# taz.de -- Anschlag auf indische Touristenmetropole: Mehr als 80 Tote in Jaipur | |
> Die Zahl der Opfer durch den Terroranschlag im indischen Jaipur steigt | |
> weiter. Die Polizei verdächtigt eine muslimische Terrorgruppe. Die | |
> Behörden verhängen eine Ausgangssperre. | |
Bild: Die Zahl der Opfer des Anschlags wird fortlaufend nach oben korrigiert. | |
Nach den verheerenden Anschlägen in der indischen Regionalhauptstadt Jaipur | |
haben die Behörden am Mittwoch über Teile der Altstadt eine Ausgangssperre | |
verhängt, die bis zum Abend andauerte. Die Zahl der Opfer stieg am Mittwoch | |
auf mehr als 80, mindestens 200 Menschen wurden verletzt. Die Polizei nahm | |
mehrere Verdächtige fest. Das Innenminsterium entstandte die "National | |
Security Guards", eine paramilitärische Sonderpolizei-Einheit, in die | |
Stadt. | |
Unbekannte hatten am Dienstagabend innerhalb weniger Minuten auf belebten | |
Marktplätzen und neben zwei Hindutempeln sieben Sprengsätze gezündet, ein | |
achter konnte entschärft werden. Die Bomben waren auf Fahrrädern montiert | |
und mit Nägeln gespickt. | |
Es war der erste Anschlag in Jaipur, der Hauptstadt des bei Touristen | |
beliebten Bundesstaates Rajasthan und der schwerste Anschlag in Indien seit | |
mehr als einem Jahr. Im Februar 2007 waren bei zwei Explosionen in einem | |
Zug zwischen der Hauptstadt Delhi und dem pakistanischen Lahore 66 Menschen | |
getötet worden. Seitdem gab es vor allem in Südindien mehrere kleinere | |
Anschläge. | |
Wie meistens bei Terrorakten in Indien, bekannte sich bislang niemand zu | |
der Tat. Die Sicherheitsbehörden erklärten, die Art des Anschlages und der | |
verwendete Sprengstoff deuteten auf die muslimische Terrorgruppe | |
Harkat-ul-Jehad-e-Islami (HuJI) hin. Die 1984 in Pakistan gegründete | |
Gruppe, die vermutlich von Bangladesch aus operiert, soll für eine Reihe | |
von Terrorakten in Indien und in Bangladesch verantwortlich sein. Auch das | |
1997 in Aligarh gegründete Students Islamic Movement of India (SIMI) und | |
die Terrororganisation Jaish-e-Mohammad sollen daran beteiligt sein. | |
Das Ziel der Terroristen dürfte sein, Indiens Beziehungen zu Pakistan zu | |
verschlechtern und eine Einigung im seit Jahrzehnten schwelenden | |
Kaschmirkonflikt zu torpedieren. Es handelt sich bei den häufigen | |
Anschlägen aber auch um Racheakte wegen antimuslimischer Ausschreitungen in | |
den vergangenen anderthalb Jahrzehnten. Ende 1992 hatten Hindu-Fanatiker im | |
nordindischen Ayodhya eine Moschee gestürmt und dem Erdboden gleichgemacht. | |
Bei anschließenden Zusammenstößen in Bombay töteten Anhänger mehrerer | |
Hindugruppen tausende Muslime. Zehn Jahre später machten Anhänger des | |
fanatischen Welthindurates (VHP) im Bundesstaat Gujarat Jagd auf Muslime | |
und töteten geschätzt mehr als 3000 Menschen. Nur wenige Mörder von damals | |
wurden zur Rechenschaft gezogen. | |
Narendra Modi, Ministerpräsident des Bundesstaats, der Zeugenaussagen | |
zufolge die Pogrome mitorganisiert haben soll, wurde erst vor wenigen | |
Monaten von der Hindu-Mehrheitsgesellschaft seines Bundesstaates im Amt | |
bestätigt. Somit sind die Anschläge vor allem als politische Akte zu sehen. | |
Die in Indien einflussreiche Islamhochschule Deoband, auf die sich die | |
meisten politischen islamischen Gruppen Südasiens berufen, hatte kürzlich | |
in einer Erklärung vor mehr als 10.000 Geistlichen jede Form von Gewalt und | |
Terrorismus als unislamisch abgelehnt und solche Akte verurteilt. | |
14 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Sascha Zastiral | |
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