sie im letzten Jahr für Agrar- und | |
Strukturförderung ausgegeben haben und wie die Projekte kontrolliert | |
wurden. Nicht alle Daten sind vollständig, doch die Bereitschaft ist da. | |
Nur zwei Länder verweigern sich: Österreich und Deutschland. | |
"Österreich und Deutschland scheinen zu glauben, dass sie über Projekte, | |
die aus der Planungsperiode 2000 bis 2006 stammen, überhaupt nicht Auskunft | |
geben müssen", kritisierte eine Kommissionssprecherin am Dienstag. "Dabei | |
ist das der Löwenanteil der 2007 geleisteten Zahlungen." Wenn Deutschland | |
die Zahlen nicht vier Wochen nach Erhalt des Mahnbriefs offenlege, drohe | |
ein Vertragsverletzungsverfahren. Um welche Größenordnung es geht, konnte | |
die Sprecherin nicht sagen. "Das wollen wir ja von Deutschland wissen. Sie | |
sollen uns sagen, wie viel sie 2007 ausgegeben haben." | |
Auch im Betrugsbekämpfungsbericht des EU-Parlaments für die Jahre 2005 und | |
2006 steht Deutschland relativ weit oben auf der Liste. Das | |
"Schadensvolumen aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei den | |
strukturpolitischen Maßnahmen" sei von 2005 auf 2006 um 17 Prozent | |
gestiegen, heißt es dort. Allein bei den Strukturfonds seien 2006 517 | |
Millionen Euro unrechtmäßig verteilt worden - 6,2 Prozent davon seien in | |
Deutschland versickert, weitere 80 Prozent in Spanien, Italien, Portugal | |
und Großbritannien. | |
Bei den Agrarausgaben seien Deutschland und Spanien zusammen für 38 Prozent | |
der Betrügereien verantwortlich, das entspricht 33,2 Millionen Euro. Beide | |
Länder übermittelten "seit vielen Jahren" keine elektronischen | |
Informationen an die Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf. Deutschland weigere | |
sich zudem mit Verweis auf den Datenschutz, die Namen der betroffenen | |
Unternehmen und Personen zu nennen. | |
Das EU-Parlament "fordert die Kommission daher eindringlich auf" ein | |
Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Bis zum Abschluss des Verfahrens | |
sollten 10 Prozent der Agrarzahlungen zurückgehalten werden. | |
Als "etwas überzogen" bezeichnete ein Sprecher der Bundesregierung die | |
Vorwürfe. Deutschland sei nun einmal ein großer Nettoempfänger und damit | |
betrugsanfälliger als Länder, die nur geringe Summen aus Brüssel zu | |
verteilen hätten. Von den 33,2 Millionen Euro versickerter Agrarausgaben | |
habe Deutschland ohnehin nur 6,2 Millionen zu verantworten. Sobald die Olaf | |
ihre Software modernisiert habe, werde Deutschland die Angaben auch | |
elektronisch übermitteln. | |
Doch die Abgeordneten sind hartnäckig. Am Dienstag stimmten sie dafür, dass | |
die Mitgliedstaaten auch die Empfänger von Strukturfördermitteln offenlegen | |
müssen. "Bei der aktuell laufenden Diskussion über die Förderung von | |
Betriebsverlagerungen mit EU-Geldern sind diese Informationen | |
unverzichtbar", erklärte der regionalpolitische Sprecher der konservativen | |
Fraktion, Markus Pieper. | |
Ausgerechnet der deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), der in | |
der Vergangenheit wiederholt behauptet hatte, Betriebe seien mit EU-Mitteln | |
aus Deutschland weggelockt worden, will von mehr Transparenz nichts wissen. | |
Eine solche Liste verstoße gegen den Datenschutz und schädige die | |
Wettbewerbssituation der geförderten Unternehmen, behauptet der Minister. | |
19 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Daniela Weingärtner | |
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