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# taz.de -- Kommentar Fremdenhatz in Südafrika: Ausdruck der Verrohung
> Niemand kann ernsthaft vertreten, man müsse Migrantinnen aus
> Hochhausfenstern werfen und Flüchtlinge verbrennen, weil es in den
> Townships zu wenig Arbeit gibt.
Südafrika ist eines der ungleichsten Länder der Welt. In Deutschland ist
die Schere zwischen Arm und Reich lächerlich klein im Vergleich zu
Südafrika, wo Wohlhabende und Habenichtse direkt nebeneinander in
verschiedenen Galaxien leben: die einen hinter Mauern in obszönen
Luxussiedlungen mit privaten Wachdiensten, die anderen in miserablen
Elendsvierteln im Griff von Bandenkriminalität. Vierzehn Jahre
demokratische Regierung unter der einstigen Befreiungsbewegung ANC haben
daran nichts grundlegend geändert.
Wenn jetzt arme schwarze Südafrikaner ebenso arme schwarze Einwanderer aus
anderen afrikanischen Ländern jagen, liegt es daher nahe, dies als eine Art
verlagerten Klassenkampf zu bezeichnen: An die hochgerüsteten und
abgeschotteten Reichen kommen die Armen nicht heran; also fallen sie über
ihre Nachbarn her, die mit ihnen um die wenigen Arbeitsplätze und sozialen
Dienstleistungen konkurrieren.
Diese Erklärung wird von vielen politischen Kommentatoren in Südafrika
bevorzugt. Angesichts der Tatsache, dass 2009 in Südafrika gewählt wird,
fachen die Unruhen so die bereits heftige Diskussion um die Wirtschafts-
und Sozialpolitik des ANC weiter an. Aber es greift zu kurz, einfach zu
behaupten, die Täter meinten eigentlich etwas ganz anderes als das, was sie
tatsächlich tun. Fakt ist, dass jetzt in Johannesburg Menschen aufgrund
ihrer Herkunft gejagt und getötet werden. Man mag das für einen Ausdruck
sozialer Unzufriedenheit halten. Aber niemand kann ernsthaft vertreten, man
müsse Migrantinnen aus Hochhausfenstern werfen und Flüchtlinge verbrennen,
weil es in den Townships zu wenig Arbeit gibt.
Die Verrohung der südafrikanischen Gesellschaft in der Zeit der Apartheid
hat sich tief in die Köpfe der Bevölkerung eingegraben. Sie geht einher mit
einer Abschottung vom als minderwertig empfundenen Rest Afrikas. Das gilt
für Schwarz wie für Weiß. Diese geistigen Mauern in den Köpfen sind in 14
Jahren Demokratie kaum abgebaut worden - genauso wenig wie die realen
Mauern zwischen Arm und Reich. DOMINIC JOHNSON
20 May 2008
## AUTOREN
Dominic Johnson
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