# taz.de -- Deutsche-Welle-Intendant Bettermann: "Wir sind keine PR-Agentur" | |
> Deutsche-Welle-Intendant Erik Bettermann über den Wandel der Aufgaben | |
> seines Senders, den Abschied vom Sendebetrieb über analoge Kurzwelle - | |
> und das Aus für Radio Multikulti. | |
Bild: "Fernsehen funktioniert als Türöffner in einer Region": Deutsche-Welle-… | |
taz: Herr Bettermann, Radio Multikulti wird zum Jahresende aus | |
Kostengründen eingestellt. Die Deutsche Welle ist auch ein internationales | |
Programm - wie beurteilen Sie die Entscheidung des RBB? | |
Erik Bettermann: Das ist natürlich Sache des RBB, aber ich bedauere diesen | |
Verlust. Diese Mehrsprachigkeit von Radio Multikulti ist ja auch ein Stück | |
Multikulturalität. Berlin verliert damit ein Flaggschiff. Das trifft die | |
ARD umso gravierender, da die süddeutschen ARD-Anstalten sich ja schon | |
länger von Multilingualität im Programm verabschiedet haben. | |
Das wirft man ja auch der Deutschen Welle vor: Vor allem im TV-Bereich soll | |
das englischsprachige Programm weiter ausgebaut werden - zu Lasten der | |
deutschen Sprache. | |
Die Deutsche Welle gibt es seit über 50 Jahren, die Rolle Deutschlands in | |
der Welt hat sich in dieser Zeit stark verändert - und natürlich sind diese | |
Veränderungsprozesse nicht spurlos an uns vorüber gegangen. Heute ist die | |
Deutsche Welle die mediale Visitenkarte der Bundesrepublik Deutschland, was | |
aber nicht heißt, dass wir die PR-Agentur der Deutschland-AG wären. Wir | |
senden auch künftig in einer Vielzahl von Sprachen. | |
Dennoch ist DW-TV ein reiner Elitensender. | |
Internationale Sender erreichen doch nie die breite Masse - das gilt für | |
jeden Auslandssender von BBC World bis CNN. Ich mag die Begriffe Info-Elite | |
oder Multiplikatoren auch nicht so gern, weil sie sich tatsächlich sehr | |
abgehoben anhören. Aber natürlich erreichen wir nur eine vorgebildete, am | |
Ausland interessierte Gruppe. Und bei der muss ich mit meinem Programm | |
ansetzen. | |
Jetzt ist geplant, die Ausstrahlung über analoge Kurzwelle nach und nach | |
einzustellen. Verabschieden Sie sich aus Kostengründen vom nicht so | |
"vorgebildeten" Publikum? | |
Dieser Schritt ist unvermeidbar. Das machen wir aber nicht allein, weil die | |
Ausstrahlung über analoge Kurzwelle so teuer ist. Sondern weil die Menschen | |
selbst in klassischen Radiokontinenten wie Afrika diesen Übertragungsweg | |
nur noch begrenzt nutzen, vorrangig in den ländlichen Gebieten. In den | |
Städten muss man über UKW senden, um die Menschen zu erreichen. Die | |
Deutsche Welle will aber nicht zum Landfunk werden. In einigen Gebieten - | |
wie zum Beispiel China - werden wir aus politischen Gründen sicherlich | |
länger via Kurzwelle senden, da haben wir ein hohes Maß an Flexibilität. | |
Wie sieht es da konkret aus? | |
Es gibt seit Jahren Probleme in China - ganz unabhängig von Olympia. Auch | |
deshalb ist die Situation der Medien und der Zivilgesellschaft in China ein | |
wichtiges Thema des "Deutsche Welle Global Media Forums", das heute in Bonn | |
endet. Wir haben 2004 bei den chinesischen Behörden eine Lizenz beantragt, | |
um unser TV-Programm über Satellit ausstrahlen zu dürfen. Darüber ist aber | |
bis heute nicht entschieden worden. Im Internet wird das DW-Angebot auch | |
gestört und die Website immer wieder weiß geschaltet. Da ist dann einfach | |
nichts drauf - und das sogar bei eigentlich ganz unverfänglichen Dingen wie | |
der Fußball-Bundesliga-Seite [1][www.germanfootball.cn]. Immerhin ist DW-TV | |
einer von 20 Sendern, die man im Olympischen Dorf empfangen können soll. | |
Wie soll die Deutsche Welle denn künftig ihre internationalen Zielgruppen | |
erreichen? | |
Das Fernsehen funktioniert als Türöffner in einer Region. Und zur | |
Vertiefung gibt es dann entweder ein Hörfunkprogramm oder unsere Website in | |
der jeweiligen Landessprache inklusive Audio- und Videopodcasts. Wir wollen | |
die Konvergenz unser drei Medien TV, Radio und Online weiter stärken. | |
Dazu werden am Standort Bonn auch Hörfunk- und Online-Redaktionen | |
zusammengelegt werden, was zu Turbulenzen führt: Laut Mitarbeiterbefragung | |
haben 51 Prozent erklärt, die Stimmung bei der Deutschen Welle sei | |
schlechter geworden. Und Sie selbst haben erklärt, die Kommunikation im | |
Haus, auch zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitern, lasse klar zu | |
wünschen übrig. | |
Ich mache keinen Abstrich von dem, was Sie eben zitiert haben. Wir | |
diskutieren das derzeit sehr intensiv. Es geht vor allem um die interne | |
Kommunikation. Das ist zum einen die Frage nach dem Selbstverständnis | |
innerhalb von Hierarchien, von Vorgesetztenrollen - das fängt bei mir, dem | |
Intendanten, an. Dazu kommen die jetzt angeschobenen Reformprojekte - | |
natürlich gibt es da Ängste bei den Mitarbeitern. Nehmen Sie den Ausstieg | |
aus der analogen Kurzwelle: Davon ist eine ganze Technik-Abteilung | |
betroffen. Aber Medienunternehmen müssen reformfähig bleiben. Außerdem habe | |
ich garantiert, dass es in meiner Amtszeit keine betriebsbedingten | |
Kündigungen geben wird. Dass es aber Veränderungsbereitschaft geben muss, | |
die Leute sich zum Beispiel umschulen lassen, versteht sich doch von | |
selbst. Dass das auch zu Unruhe führt, ist klar. | |
INTERVIEW: STEFFEN GRIMBERG | |
4 Jun 2008 | |
## LINKS | |
[1] http://www.germanfootball.cn/ | |
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