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# taz.de -- Radio Multikulti-Chefin über das Aus ihrer Welle: "Man fühlt sich…
> Das Aus für Radio Multikulti trifft nicht nur die Mitarbeiter. Auch den
> Hörern würde künftig nichts Regionales mehr geboten, sagt Chefredakteurin
> Ilona Marenbach.
Bild: Geht davon aus, dass das Aus für ihren Sender entgültig ist: Chefredakt…
taz: Frau Marenbach, wie überraschend war das Aus von Radio Multikulti für
Sie?
Ilona Marenbach: Geahnt hatten wir es schon eine ganze Weile, der
endgültige Beschluss war aber doch eine sehr große Überraschung. Wir haben
bis zum Schluss gehofft, dass sich eine andere Lösung findet.
Wann haben Sie davon erfahren?
Ich habe es 24 Stunden vor meinen KollegInnen erfahren. So hatte ich
wenigstens etwas Zeit, mich vorzubereiten. Ich musste den Beschluss ja
schließlich vor der Redaktion mittragen.
Sehen Sie eine Möglichkeit, die Entscheidung zu revidieren?
Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber ich bin realistisch und gehe davon aus,
dass das endgültig ist.
Wie ist die Stimmung in der Redaktion?
Niedergeschlagen und enttäuscht. Man fühlt sich allein gelassen und auch
abgeschoben. Trotzdem sind meine Kolleginnen und Kollegen Radiomacher mit
Leidenschaft und machen auch weiterhin ein gutes Programm. Die Schicksale,
die sich dahinter abspielen, hört man dort nicht. Was sage ich einem
50-jährigen Redakteur einer Fremdsprachensendung, der Deutsch mit Akzent
spricht, sich in seiner Community und der Politik seiner Heimatlandes
hervorragend auskennt, der gerade vielleicht zum dritten Mal Vater geworden
ist, dessen Familie von seinem Einkommen als freier Mitarbeiter abhängig
ist? Ich weiß genau, er hat auf dem Arbeitsmarkt keine Chance, er hat im
RBB keine Chance, denn seine Expertise wird nicht täglich abgefragt.
Was passiert mit Ihren festen und freien Mitarbeitern?
Der Hörfunkdirektor Christoph Singelnstein und ich sind gerade dabei, ein
Abwicklungskonzept zu entwickeln, das sowohl die Kompetenzen und
Fähigkeiten der Mitarbeiter als auch ihren sozialen Background
berücksichtigt. Ich gehe davon aus, dass der RBB wie versprochen die festen
Mitarbeiter beschäftigt. Jedoch haben die Kollegen Ansprüche und Rechte,
die berücksichtigt werden müssen.
Grund für die Schließung sind die niedrigen Hörerzahlen. Sind die Berliner
selbst schuld, dass ihnen Radio Multikulti nun genommen wird?
Das mit den Hörerzahlen ist so eine Sache. Ich finde, dass 37.000 Hörer
täglich nicht wenig sind, zumal bei dieser Zahl nur die deutschsprachigen
Hörer berücksichtigt werden. Unsere Hörer am Abend, fremdsprachige
Migranten, werden bei der Medienanalyse nicht erhoben. Wenn man das
berücksichtigt, sehe ich nicht ein, weshalb die Berliner selbst schuld sein
sollten, dass ihnen das Radio Multikulti verlorengeht.
Auf Ihrer Frequenz sendet ab Januar das vom WDR produzierte Funkhaus
Europa, das 1998 nach dem Vorbild des Radio Multikulti aufgebaut wurde. Wie
stehen Sie zu dieser Lösung?
Funkhaus Europa und Radio Multikulti sind sehr ähnliche Programme, wir
arbeiten seit Jahren gut zusammen. Ich bin mir sicher, dass wir auf den
Erfahrungen der Zusammenarbeit der Vergangenheit aufbauen können und eine
gemeinsame Lösung finden. Aber wir haben noch nicht miteinander gesprochen.
Ich hoffe, dass weiterhin Zulieferungen aus Berlin gewährleistet und damit
auch Finanzierungsmöglichkeiten für einige meiner Kollegen geschaffen
werden können.
Natürlich wird Funkhaus Europa den regionalen Aspekt nicht so
berücksichtigen können, aber es ist ein gutes Programm. Somit wird es für
die Hörer einen Ersatz geben. Allerdings nicht für die regionale Berliner
Kulturszene. Ob Musiklabels, Bands oder der Karneval der Kulturen, überall
fällt das Radio Multikulti als Unterstützer ersatzlos weg.
INTERVIEW: JULIANE WIEDEMEIER
22 May 2008
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