# taz.de -- Helvetisches Bankgeheimnis: Die Schweiz hält dicht | |
> Immer wieder wird die Schweiz kritisiert: Ihr Bankgeheimnis leiste | |
> Steuersündern Vorschub, decke Kriminelle. Was steckt hinter dem Mythos? | |
Bild: Schweizer Bankschließfächer: ein Ort für deutsche Steuersünder? | |
Wie immer, wenn irgendwo auf der Welt ein Steuerskandal beklagt wird, | |
werden die Scheinwerfer auf den Finanzplatz Schweiz gerichtet. So hat der | |
frühere deutsche Finanzminister Hans Eichel jetzt die Schweiz wegen ihres | |
Bankgeheimnisses heftig attackiert: "Die Schweiz stellt sich heute zwischen | |
die deutschen Steuerbehörden und die deutschen Steuerflüchtlinge und | |
verhindert, dass die deutschen Steuerflüchtlinge ehrlich zahlen müssen", | |
kritisiert Eichel das Bankgeheimnis. Die Eidgenossen sind solche Angriffe | |
gewohnt, und sie reagieren schon routiniert. | |
Was aber bedeutet das Bankgeheimnis? Und wie gehen die Schweizer mit ihrem | |
gut gehüteten Sorgenkind um? | |
Das Eidgenössische Finanzdepartement EFD bemüht sich, den Begriff zu | |
entmystifizieren, und spricht von der Schweigepflicht, deren Verletzung | |
strafbar ist. Es wird darauf hingewiesen, dass die Schweigepflicht keine | |
Besonderheit des Bankierberufs sei, sondern auch für andere Berufsstände | |
wie der Ärzte und Rechtsanwälte gelte. Umständliches Beamtendeutsch läuft | |
auf eine klare Formulierung hinaus, die berauschender nicht sein könnte: | |
"Der Geheimnisherr ist der Bankkunde." | |
Der Kunde also ist König - oder Schatzmeister, im besten Fall beides. Die | |
Schweiz glaubt dennoch an das Gute im Menschen und an den Edelmut von | |
Geheimniskrämern: Denn der Kunde entscheidet, ob er seine Bank von ihrer | |
Pflicht entbindet oder sie sogar dazu verpflichtet, vom Bankgeheimnis | |
erfasste Angaben zu offenbaren. | |
Der aktuelle Steuerskandal stellt das schweizerische Bankgeheimnis wieder | |
einmal an den Pranger. Die heftigen Reaktionen auf die Anklage in Zeitungen | |
und Fernsehen läuft meist ähnlich ab, so auch jetzt. Gebrieft von | |
PR-Beratern, nehmen Bankiers eifrig Stellung, beruhigen und beschwichtigen. | |
Im aktuellen Fall spielen auch die Deutschen eine Rolle. Nachdem ein | |
Liechtensteiner Bankangestellter den deutschen Fahndern vertrauliche | |
Kundendaten verkaufte, fürchtet sich die Schweiz vor mithörenden Feinden. | |
Wegen der Steueraffäre dürften die Banken in der Deutschschweiz bei der | |
Einstellung von deutschen Staatsbürgern zurückhaltender werden, sagte der | |
Geschäftsführer der Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers, Michel | |
Derobert, in einem Interview der Westschweizer Zeitung Le Matin. Er bezog | |
sich auf den Umstand, dass die deutschen Behörden gestohlene Kundendaten | |
aus Liechtenstein gekauft hatten. Solche Methoden seien verwerflich. Jede | |
gut geführte Bank tue deshalb gut daran, alle Mitarbeiter, die Zugang zu | |
sensiblen Daten hätten, mit Sorgfalt auszuwählen. Auf die Frage, ob es | |
deutsche Spione in Schweizer Banken gebe, sagte Derobert, dies sei nicht | |
auszuschließen. Es wäre aber höchst bedauerlich. | |
Auch Blick, die größte Boulevardzeitung der Schweiz, gießt weiter Öl in das | |
Feuer und titelte Anfang dieser Woche: "Zwei Drittel der Schweizer über | |
Deutschland empört". In einer Umfrage würden 73 Prozent der Schweizer | |
Bevölkerung keinesfalls auf das Bankgeheimnis verzichten wollen. Und dass | |
Deutschland Millionen zahlte, um an Liechtensteiner Steuerunterlagen zu | |
gelangen, empört 64 Prozent. | |
Beliebtestes Argument in der Diskussion über das Bankgeheimnis ist die | |
Privatsphäre des Kunden. Gerne werden sie auch "gläserne Kunden" genannt, | |
um ihre Fragilität zu betonen. "Das Thema Steuern muss jeder Kunde für sich | |
selbst entscheiden. Wir gehen nicht hin und fragen: Zahlen Sie Steuern oder | |
nicht", erklärt Joachim Strähle, Geschäftsführer der traditionsreichen Bank | |
Sarasin. | |
Was die einen als Service, dürften die anderen als blindes Vertrauen | |
bezeichnen. Zwar ist das Eidgenössische Finanzamt der Meinung, dass die | |
Banken ihre Kunden kennen müssten. Das erklärt möglicherweise die hohe | |
Dichte an noblen Bars und edlen Restaurants im näheren Umkreis des | |
Paradeplatzes, lässt aber offen, wie das persönliche Verhältnis mit | |
Tausenden von Bankkunden zu praktizieren ist. Einzig sicher ist, dass nicht | |
nur die Deutschen einen Blick auf das gut gehütete Geheimnis werfen | |
möchten. | |
Solange der Finanzskandal andauert, trifft wohl ein altes Schweizer | |
Sprichwort nicht zu: "Blickt ein Deutscher auf die Schweiz, so sieht er nur | |
das Matterhorn". Schade eigentlich, die Aussichten wären besser. | |
28 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Gina Bucher | |
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