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# taz.de -- Zoo-Direktor der alten Schule: Vom Aussterben bedrohte Art
> Die einen nennen ihn Tierquäler; andere kritisieren sein fehlendes Gespür
> für Marketing. Dabei will Bernhard Blaszkiewitz nur eines: Tiere bewahren
> und zeigen.
Bild: Der Direktor und sein Liebling: Bernhard Blaszkiewitz (rechts) und ein ge…
Die Kritik an Zoo- und Tierpark-Direktor Bernhard Blaszkiewitz reißt nicht
ab. "Er hat keinen Respekt vor dem Leben", sagt die Grünen-Politikerin
Claudia Hämmerling. Sie hat gegen ihn Strafanzeige erstattet, weil er
angeblich diverse Zootiere an zwielichtige Tierhändler verkauft hat. Die
Tiere seien als Potenzmittel in China geendet. Hämmerling fordert den
Rücktritt des Direktors. "Er hat kein Gefühl für Marketing", sagt Hanns
Peter Nerger, der Geschäftsführer der Berlin Tourismus Marketing (BTM).
Blaszkiewitz hat die seit fünf Jahren im Zoo gefeierte "Gay Night"
abgesagt. Nerger fordert mehr Öffentlichkeitsarbeit.
Denn auch sonst tut der Zoo nach Auffassung der BTM dafür zu wenig. Das war
auch die Begründung, weshalb der unter anderem für die Vermarktung des
Eisbären Knut zuständige zweite Zoo-Vorstand Gerald Uhlich Ende 2007 seinen
Job als Marketingchef quittierte.
Und dann ist da noch die Geschichte mit den vier Katzenbabys. Blaszkiewitz
hatte die verwilderten Tiere aus Sorge getötet, sie könnten im Tierpark
Krankheiten übertragen. Das war 1991. Dass der Vorfall erst jetzt bekannt
wurde, just zu einem Zeitpunkt, an dem der Zoo-und Tierpark-Chef massiv
unter Druck steht, ist kein Zufall.
Zu allem Überfluss reagierte Blaszkiewitz auch noch in gewohnt offener
Weise. Er räumte vergangene Woche in mehreren Interviews freimütig ein, den
Katzen seinerzeit nach Bauernmethode "artgerecht das Genick gebrochen" zu
haben. Seither quellen die Leserbriefspalten der Berliner Zeitungen von den
Reaktionen aufgebrachter Tierschützer über. Selbst der Vorsitzende des
Vereins der Freunde und Förderer des Zoologischen Gartens, Jürgen Brückner,
bekundete "Entsetzen und Abscheu" und fragt, ob Blaszkiewitz auf seinem
Posten noch der Richtige sei.
Auf den meisten Fotos in den Medien ist der 1,90 Meter große und 130 Kilo
schwere Mann derzeit als böse dreinblickender Griesgram abgebildet. Was
sich da um seine Person abspiele, trage schon Züge einer Kampagne, sagt
Blaszkiewitz. "Aber ich bin keiner, der bei ein bisschen Wind gleich
umfällt - das liegt nicht nur an meiner Körperstatur."
Blaszkiewitz empfängt seinen Besuch in einem schlichten Büro im
Verwaltungshaus des Zoos. Er trägt eine schlabbrige Hose und ein hellblaues
Hemd, darüber einen roten Pullunder. Die gesunde Gesichtsfarbe lässt darauf
schließen, dass er viel draußen ist. Wenn er Ärger habe, gehe er gern zu
den Elefanten, erzählt er. In den letzten Tagen war er da ziemlich oft.
"Die Elefanten fassen mich an, und ich fasse die Elefanten an. Direkter
Körperkontakt entspannt." Das Gerede ficht ihn nicht an, sagt er. "Nur die
Behauptung, dass ich Leben gering achte, trifft mich."
Immerhin: Der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft Zoologischer Garten hat
sich hinter Blaszkiewitz gestellt. Er könne keine rechtliche oder
moralische Verfehlung des Direktors erkennen, gab der Vorsitzende Jochen
Sievers zu Protokoll; er sieht keinen Grund, ihn abzulösen. Auch die
Entscheidung, vor Jahren die Katzen zu töten, sei richtig gewesen.
Allerdings würde man das heute auf sensiblere Weise tun.
Der 54-jährige Blaszkiewitz leitet Zoo und Tierpark seit 2007. Im Tierpark
war er bereits seit 1991 Direktor. Doch auch den Zoo kennt er von der Pieke
auf. Dort hat er fünf Jahre als Tierpfleger gearbeitet. Sein Ziel sei,
beide Einrichtungen zusammenzuschweißen, sagt er. Dass es in Berlin immer
noch Leute gibt, die das nicht wollen, ärgert ihn maßlos. Allen voran der
Förderverein des Zoologischen Gartens, dessen Vorsitzender Brückner sich
lautstark als Blaszkiewitz-Kritiker zu Wort meldet.
Brückners nicht einmal 100 Mitglieder zählender Verein tritt für die
Belange des Westzoos und einen eigenständigen Direktor dort ein. Der
Förderverein Tierpark hingegen, mit 1.000 Mitgliedern deutlich größer,
engagiert sich auch für den Zoo. Der Verein stärkt Blaszkiewitz
demonstrativ den Rücken.
Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen hat Blaszkiewitz wiederholt Stellung
bezogen: Er arbeite nur mit vertrauensvollen Tierhändlern zusammen. Kein
einziges Tier sei verschwunden oder mit seinem Wissen und seiner Duldung
ins Schlachthaus gekommen. Was andere Zoos mit den Berliner Tieren machten,
unterstehe nicht seinem Verantwortungsbereich. Der Verbleib eines jedes
Tieres sei in den Tier- und Zuchtbüchern belegt.
Was die Vorwürfe des schlechten Marketings betrifft, gibt Blaszkiewitz zu,
durch die Vermarktung von Knut viel Neues gelernt zu haben. Ein neuer
Marketingchef werde gesucht. Aber es gebe eben auch Grenzen. Die Gay Night
sei nicht gewinnbringend gewesen, außerdem störe der nächtliche Trubel die
Tiere. Was die Forderung nach mehr Events und einem Disneyland im Zoo und
Tierpark angehe, sei er "Old School", gibt der Direktor zu. "Ich bin, was
die Erhaltung der Natur angeht, sehr konservativ. Conservare heißt
erhalten."
Ob Blaszkiewitz auch die Politik überzeugen kann? Mitte April muss er sich
vor dem Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses verantworten.
2 Apr 2008
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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