# taz.de -- Leipziger Indiemusikmesse "Pop Up": Katastrophensehnsucht | |
> Zum siebten Mal fand die Leipziger Indiemusikmesse "Pop Up" statt. Die | |
> Konzerte waren proppenvoll, der CD-Absatz lief okay, aber neue Utopien | |
> sind noch keine in Sicht. | |
Bild: Ein Kilo CDs, bitte!" Die Indiemusik-Messe Popup im Leipziger "Werk II" | |
"Ein Kilo CDs, bitte!" Matthias und Stefan bieten im Leipziger "Werk II" | |
Alben ihres Labels Noisedeluxe Records zum Kilopreis feil. In der alten | |
Fabrikhalle reihen sich überall Biertische voller Tonträger und Laptops | |
auf. Deckungsgleich gestylte Indiekids stöbern nach Schnäppchen und | |
Informationen. Ein Kilo CDs entspricht zehn Tonträgern. Der Ausverkauf, | |
scheints, ist in vollem Gange. | |
Zum natürlichen Leidwesen der Musikmacher und allen, die da im Business mit | |
drinhängen. Am Wochenende traf man sich wieder zur "Pop Up"-Messe in | |
Leipzig. Zum siebten Mal gaben sich Labels, Bookingagenturen und | |
Musikverlage im Stadtteil Connewitz ein Stelldichein. Um mal wieder die | |
Krise der Musikindustrie zu besprechen und ordentlich einen draufzumachen. | |
Konzerte von über 70 Bands wie Saturday Looks Good To Me, Blind Terry oder | |
Kevin Devine fanden auch statt. Krise, welche Krise? Vom | |
Singer-Songwriter-Pop bis zum Electroclash, die Konzerte waren proppenvoll. | |
Die Österreicherin Gustav wurde am meisten bejubelt. "Ich habe eine | |
Sehnsucht nach der nächsten Katastrophe", zwitschert sie ins Mikrofon. | |
Nicht ohne hinzuzufügen: "Lass den Kopf nicht hängen, my Darling, alles | |
renkt sich wieder ein!" | |
Was genau sich in der Musiklandschaft außer gut besuchten Konzerten wieder | |
einrenken wird, wissen die Jungs von Noisedeluxe nicht. Aber dass sich die | |
Pop Up verändern muss, davon sind sie überzeugt. Genau wie Peter Gruse vom | |
Berliner Label Sinnbus. "Am Anfang war der Anreiz, sich unter all den | |
Indieleuten zu vernetzen. Das ist längst geschehen, aber bei diesem | |
Anspruch ist die Messe nun stecken geblieben. Und dann kommt der Blues der | |
Musikbranche hinzu." | |
Sinnbus ist ein Ersatzfamilienunternehmen, bei dem Cover für Bands wie Bodi | |
Bill oder SDNMT noch selbst zusammengeklebt werden. "Man müsste viel mehr | |
internationale Aussteller holen. Bands oder Labels, mit denen man | |
kooperieren kann", fordert Peter Gruse. | |
An den Ständen wird endlos gequatscht, aus anonymen E-Mail-Kontakten werden | |
Geschäftsfreundschaften, und irgendwo schreit der Schauspieler Robert | |
Stadlober mal wieder Schwachsinniges ins Megafon. | |
Auf den Foren suchen Macher nach neuen Utopien. "Wenn wir wüssten, was in | |
den nächsten Jahren passieren wird, wären wir nicht hier", hört man. Also | |
her mit Ideen, Erfahrungen und Plänen! Der eine lässt seine Käufer selbst | |
den Preis für CDs bestimmen - hat nicht so gut funktioniert. Ein anderer | |
will mehr 15-jährige Internetsurfer in den Musikredaktionen sehen - die | |
würden sich schließlich super auskennen. Ein Dritter sieht für Labels | |
überhaupt keine Existenzberechtigung mehr. | |
Wäre er eine Band, würde er alles selbst machen: So entstehen aber keine | |
neuen Utopien. | |
Am Ende des Tages hat Sinnbus ganz gut verkauft. Ja genau, CDs. Und die | |
Kiloware von Noiserecords? "Ging nicht so gut weg wie erwartet." | |
25 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Juliane Streich | |
## TAGS | |
Pop | |
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