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# taz.de -- Koalitionsfantasien nach Hamburg-Wahl: Politikbetrieb wird Swingerc…
> Jeder mit jedem: Konservative CDUler entdecken Gemeinsamkeiten mit den
> Grünen. Die FDP denkt um. Viele Merkel-Freunde träumen schon lange von
> Schwarz-Grün.
Bild: Könnten schwarz-grünen Flirt im Bund anheizen: Goetsch (Grüne) und Beu…
Schon wieder eine große Koalition oder zum ersten Mal Schwarz-Grün in einem
Bundesland? Die anstehende Regierungsbildung nach der Wahl in Hamburg
beflügelt die Fantasie von Politikern aller Parteien. Selbst konservative
Unionshaudegen wie Volker Kauder entdecken plötzlich ihre Sympathien für
die Grünen, was wiederum die FDP erzürnt - und zu eigenen Gedankenspielen
über neue Partnerschaften reizt.
"Wir haben uns nie allein an der Union orientiert", behauptet
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel auf einmal - und manche Liberale beginnen
sich mit einer SPD-geführten Ampel anzufreunden. Jedenfalls irgendwann
vielleicht.
Der oft dröge Berliner Politikbetrieb erinnert derzeit an einen
Swingerclub: Jeder würde es mit jedem tun. Vor allem die Union gibt sich
tabulos. Obwohl die Hamburger Grünen-Spitzenkandidatin Christa Goetsch
bislang die Differenzen zur CDU betont und die grüne Parteibasis in der
Hansestadt noch nicht mal allerersten Vorgesprächen über eine eventuelle
Koalition zugestimmt hat, sinnieren führende Christdemokraten bereits über
schwarz-grüne Gemeinsamkeiten auf Bundesebene. "In Berlin sehe ich die ein
oder andere Schnittmenge", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder am
Dienstag und nannte als Beispiel die Stammzellenforschung.
Auch wenn solche Überlegungen eher theoretischer Natur sind: Personell wäre
die Bundes-CDU auf eine Zusammenarbeit mit den Grünen vorbereitet.
Parteichefin Angela Merkel hat seit ihrem Amtsantritt als Kanzlerin
auffällig viele Politiker in wichtige Ämter gehievt, die schon in den
90er-Jahren zarte Bande zu den Grünen knüpften.
Nicht nur Generalsekretär Ronald Pofalla traf sich in der alten Hauptstadt
Bonn zu Gesprächen mit damals jungen Grünen wie Volker Beck, Christine
Scheel und Katrin Göring-Eckardt in einem italienischen Ristorante. Auch
der heutige CDU-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag, Norbert Röttgen, der
außenpolitische Sprecher Eckart von Klaeden und Innen-Staatssekretär Peter
Altmaier gehörten der "Pizza-Connection" an.
All diese Politiker, die von Merkel gefördert wurden, verbindet eine
äußerst pragmatische Einstellung - und die Überzeugung, dass sich die Union
gesellschaftspolitisch modernisieren muss. So setzten sie sich schon zu
Helmut Kohls Zeiten für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes
zugunsten von Migranten ein. Eine Reform, die unter Rot-Grün kam - und von
der Union inzwischen stillschweigend akzeptiert wurde. Pofalla und seine
Pizza-Kumpels versuchten mit ihren inhaltlichen und persönlichen
Annäherungen an die Grünen frühzeitig und zielstrebig, neue Bündnisoptionen
zu erschließen, um flexibler auf neue Mehrheitsverhältnisse reagieren zu
können. Das könnte sich nun auszahlen. Könnte. Denn ökonomisch und
sozialpolitisch vertreten auch die Pizza-Freunde, wie Merkel und Hamburgs
Bürgermeister Ole von Beust, eher wirtschaftsliberale Positionen, die eine
Mehrheit der Grünen ablehnt.
Damit die schwarz-grün orientierten Unionsstrategen trotz dieser
gravierenden Hindernisse weiter träumen können, müsste am Donnerstag erst
mal die Mitgliederversammlung der Hamburger Grünen beschließen, dass ihre
Fraktionschefin Christa Goetsch Vorverhandlungen mit der CDU aufnehmen
soll. Denn ohne einen gelungenen Versuch auf Landesebene bleiben alle
schwarz-grünen Flirtereien im Bund: vergebliche Liebesmüh.
27 Feb 2008
## AUTOREN
Lukas Wallraff
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