# taz.de -- Schwarz-Grüne Koalition: Nur die CSU bremst | |
> Führende Christdemokraten haben keine Einwände, wenn Hamburgs | |
> Bürgermeister Ole von Beust mit der Partei paktiert, die vielen in der | |
> Union früher als Ökospinnertruppe galt. | |
Bild: "Er hat ja kein Atomkraftwerk." | |
Mit den Grünen? Warum nicht? Die Diskussion im CDU-Vorstand über die | |
Koalitionsmöglichkeiten nach der Wahl in Hamburg dauerte nicht lange. Die | |
maßgeblichen Politiker der Christdemokraten hätten keine Einwände, wenn | |
Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust mit der Partei paktiert, die von der | |
Union früher als Ökospinnertruppe abgestempelt wurde. Kanzlerin und | |
CDU-Chefin Angela Merkel gab sich vor der Presse neutral. Von Beust habe | |
freie Hand bei der Regierungsbildung. Ein Bündnis mit den Grünen sei neben | |
einer großen Koalition "eine von zwei denkbaren Optionen". Was Merkel | |
insgeheim am liebsten wäre, hatte ihr Generalsekretär Ronald Pofalla aber | |
bereits deutlich offenbart. | |
Sicher nicht ohne Ermunterung seiner Chefin schwärmte Pofalla auf allen | |
Kanälen von der Aussicht, dass die erste schwarz-grüne Koalition in einem | |
Bundesland gebildet werden könnte. "Wenn die politische Farbenlehre in | |
Deutschland eine neue Farbenkombination bekäme, wäre das in der Tat für | |
Hamburg interessant und auch für Deutschland", sagte Pofalla. Auch | |
Parteivize Christian Wulff signalisierte Einverständnis. "Ole von Beust hat | |
grünes Licht von allen in der CDU, die Koalition zu bilden, die er will - | |
das heißt, wenn es mit der FDP nicht reicht, dann mit den Grünen." Und der | |
Berliner CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger riet von Beust, die | |
Schnittmengen mit den Grünen "ohne Scheuklappen" zu prüfen. | |
Die Vorbehalte gegenüber den Grünen scheinen fast vergessen. Im Vordergrund | |
steht jetzt der strategische Wunsch, eine neue Machtoption für die CDU zu | |
erschließen - und das traditionelle rot-grüne Lager zu spalten. Nur die CSU | |
bremst die Euphorie. Schwarz-Grün in Hamburg wäre "eine hanseatische | |
Absonderlichkeit ohne jede Signalwirkung für die Bundespolitik", erklärte | |
Landesgruppenchef Peter Ramsauer. | |
Die traditionellen Lieblingspartner der Union sehen das freilich anders. | |
FDP-Chef Guido Westerwelle reagierte alarmiert: "Die Geschwindigkeit, mit | |
der die Bundes-CDU Schwarz-Grün gutheißt, ist atemberaubend." Westerwelle | |
warf Merkel sogar vor, sie habe das schlechte Abschneiden seiner Partei in | |
Hamburg mitverursacht. Die CDU habe dort "von Anfang auf Schwarz-Grün | |
gesetzt". Diese Strategie habe eine mögliche schwarz-gelbe Koalition | |
verhindert: "Das war auch ein von der CDU-Vorsitzenden gewolltes und | |
gebilligtes Ergebnis", beklagte sich Westerwelle. | |
Um die FDP nicht noch mehr zu vergrätzen, betonte Merkel, dass sie auf | |
Bundesebene nach der Wahl 2009 nach wie vor eine schwarz-gelbe Koalition | |
präferieren würde. Auch in Hamburg könne keine Rede davon sein, dass die | |
CDU um die Grünen werbe. Es gehe nur darum, was am besten für die Stadt | |
sei. "Ich habe eine andere Vorstellung von Buhlen", sagte Merkel. "Dass | |
jetzt die ganze CDU auf die Grünen fliegt, kann ich weder bei Ole von Beust | |
feststellen noch bei sonst jemandem in der CDU - und bei mir auch nicht." | |
Inhaltlich sieht Merkel für Schwarz-Grün in Hamburg jedoch offensichtlich | |
keine unüberwindbaren Hindernisse. Auf die Frage, ob die Atompolitik ein | |
Stolperstein wäre, sagte Merkel mit einem Seitenblick auf von Beust den | |
schönen Satz: "Er hat ja kein Atomkraftwerk." | |
26 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Lukas Wallraff | |
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