| # taz.de -- Demonstrationen in Paris und anderswo: Frankreichs Forscher begehre… | |
| > Tausende protestieren gegen eine Aufteilung des zentralen | |
| > Forschungsinstituts CNRS in sechs Institute. Die Forscher haben Angst vor | |
| > zunehmender Einmischung durch die Politik. | |
| PARIS taz | "Es lebe die freie Forschung" steht auf den Luftballons, die | |
| ForscherInnen am Dienstagnachmittag im Zentrum von Paris aufsteigen lassen. | |
| Andere verschenken ein Buch mit Platons letzter Rede an PassantInnen. | |
| Wieder andere tragen Transparente mit Aufschriften wie "Der kleine Nicolas | |
| bekommt keinen Titel" und "Valéry - Riesin der Fehlschritte". Später machen | |
| die ForscherInnen kurz Halt vor dem für sie zuständigen Ministerium. Von | |
| dort aus gehen sie im Rückwärtsschritt zur Universität. | |
| Nicht nur in Paris, sondern auch in Bordeaux, Lyon, Marseille, Montpellier, | |
| Nizza, Orléans und Toulouse sind an diesem Tag Tausende von ForscherInnen | |
| auf der Straße. Alle Disziplinen sind vertreten: von den | |
| Naturwissenschaften bis zu Literatur und Philosophie. Sie sprechen von | |
| "akademischem Stolz". Ihr gemeinsamer Nenner ist die Gegnerschaft zu den | |
| Plänen von Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Forschungsministerin Valéry | |
| Pécresse. Diese wollen das große französische Forschungsinstitut CNRS | |
| (Centre national de la recherche scientifique) in sechs nationale Institute | |
| aufteilen. Jedes einzelne davon soll eine "von der Regierung nominierte" | |
| Spitze bekommen. "Die Forschung ist zerstückelt. Wir wollen sie öffnen", | |
| begründet Ministerin Pécresse ihr Projekt. | |
| "Die Regierung will die Grundlagenforschung stärker kontrollieren und | |
| bevormunden - wirtschaftlich und politisch", befürchtet | |
| Literaturwissenschaftlerin Marie-Pierre Gaviano. Sie gehört zu der | |
| Initiative "Sauvons lUniversité", die den Aktionstag am Dienstag mit | |
| organisiert hat. Auch der Mathematiker und Präsident der anderen Initiative | |
| "Sauvons la recherche", Bertrand Monthubert, kritisiert das Vorhaben. | |
| Begründung: Der Staat "bevorzugt einzelne Projekte auf Kosten anderer". | |
| Hingegen brauche die Forschung, "um richtig zu funktionieren", so | |
| Monthubert, "die Zusammenarbeit allen Wissens". | |
| Seit die Forschungsministerin in der vergangenen Woche den | |
| Verhandlungstisch mit den VertreterInnen des CNRS verlassen hat, stehen die | |
| Zeichen zwischen den WissenschaftlerInnen und ihr auf Sturm. Ohne auf die | |
| für Mitte Juni bestellten Vorschläge aus dem CNRS zu warten, | |
| veröffentlichte Pécresse bereits ihr Ergebnis der "Konsultationen". Sie | |
| will das CNRS, mit mehr als 30.000 Beschäftigten, in folgende Institute | |
| aufteilen: Mathematik, Physik, Chemie, Ingenieurwissenschaften, | |
| Humanwissenschaften, Ökologie und Biodiversität. Immunforscher Alain | |
| Trautmann stellt fest, dass die Regierung nie von "Biologie", sondern | |
| grundsätzlich nur von "biomedizinischer Forschung" spricht. "Diese Vision | |
| ist kurzsichtig und dumm", so Trautmann, "Ziel ist, die Grundlagenforschung | |
| zu ersticken." | |
| Die ForscherInnen, die bereits mehrfach mit Petitionen gegen Sparpläne und | |
| Bevormundungen durch die Regierungen angetreten sind, fühlen sich | |
| "missachtet". "Kleine Scheibchen anstelle des großen CNRS werden schwächer | |
| sein - sowohl gegenüber der Regierung als auch gegenüber dem Druck aus | |
| Unternehmen", erklärt Literaturwissenschaftlerin Gaviano. | |
| 27 May 2008 | |
| ## AUTOREN | |
| Dorothea Hahn | |
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