# taz.de -- Ostexperte zur Nato-Entscheidung: "Ein Punktsieg für Moskau" | |
> Die Ukraine und Georgien werden vorerst nicht in die Nato aufgenommen. | |
> Eine richtige Entscheidung, sagt Ostexperte Rainer Lindner - denn die | |
> Nato habe derzeit drängendere Probleme. | |
Bild: Es wollen ohnehin nicht alle in die Nato: Anti-Beitritts-Demo in Kiew. | |
taz: Herr Lindner, die Nato wird die Ukraine und Georgien noch nicht in den | |
Aktionsplan für die Mitgliedschaft aufnehmen. Was heißt das? | |
Rainer Lindner: Die Nato befindet sich in einem Transformationsprozess und | |
ist gegenwärtig dabei, eine neue Strategie zu erarbeiten. Außerdem hat das | |
Bündnis im Moment drängendere Probleme als die Aufnahme von Georgien und | |
der Ukraine. So geht es darum, ein Scheitern in Afghanistan zu vermeiden. | |
Ist die Vertagung der Aufnahme auch im Hinblick auf die beiden Länder | |
richtig? | |
Ja. Die Arbeit des Parlaments in Kiew wurde wochenlang von der Opposition | |
blockiert. Eine Aufnahme in den Aktionsplan hätte die innenpolitische Krise | |
in der Ukraine nur weiter verschärft. In Georgien drohen die eingefrorenen | |
Konflikte aufzutauen. So hat Russland nach der Anerkennung der | |
Unabhängigkeit des Kosovo zwischenzeitlich eine Anerkennung der | |
Unabhängigkeit Abchasiens erwogen. Ein konkretes Angebot der Nato an Tiflis | |
hätte diesen Prozess weiter verstärkt. | |
Kann man von einem Sieg Russlands sprechen? | |
Wenn wir mit den Kategorien Sieg und Niederlage argumentieren wollen, so | |
kann man nach der Niederlage Russlands in Sachen Kosovo jetzt in der Tat | |
von einem Punktsieg Moskaus sprechen. Zugleich nimmt in Russland die | |
Gewissheit zu, dass eine langfristige Westintegration der Ukraine und der | |
Kaukasusstaaten kaum aufzuhalten sein wird. | |
Hat Russland künftig ein Mitspracherecht bei Beitrittsverhandlungen mit | |
Staaten, die es als sein Einflussgebiet betrachtet? | |
Russland sollte keinesfalls ein Vetorecht gewährt werden. Jedoch scheint es | |
mir sinnvoll zu sein, die Formate Nato/Ukraine/Partnerschaft und | |
Nato/Russland/Rat künftig nicht mehr getrennt voneinander zu diskutieren | |
und Russland stärker an den Strategieüberlegungen der Nato teilhaben zu | |
lassen. | |
Am Wochenende trifft Russlands scheidender Präsident Wladimir Putin mit | |
US-Präsident George W. Bush in Sotschi zusammen. Was erwarten Sie von | |
diesem Treffen? | |
Für Putin und Bush geht es jetzt darum, ihr politisches Vermächtnis zu | |
organisieren. Daran werden sie auch in Sotschi weiterarbeiten. INTERVIEW: | |
BARBARA OERTEL | |
4 Apr 2008 | |
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