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# taz.de -- Nazis im Web: Hass 2.0
> Nazis platzieren Links und Propaganda auf beliebten Web2.0-Seiten wie
> YouTube oder SchülerVZ, um Jugendliche anzulocken. Jugendschützer sehen
> die Verantwortung bei den Providern.
Bild: "Nichts für uns, alles fürs Vaterland!"
Das Video zeigt zwei Jugendliche vor blauem Hintergrund. Sie sind etwa 18
oder 19 Jahre alt, dem einen sieht man die Reste einer Pubertätsakne an.
Nichts an ihnen ist bedrohlich. Doch auf ihren T-Shirts stehen nicht die
Namen der Lieblingsband oder des favorisierten Fußballvereins. Auf ihren
T-Shirts steht "Widerstand Rhein/Main" und "Fuck Israel". "Hallo
Bundesregierung", sagt der eine in die Kamera. "Wir sind mit dem, was Du
machst nicht einverstanden", der andere. Was folgt, ist ein knapp
eineinhalb Minuten dauerndes Destillat rechtsextremen Gedankenguts, das in
der emphatisch ausgerufenen Forderung gipfelt: "Nichts für uns, alles fürs
Vaterland".
Der Videoclip mit dem Titel "Nazis vs. BRD" steht seit etwas mehr als einem
halben Jahr auf der Videoplattform YouTube zum Download bereit. 20.000 Mal
ist er bisher aufgerufen worden. Der Propagandafilm der vermeintlich
harmlosen Kids ist keine Ausnahmeerscheinung, ebensowenig wie seine
Machart. Jugendschutz.net, die zentrale Stelle der Bundesländer für den
Jugendschutz im Internet, hat im Jahr 2007 bei YouTube knapp 700 Videos mit
rechtsextremen Inhalten dokumentiert. Jugendschutz.net hat unter anderem
die Aufgabe, die Entwicklung der rechtsextremen Szene im Web zu beobachten.
Das Monitoring im Jahr 2007 erbrachte: Die rechtsextreme Szene hat das
sogenannte Web 2.0 für sich entdeckt. Damit Jugendliche ihre Seiten im Web
finden, platzieren Nazis geschickt Links und Propaganda auf beliebten
Web2.0-Seiten wie YouTube oder SchülerVZ. "Web2.0-Angebote werden ganz
gezielt genutzt, um auf rechtsextreme Inhalte zu verweisen", so Stefan
Glaser, Projektleiter für den Bereich Rechtsextremismus bei
jugendschutz.net.
Nazis laden aber nicht nur Videos auf YouTube hoch und nutzen Social
Networks wie SchülerVZ und Myspace. Sie passen auch ihre eigenen Seiten dem
multimedialen Web2.0-Stil an. Viele Inhalte dieser Seiten entsprechen kaum
noch der dumpfen Propaganda früherer Jahre. "Rechtsextreme Websites sind
nicht immer als rechtsextreme Websites zu erkennen", so Glaser. "Es gibt
immer mehr jugendaffine Lockangebote im Internet." Handyvideos zum
Herunterladen, die man dann auf dem Schulhof tauschen kann, sind auf
rechtsextremen Seiten keine Seltenheit mehr. Und diese Seiten werden immer
mehr. In 2007 sichtete jugendschutz.net 1.635 rechtsextreme Websites, so
viele wie noch nie. Allein die NPD und die ihr nahe stehende
Kameradschaftsszene steigerten ihre Internetpräsenz um 30 Prozent auf 490
Websites gegenüber dem Vorjahr.
Die Experten von jugendschutz.net beobachten das "rechtsextreme Subnetz",
wie Glaser es nennt, aber nicht einfach nur. Wenn sie eine Seite als
rechtsextrem einstufen, wenden sie sich an den jeweiligen Provider, auf
dessen Servern die Daten liegen. Wenn es um ein ein Video oder ein Profil
in einem Social Network geht, drängen sie bei dem jeweiligen Betreiber
darauf, die Inhalte zu löschen. In 80 Prozent der Fälle haben sie damit
Erfolg.
Auch bei Google, dem Betreiber von YouTube, will man das Problem, dass
Rechtsextreme die Plattform für ihre Zwecke nutzen, inzwischen erkannt
haben. Seit kurzem unterstützt YouTube etwa die Initiative
"Netz-gegen-Nazis.de" mit einem eigenen Videokanal. Und auch die
Zusammenarbeit mit den Experten von jugendschutz.net funktionierte im
vergangenen Jahr nicht schlecht. "Von 1300 Videos, die wir Google gemeldet
haben, sind inzwischen 1250 gelöscht worden", erklärt Glaser von
jugendschutz.net. Dennoch findet man noch immer problemlos rechtsextreme
Videos bei YouTube, etwa Musikclips der indizierten Band "Landser". Wenn
man "Landser" in die Suchzeile eingibt, erhält man außerdem Vorschläge, den
Suchbegriff zu vervollständigen: "Landser SS", "Landser Rudolf Hess" und
"Landser Opa war Sturmführer" lauten solche Vorschläge dann. Aber auch im
StudiVZ der VZ-Gruppe - immerhin offizieller Online-Partner der Initiative
"Netz-gegen-Nazis.de" - findet man problemlos Gruppen wie "Vaterland, meine
Ehre heißt Treue" oder "Wenn es um Geld geht, bin ich Jude".
Glaser fordert daher, von der Internet-Industrie, dass sie derartige
Inhalte in Eigenregie herausfiltert und löscht. "Die Provider müssen mehr
Ressourcen einsetzen, um Hass im Internet zu unterbinden." Wie so etwas
aussehen kann, zeigte im vergangenen Jahr der Webhoster Rapidshare. Auf
Hinweis von jugendschutz.net entfernte Rapidshare 90 Rechtsrock-Alben von
seinen Servern. Um zu verhindern, dass die rechtsextreme Musik unter
anderen Dateinamen wieder hochgeladen werden kann, führte Rapidshare eine
schwarze Liste von Dateien ein, die seither von vornherein geblockt werden.
6 Jun 2008
## AUTOREN
Christian Salewski
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