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# taz.de -- Cem Özdemir will Grünen-Chef werden: "Ich bin Grüngrüner"
> Er scheue eine Kampfkandidatur gegen Künasts Favorit Volker Ratzmann
> nicht. Und im EU-Parlament habe er gelernt, dass nicht immer nur die
> eigenen Leute Recht haben. sagt Cem Özdemir
Bild: Ich habe erklärt, dass ich kandidiere. Volker will sich offenbar erst no…
taz: Herr Özdemir, im März sagten Sie auf die Frage, ob Sie
Grünen-Parteichef werden wollten: "Ich kenne meine Schwächen. Das Führen
einer Partei trau ich mir nicht zu." Was hat sich seither geändert?
Cem Özdemir: Ich freue mich über die Unterstützung aus der Partei für meine
Person. Es gibt bei uns eine ganze Reihe jüngerer Grünen-Politiker mit der
Bereitschaft, im Team etwas zu bewegen. Ich will meinen Beitrag leisten,
damit die Grünen bei den Wahlen 2009 mit Renate Künast und Jürgen Trittin
an der Spitze erfolgreich sind.
Das "Team" sind die Realos, die Sie bearbeitet haben, zu kandidieren - die
Sächsin Antje Hermenau oder Tarek Al-Wazir aus Hessen. Besetzen Sie den
Bundesvorstand gleich mit?
Claudia Roth genießt mit gutem Grund flügelübergreifend höchste Akzeptanz
und ich schätze sie sehr. Im Übrigen geht es nicht darum, dass die Reformer
den Bundesvorstand besetzen, sondern ihre Ideen einbringen und wir
flügelübergreifend grüne Politik weiterentwickeln. Wer anderes im Sinne
hat, ist bei mir an der falschen Adresse.
Jürgen Trittin ist der Spitzenkandidat des linken Flügels. Renate Künast
allerdings hätte gern Volker Ratzmann als Parteichef. Stehen da neue
Führungsquerelen ins Haus?
Ich habe erklärt, dass ich kandidiere. Volker will sich offenbar erst noch
beraten und dann entscheiden. Ich schätze ihn, und er wäre ein mehr als
respektabler Kandidat. Ich sehe in einer potenziellen Kandidatur von zwei
Bewerbern keine Querelen, sondern einen ganz normalen innerparteilichen
Vorgang.
Bei einer Kampfabstimmung wird der Realo-Flügel gespalten sein - womit also
der linke Flügel über den Realo-Kandidaten entscheiden darf. Stimmts?
Ach, bis dahin wird noch so viel Wasser den Neckar herunterfließen und es
wird noch viele Gespräche geben. Ich bin zuversichtlich, dass wir zu einer
guten Lösung kommen.
Ihre Themen ähneln denen der Ko-Parteichefin in spe Claudia Roth sehr:
Inneres, Bürgerrechte, Integration. Wer macht jetzt Soziales und Umwelt?
Ich möchte daran erinnern, dass ich über die Ökologie zu den Grünen
gekommen bin. Ich bin in Brüssel außenpolitischer Sprecher meiner Fraktion,
habe im CIA-Sonderausschuss gearbeitet. Dass ich als Integrationspolitiker
bekannt bin, liegt auch an den Medien. Die Wahrnehmung von mir läuft zwar
über dieses nicht gerade unwichtige Thema. Doch ein Schwerpunkt wird aber
mindestens genauso sein, wie wir Grüne soziale Gerechtigkeit in Zeiten der
Globalisierung und des Klimawandels definieren.
Was haben Sie nach Ihrem Abgang aus der Bundespolitik 2002 in Brüssel
gelernt, das Sie zurück nach Berlin bringen?
Im EU-Parlament hat man es nicht etwa bloß mit einem Fünfparteiensystem zu
tun. Sondern man muss mit zum Teil täglich wechselnden Mehrheiten umgehen.
An einem Tag erstelle ich mit einer linken Mehrheit den Bericht über die
geheimen CIA-Flüge, am nächsten verabschiede ich mit den Konservativen eine
Kuba-Resolution. Man lernt in Brüssel, dass nicht immer die Eigenen nur
recht haben. Man lernt aber auch, zu verhandeln, zu integrieren und
Kompromisse zu finden.
Union und FDP werden bis zur Bundestagswahl 2009 versuchen, die Grünen für
eine Jamaika-Koalition einzukaufen. Geben Sie ihnen eine Chance?
Es ist ja nicht das Schlechteste, dass unsere Attraktivität zugenommen hat
und Grüne Gehör finden. Wenn ich mir eine Wunschkoalition basteln könnte,
wären darin der NRW-Integrationsminister Armin Laschet von der CDU, die
Bürgerrechtler von der FDP Max Stadler und Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger ebenso wie Petra Pau von den Linken. Doch es
ist kein Wunschkonzert. Wir werden auf der Grundlage unserer Projekte 2009
eine Wahlaussage treffen. Aber eine Koalition mit der Roland-Koch-CDU wird
es nicht geben.
Und mit der Merkel-CDU?
In der neuen, sich gar so modern gebenden Union steckt die alte Union - sie
will die Herdprämie, sie stellt die Haushaltskonsolidierung infrage, sie
steht auf der Klimabremse. Ich bin kein Schwarzgrüner und kein Rotgrüner,
ich bin Grüngrüner.
INTERVIEW: ULRIKE WINKELMANN
4 Jun 2008
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