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# taz.de -- Dokfilm deutsch-iranischer Frauenfußball: Subversiver Sieg
> Im Dokfilm "Football Under Cover" reisen junge Fußballerinnen aus
> Berlin-Kreuzberg nach Teheran, um die iranische Frauen-Nationalelf
> herauszufordern.
Bild: Autogramme verteilen in Teheran
Es ist eine Binsenweisheit, dass das Kino Helden liebt, die ihren Traum
verwirklichen. Dieser Traum muss gar nicht bigger than live sein. Er kann
auch, wie in dem Dokumentarfilm "Football Under Cover", in einem
vermeintlich einfachen Akt bestehen: Nachzuschauen, wie das eigene Hobby
anderswo betrieben wird. Marlene, die Ich-Erzählerin, spielt in einer
Kreuzberger Mädchenfußballmannschaft, die meisten ihrer Mitspielerinnen
sind arabischer oder türkischer Abstammung. Irgendwann gibt es diese Idee
und ein paar Fragen: Wie wäre es, die iranischen Nationalspielerinnen
herauszufordern? Und was heißt es, in Iran als Fußballerin einer Sportart
nachzugehen, die für sich schon eine Art Geschlechterrevolution ist?
David Assmann und Ayat Najafi folgen den jungen Frauen aus Berlin-Kreuzberg
nach Teheran, wo sie tatsächlich die dortige Nationalmannschaft
herausfordern. Zunächst aber schaut die Kamera den Berlinerinnen beim
Trainieren zu und lauscht ihren Alltagsgesprächen - in denen es meistens um
Fußball geht.
Dass es in den Kreuzberger Wohnzimmern und Küchen, angesichts von älteren
Brüdern und traditionellen Lebensentwürfen, bereits um
Geschlechterverhältnisse geht, denen der Film dann in Iran in Extremform
begegnet, ist klar, wird aber nicht ausgewalzt. In der Kreuzberger
Mädchenmannschaft werden Sprüche geklopft; es gibt ein wuselndes Nebenher
und Miteinander von Kulturen, Religionen, sexuellen Ausrichtungen und
Temperamenten, das, um im Bild zu bleiben, scharfe Flanken in so manchen
monolithischen Multikulti-Diskurs schießt. Wir befinden uns am Görlitzer
Park, und "Prinzessinnenbad" ist auch nicht allzu weit.
Immer wieder wird die Reise nach Iran verschoben. Die dortigen Behörden
halten sich bedeckt, rudern zurück, rücken keine Visa heraus. Das Warten
auf die Spiel- und Reisegenehmigung, die Treffen mit Funktionären und
Regierungsvertretern fügen sich zum Bild eines Willkürregimes, das
unsichtbar, ungreifbar und gerade dadurch bedrohlich erscheint. Auch über
der Fußballbegeisterung der Iranerinnen schwebt diese Mischung aus Trauer
und Damoklesschwert. Etwa wenn eine Spielerin von ihrer Begeisterung für
David Beckham schwärmt, der auf dem Poster noch unerreichbarer scheint als
in westlichen Teeniezimmern. Oder wenn ein Mädchen in Jungenverkleidung in
einem Teheraner Park Fußball spielt: Bei Entdeckung muss sie mit schwerer
Bestrafung rechnen. Im Grunde aber reicht es schon, den Mädchen immer
wieder zuzuschauen, wie sie verschleiert hinter dem Ball her stürmen.
Auch wenn es fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem
heruntergekommenen Stadion stattfindet: Das Teheraner Frauenfußballduell
ist der Triumph, der kleine subversive Sieg, der ganz reale Traum dieses
Films. Trotz Sittenwärterinnen herrscht im Stadion aufmüpfiger Jubel. In
Erinnerung bleiben zugleich die vielen Bilder und Fragen, die den Weg zu
diesem Spiel begleitet haben. Etwa die verschleierte füllige Mutter einer
iranischen Spielerin, die ihrer Tochter beim Training mit offensichtlicher
Leidenschaft den Ball zukickt. Ihr Mann, wird diese Mutter irgendwann
sagen, habe nach der Heirat nicht mehr gewollt, dass seine Frau Fußball
spiele. Das ist dann wohl das Melancholische am Kino, der schönen
Traumerfüllungsmaschine. Meistens wird man zum Helden oder zu Heldin, indem
man die Träume lebt, die sich andere - aus welchen Gründen auch immer -
nehmen ließen.
24 Apr 2008
## AUTOREN
Anke Leweke
## TAGS
Frauenfußball
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