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# taz.de -- Castor-Gegnerin Marianne Tritz wird Lobbychefin: Die Grüne und die…
> Die Grünen zählen zu den härtesten Nichtraucherschützern. Ausgerechnet
> mit einer Mitarbeiterin von Fritz Kuhn will die Zigarettenindustrie ihr
> Image reparieren.
Bild: Die Wege der Tabaklobby sind durchschaubar.
Die deutsche Tabaklobby hat bisher nicht gerade ein vorteilhaftes Image.
Die Damen und Herren verkaufen immerhin ein tödliches Produkt. Nun soll das
anders werden und dazu hat die Industrie sich ein freundliches Gesicht
engagiert: das von Marianne Tritz, ehemals grüne Bundestagsabgeordnete und
bis vor kurzem Mitarbeiterin von Fraktionschef Fritz Kuhn.
Die Personalie ist bemerkenswert. Denn im Kampf um Rauchverbote waren die
Grünen auf Landes- und Bundesebene die entschlossensten
Nichtraucherschützer. Politikerinnen wie Bärbel Höhn oder Ulrike Höfken
machten der Tabakindustrie das Leben schwer. Wenn Union und SPD zu moderate
Regeln planten, missbilligten die Grünen regelmäßig ein "Einknicken vor der
Tabaklobby". Die Konzerne müssen es sich gemerkt haben: Ausgerechnet eine
aus dieser Partei soll nun die Interessen der gebeutelten Branche
durchsetzen.
Am Freitag wollen die Unternehmen ihren neuen Verband in Berlin
präsentieren. Tritz wird Geschäftsführerin sein, wie die Firma Reemtsma auf
Nachfrage bestätigte. Für die Lobby soll dieser Freitag ein Comeback
werden. Der vdc hatte sich 2007 aufgelöst. Grund war ein Streit des
Marktführers Philip Morris mit den anderen Unternehmen. Der
Marlboro-Hersteller liegt so weit vorn, dass er andere Interessen hat.
Werbeverbote etwa findet er nicht so schlimm, da sie seine Vormachtstellung
festigen. Als Philip Morris ausstieg, lösten die anderen den Verband auf,
um nicht alleine auf den Abwicklungskosten sitzen zu bleiben.
Zudem sieht die Industrie in einer Neugründung die Chance, den alten Ruf
abzuschütteln. Der vdc hatte Jahrzehnte lang Wissenschaftler gekauft, um
die Forschung zu den Gefahren des Zigarettenkonsums beeinflussen zu können.
Im Zusammenhang mit den Tabakprozessen in den USA kamen Dokumente an die
Öffentlichkeit, mit denen sich dies detailliert nachvollziehen lässt. Am
Schluss war das Image des vdc so mies, dass sich Politiker in den Medien
rechtfertigen mussten, wenn sie ihre Sommerfeste von ihm sponsern ließen.
Nun soll es die Grüne Tritz richten. Die 44-Jährige kommt tief von der
Grünen-Basis: In Lüchow-Dannenberg im Wendland kämpft sie seit Jahren gegen
das Atommülllager Gorleben, jahrelang war sie Geschäftsführerin der
dortigen Bürgerinitiative. Von 2002 an war sie Verteidigungs- und
Außenpolitikerin im Bundestag, 2005 verpasste sie den Wiedereinzug ins
Parlament und wurde Mitarbeiterin von Fritz Kuhn. Tritz war am Montag für
Fragen nicht erreichbar.
Und die Grünen? Ein Sprecher Kuhns erklärt: "Es ist wie es ist. Vielleicht
nimmt die Lobbyarbeit der Zigarettenindustrie jetzt ja stärker die Belange
des Nichtraucherschutzes in den Blick."
Die Industrie wünscht sich das umgekehrte Verfahren.
11 Mar 2008
## AUTOREN
Georg Löwisch
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