# taz.de -- Erste Homo-Ehe in Griechenland: Griechische Liebe | |
> Auch im Vaterland der Homosexualität sind gleichgeschlechtliche Ehen nun | |
> möglich. Ende Juni wird das erste Homo-Paar getraut. Wieso erst jetzt? | |
Bild: In Südafrika bereits Geschichte: die Legalisierung der Homo-Ehe. | |
Kaliforniens höchste Richter haben die rechtliche Besiegelung | |
gleichgeschlechtlicher Partnerschaften für rechtens erklärt, und zwar als | |
gleichberechtigt mit der klassischen Ehe - und überhaupt gibt es fast keine | |
westlich-rechtsstaatlichen Länder mehr, in denen für schwule oder lesbische | |
Paare keine Heiratsrechte existieren. Nachzüglich kommt nun Griechenland. | |
Und das ist auch deshalb eine besonders hübsche Pointe, weil dieser Flecken | |
Erde doch als Topos schlechthin von kulturalisierter Homosexualität gilt, | |
ja, als Wiege der gleichgeschlechtlichen Liebe. Sappho buhlte auf Lesbos, | |
und unter griechischen Philosophen galt der pädagogische Eros zu Knaben | |
nicht nur als theoretische Übung, sondern als handfestes Begehren. Ein Mann | |
werde erst zum Mann, habe ihn ein anderer Mann in die Wonnen sexueller Lust | |
eingeweiht. | |
Und wie wurde die Homoehe nun in Griechenland durchgesetzt? Indem das | |
griechische Parlament einen entsprechenden Beschluss fasste, "Liebe als | |
Passion" (Niklas Luhmann) entdeckte und das Ehebegehren nicht mehr | |
heterosexuellen Geschäftsbedingungen unterwerfen wollte? Nein, so synchron | |
mit der westlichen Moderne gehen hellenische Uhren noch nicht. | |
Anastasios Aliferis, der Bürgermeister von Tilos, einer Dodekanes-Insel in | |
der Ägäis, will Ende Juni ein homosexuelles Paar standesamtlich trauen - | |
welchen Geschlechts es ist, möchte er noch nicht verraten. Möglich gemacht | |
wird dies, weil das griechische Parlament 1982 ein Gesetz verabschiedete, | |
in dem die Rede davon ist, eine Ehe werde unter "zwei Menschen" | |
geschlossen. Von deren differenten biologischen Geschlechtern ist keine | |
Rede - und Anastasios Aliferis erkannte darin eine bequeme Gesetzeslücke, | |
um zu ermöglichen, was dem gesunden Menschenverstand ganz nahe liegt: Eine | |
Ehe ist ein Gelübde zweier Liebender - längst nicht mehr eine Konstruktion | |
aus Rekreationserwägungen. Kinder kanns nämlich auch ohne Ehe geben, | |
nötigenfalls auch ohne lebenslange Liebe. | |
## Trotzdem ein Erfolg | |
Für die griechische Gemeinde der Homosexuellen ist diese Trauung ein | |
wichtiger Erfolg. Sie kämpft seit Jahren um die Anerkennung von | |
Eheschließungen oder eingetragenen Partnerschaften zwischen Menschen | |
gleichen Geschlechts. | |
Die orthodoxe Kirche Griechenlands, klar doch, lehnt diesen Coup ab: "Das | |
Leben zweier Menschen außerhalb der Ehe ist Prostitution und eine Bombe in | |
den Fundamenten der Gesellschaft," hieß es noch in einer Erklärung der | |
Synode der Bischöfe Ende März. Was die Religiösen eben so reden, wenn sie | |
nichts mehr mitzuteilen haben. Plunder, schrilles Geklingel, blasphemisch | |
gegen die wichtigste Idee aller Religionen, die der Liebe. | |
Griechenlands HomovorfahrInnen aber können ohnehin nicht gemeint sein. Das, | |
was als griechische Liebe verstanden wird, ist ein pädosexuelles | |
Verhältnis, ein Lehrer-Schüler-Bund mit einer Hierarchie, die jede | |
zeitgenössische Idee von Partnerschaft verhöhnt. Pädosexuell war aber das | |
Stigma, das allen Homosexuellen anhing, um ihre Sehnsüchte als | |
missbrauchend zu diffamieren. | |
Tilos könnte ein Wallfahrtsort werden. Philosophische Nachhilfe in | |
Griechentum unnötig. Lust und Liebe reichen! | |
29 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
## TAGS | |
Griechenland | |
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