# taz.de -- Polizei-Übergriff: Untersuchung fortgesetzt | |
> Gut einen Monat nach den Polizeiübergriffen auf zwei taz-Redakteure | |
> wurden die beiden Opfer als Zeugen vernommen. Dabei zeigt sich: Die | |
> Videoaufnahmen der Polizei vom 1. Mai belegen zumindest einen Faustschlag | |
Im Fall der von Polizisten geschlagenen taz-Redakteure laufen die | |
Ermittlungen offenbar auf Hochtouren. Am Montag wurden die zwei Opfer | |
getrennt voneinander insgesamt sieben Stunden von einer Beamtin des | |
Landeskriminalamts als Zeugen vernommen. Dabei wurden ihnen auch mehrere | |
Videos gezeigt. "Teile des Vorfalls sind deutlich zu sehen", sagt Bert | |
Schulz, Chef vom Dienst der Berlin-Redaktion. Schulz hat am 1. Mai zweimal | |
eine Polizeifaust ins Gesicht bekommen. Der Leiter der Berlin-Redaktion, | |
Gereon Asmuth, war einmal geschlagen worden. Polizei und Staatsanwaltschaft | |
ermitteln wegen Körperverletzung im Amt. | |
Der Vorfall hatte sich am 1. Mai gegen 23.50 Uhr am Rande des Myfests | |
ereignet (taz berichtete). Asmuth und Schulz befanden sich an der Skalitzer | |
Ecke Manteuffelstraße, um die Scharmützel unter der Hochbahn zu beobachten. | |
Die Redakteure, die nicht als Journalisten zu erkennen waren, standen | |
abgesetzt von der Menschenmenge mit zwei Männern zusammen. "Auf dem Video | |
ist zu sehen, wie mir ein Polizist mit weißem Helm en passant im | |
Vorbeigehen die Faust ins Gesicht haut", so Schulz. Die meisten anderen | |
Polizisten hätten dunkle Helmüberzüge getragen. Kollege Asmuth war Zeuge | |
des Vorfalls. Aus den Aufnahmen gehe hervor, dass der Polizeischläger | |
einfach weiterlief und versuchte, einen jungen Mann festzunehmen. "Dadurch | |
ist der Beamte ziemlich lange im Bild", so Schulz. "Seine Polizeikollegen | |
müssten ihn eigentlich identifizieren können." | |
In der Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, dass Schläger in Uniform nur | |
schwer zur Verantwortung zu ziehen sind, weil die Truppe aus Corpsgeist | |
zusammenhält. Die gleichaussehenden Schutzanzüge und Helme machen sie für | |
Außenstehende ununterscheidbar. Deshalb fordern Bürgerrechtsgruppen schon | |
lange, die Demonstrationseinheiten mit inviduellen Kennzeichen | |
auszustatten. Doch die von Rot-Rot in Aussicht gestellte Reform blieb 2005 | |
auf halben Wege stecken: Einzige Neuerung war, dass die aus zehn Beamten | |
bestehenden Kleingruppen durch ein gemeinsames Kennzeichen von anderen | |
Kleingruppen unterscheidbar sind. | |
Polizeipräsident Dieter Glietsch hat mehrfach angekündigt, die individuelle | |
Kennzeichnungspflicht sofort einzuführen, wenn es einen Fall gebe, in dem | |
Beamte wegen mangelnder Identifizierbarkeit nicht belangt werden könnten. | |
Bislang sei ihm so ein Fall nicht untergekommen, so Glietsch erst kürzlich | |
wieder in einem taz-Gespräch. | |
Bei ihrer Vernehmung wurden die taz-Redakteure auch mit einem eineinhalb | |
Seiten langen Fragebogen der Staatsanwaltschaft konfrontiert. "Nicht nur | |
die Polizei, auch die Staatsanwaltschaft scheint großes Interesse an der | |
Aufklärung zu haben", stellt Asmuth fest. Beeindruckt hat ihn auch der | |
Zusammenschnitt von ingesamt fünf Polizeivideos. "Es ist frappierend, was | |
man auf den Bildern alles sieht. Dort aber, wo es dunkel ist oder eine | |
dichte Menschenmenge steht, funktioniert auch die Polizeikamera nicht." Die | |
von der "Einsatzgruppe Video" erstellte Schau steht übrigens unter dem | |
lateinischen Motto: "Quod erat demonstrandum". Zu Deutsch: was zu beweisen | |
war. | |
27 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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