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# taz.de -- 14-jährige Polin nach Vergewaltigung schwanger: Zum Mutterglück g…
> In Lublin wird ein Mädchen durch eine Vergewaltigung schwanger. Ihre
> Versuche abzutreiben, werden von der katholischen Kirche und
> Pro-Life-AnhängerInnnen verhindert.
Bild: So hat's die Katholische Kirche Polens gern!
WARSCHAU taz Agata ist schwanger. Für die 14-jährige Polin ist das eine
Katastrophe: "Das war eine Vergewaltigung. Er zwang mich zu allem mit
Gewalt. Ich hatte blaue Flecken." Zunächst erzählte sie niemandem davon,
auch der eigenen Mutter nicht. Als der Schwangerschaftstest, den sie in der
Schulpause machte, positiv ausfiel, ging sie zum ersten Mal in ihrem Leben
zum Gynäkologen. Dieser rief die Polizei an, die sich wiederum mit der
Mutter in Verbindung setzte. "Ich wollte es ihr sagen, aber ich wusste
nicht wie", weint Agata.
In Polen ist Sexualität nach wie vor ein Tabu. Auch in der Schule gibt es
kaum Aufklärungsunterricht. Der Vergewaltiger, kaum älter als Agata, war
ihr Schulfreund. Nach gründlicher Überlegung kamen Agata und ihre Mutter
zum Schluss, dass ein Schwangerschaftsabbruch die beste Lösung sei.
Das sehr restriktive Abtreibungsrecht Polens lässt einen Abbruch zu, wenn
Gefahr für das Leben der Mutter droht, bei schweren Missbildungen und
Vergewaltigungen. Im südpolnischen Lublin stellten Arzt und
Staatsanwaltschaft die erforderlichen Papiere aus, Mutter und Tochter
erklärten sich schriftlich mit dem Eingriff einverstanden.
Doch im Krankenhaus wurde Agata zunächst ins Arztzimmer gebeten, wo bereits
ein katholischer Priester auf sie wartete. Die Ärztin, die den Eingriff
vornehmen sollte, ließ das Mädchen mit dem Priester allein. "Er redete auf
mich ein, das Kind doch zu bekommen."
Priester Krzysztof Podstawka leitet den Fonds "Schutz des Lebens" der
Erzdiözese Lublin sowie ein Haus für alleinstehende Mütter. Als die Ärztin
zurück ins Zimmer kommt, bietet sie Agata die Adoption an. Sie könne sie
und ihr Baby adoptieren. Agata müsse nur das Kind zur Welt bringen. Den
Eingriff werde sie auf keinen Fall durchführen. "Sie diktierte mir, was ich
schreiben soll", erklärt Agata später. Es war eine Erklärung, derzufolge
sie doch die Schwangerschaft austragen wolle.
Die Erklärung wird zu den Akten genommen. Dann geht es Schlag auf Schlag.
Agatas Mutter wendet sich hilfesuchend an die Warschauer Föderation für
Frauen und Familienplanung. Diese findet einen anderen Arzt, der bereit
ist, den Eingriff vorzunehmen. Doch als Mutter und Tochter im Warschauer
Krankenhaus eintreffen, sitzt dort bereits der Lubliner Priester in
Begleitung von einigen Anhängerinnen der Bewegung Pro-Life. Agata bekommt
eine große Pralinenschachtel mit der Aufschrift "Öffne dein Herz!"
geschenkt. Es ist von Liebe die Rede, von einem Geschenk Gottes, von
Mutterglück.
Agata beginnt tatsächlich zu zweifeln. "Ich wollte es allen recht machen",
erzählt sie. "Ich habe zu allem Ja gesagt, damit sie mich nur in Ruhe
lassen." Das sollte sich bitter rächen. Die Polizei, zu der sich Mutter und
Tochter flüchten, um dem Priester und seinen Pro-Life-Anhängerinnen zu
entkommen, bringt Agata in ein gefängnisähnliches Fürsorgeheim nach Lublin.
Gegen die Mutter ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft. Ihr soll das
elterliche Erziehungsrecht aberkannt werden, da sie angeblich Agata zur
Abtreibung zwingen wollte. "Ich will Mutter werden, wenn ich erwachsen
bin", weint der Teenager. "Nicht jetzt. Ich will wieder zu meiner Mutter."
In einer knappen Woche endet die Frist für den legalen Abbruch.
12 Jun 2008
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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