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# taz.de -- PDF-Magazine auf dem Vormarsch: Das universelle Format
> Man kann PDF-Magazine nur am Computer lesen. Wenige kennen sie. Trotzdem:
> Viele sind hervorragend gemacht, und ihre Zahl steigt - für die Macher
> sind sie Spielplatz und Forum.
Bild: "Woosta Inspiring Artists" gibt es als PDF-Magazin bei pdf-mags.com
Ihre Eigenart ist das Flüchtige. Es gibt sie weder am Kiosk zu kaufen noch
physisch im Briefkasten: PDF-Magazine. Viele kennen sie nicht, wenige
kennen sie doch, winken aber desinteressiert ab - und nur eine Minderheit
nickt mit glühenden Augen.
Die Magazine sind überwiegend kostenlos, nichtsdestotrotz aufwendig
gestaltet, mit teuren Fotostrecken, hübschen Illustrationen und Texten von
banal bis clever. Sie unterscheiden sich einzig in ihrer Materialität vom
klassischen Magazin. Theoretisch könnten sie natürlich ausgedruckt werden -
wären sie nicht selten sechzig Seiten und mehr stark.
Einzig ein Link im Netz erlaubt, eine PDF-Datei zu laden, geblättert wird
das Magazin im Acrobat Reader. Zwischen drei und fünf Megabyte wiegen die
Dateien, mehr würde das Budget der Macher sprengen - ein Budget, das
meistens keines ist. Speicherplatz auf dem Webserver ist nach wie vor
kostbares Gut.
Noch sind die Magazine ein seltenes Phänomen, aber die Szene der
PDF-Magazin-Macher, sofern man sie so nennen kann - sie ist "nicht
formiert", wie Rainer Berg sagt -, ist lebendig. Berg bietet ihr mit der
Website [1][www.pdf-mags.com] eine Plattform. Er datiert die Anfänge des
Phänomens auf 2001. Vor knapp eineinhalb Jahren begann er, systematisch
Links zu sammeln. Damals waren es rund 20, heute listet er 200 Magazine
auf, wöchentlich werden neue eingereicht. Er unterscheidet die digitale
Version von gedruckten Magazinen, wie etwa jene von De:bug, von denen, die
nur als PDFs existieren. Sie heißen John Magazine, Dottodotmag, Hope-Hope,
Klitorik, Analogue Magazine, Five to Nine oder einfach nur Daheim - sind
jung, frisch und glossy.
Was aber ist der Reiz eines Magazins, das man weder auf dem Klo noch in der
U-Bahn liest und das schon gar nicht das Sofatischchen schmückt? Die
Antworten pendeln irgendwo zwischen den Stichwörtern "Format" und
"Verfügbarkeit". Verfügbarkeit ist ein bekanntes Relevanzkriterium der
heutigen Zeit - bedeutet: schnell, überall und billig, wenn nicht gar
kostenlos. Und das Format genießt nicht nur bei Gestaltern ein hohes
Ansehen.
Denn PDF bedeutet: plattformübergreifendes Dateiformat. Und garantiert,
dass das Dokument auf deinem Rechner aussieht wie auf meinem. Das heißt,
weder werden sorgfältig gestaltete Schriften noch Fotos oder Illustrationen
verzerrt oder nicht angezeigt - sondern es gilt das Versprechen von
Wysiwyg: "What you see is what you get". Sogar Töne und Video vermag das
universelle Austauschformat zu integrieren.
Schöne neue Welt: allerliebst gestaltete Magazine, immer verfügbar und
kostenlos dazu. Wer aber steckt dahinter? Zum Beispiel Brendan McGuirk. Der
Ire ist Herausgeber des Analogue Music Magazine, weil ein Magazin mit
Musikberichterstattung ihm und seinen Freunden fehlte. Deshalb spiele auch
Geld keine Rolle, denn jeder, der mitmache, freue sich, Teil des Projekts
zu sein. Auch Dottodotmag, das erste russische PDF-Magazin, möchte eine
Lücke schließen. Die beiden Macherinnen, Anastasia Gerasimova und Anastasia
Sarycheva, wollten ein Magazin machen, das sie selber gerne lesen würden
und die jungen russischen Leser mit Underground-News zu Musik, Mode und
Kunst versorgen sollte. Nicht nur aus St. Petersburg, versteht sich,
sondern auch aus Stockholm und London berichten seit einem Jahr
Journalisten und Fotografen über Trends.
Sylvain vom Noeud Magazine erklärt sich die Bereitschaft, gratis zu
arbeiten, mit der Frustration vieler Gestalter, die es leid seien, auf
ihren Lohn zu warten. Wahrscheinlich wirken deshalb viele Magazine wie
Portfolios: Denn für Gestalter ist die Gratismitarbeit im besten Fall eine
Referenz für bezahlte Aufträge. Das Format wird seinem Anspruch gerecht und
bietet den Heerscharen von Kreativen eine Plattform, auf der sie sich
präsentieren können.
Bei Hope-Hope, einem Modemagazin aus Zürich, funktioniere dies, meint
Sybille Steindl, eine der beiden Herausgeberinnen. Sie hätten bereits
Aufträge über das Magazin, das als Diplomprojekt begann, generiert.
Dennoch, warum genügt nicht ein Blog? Weil die kompakte Form wichtig sei,
meint McGuirk. Und Steindl von Hope-Hope meint, sie würden selbst bei PDF
bleiben, wenn Geld für den Druck vorhanden wäre.
Berg, selber Gestalter, prognostiziert den digitalen Magazinen eine
glanzvolle Zukunft. Denn das PDF-Format sei noch nicht ausgeschöpft und die
Ausgabegeräte seien noch nicht optimal abgestimmt. Bald werde es die
bereits auf Messen präsentierten "E-Paper" in Serie geben, glaubt Berg, und
die Menschen würden in der U-Bahn wie im Flugzeug in ihren
Lieblingsmagazinen blättern können. Dann erst werden wohl die Augen jener
leuchten, die eingangs noch besorgt die Köpfe schüttelten - und werden die
Macher auch genügend Leser finden, die ihre unbezahlten Mühen mit
Aufmerksamkeit belohnen.
1 Apr 2008
## LINKS
[1] http://www.pdf-mags.com/
## AUTOREN
Gina Bucher
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