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# taz.de -- Interview zu Obamas Außenpolitik-Konzept: "Ein 'Nein' wird etwas k…
> Die Deutschen werden die Hilfsgesuche von Barack Obama nicht zurückweisen
> können. Es wird eine neue Allianz geben, sagt der US-Professor für
> Internationale Politik, Daniel Hamilton.
taz: Herr Hamilton, anfangs wollte Barack Obama in Berlin am Brandenburger
Tor sprechen? Ein Fehler?
Daniel Hamilton: Ich fand es eine tolle Idee, dass ein
Präsidentschaftskandidat im Herzen Europas zu den Herausforderungen der
Neuen Welt sprechen wollte. Es steht in einer wichtigen amerikanischen
Tradition, in Berlin solche Reden zu halten. Ich glaube, Obama wollte ein
Zeichen setzen, dass er Europa wichtig findet, dass er eine neue
Partnerschaft sucht und dass insbesondere Deutschland dabei eine wichtige
Rolle spielt.
Verstehen Sie, dass die Bundeskanzlerin diesem symbolischen Akt nicht
zugestimmt hat?
Ich verstehe, dass die Bundesregierung nicht den Eindruck erwecken will,
dass sie einen Kandidaten bevorzugt. Auf der anderen Seite hat die Stadt
Berlin gesagt, dass sie dafür ist, und eigentlich ist es ja die Stadt, die
Obama besucht. Ich finde es sehr imponierend, dass Obama sich gerade Berlin
ausgesucht hat. Er ist ja auch in London und Paris, und dort spricht er
nicht.
Nützt es Obama zuhause, von den Deutschen bejubelt zu werden - oder schadet
es ihm eher, von Irakkriegsgegnern gefeiert zu werden?
Nein, nein. Die Europäer sind die wichtigsten Verbündeten der USA, und
Obama will mit dieser Reise ein Zeichen setzen. Außerdem ist Obama
Vorsitzender des europäischen Ausschusses im Senat, deswegen hat er diese
Reisen auch von Amts wegen nötig. Wenn er vor der Wahl nicht nach Europa,
Afghanistan und auch in den Irak fliegen würde, würde man das komisch
finden und fragen, was es mit seiner außenpolitischen Erfahrung eigentlich
auf sich hat.
Hat Obama für eine Verbesserung der transatlantischen Beziehungen mehr zu
bieten als eine Charme-Offensive?
Ich glaube schon (lacht). In den USA sagen viele: "Wenn Amerika Obama
wählt, dann wird mein Land anders über sich selber denken." Aber auch die
Welt würde dann anders über Amerika denken. Es ist wirklich eine Chance,
ein bisschen das andere Amerika zu zeigen. Auf der anderen Seite: Ein
unilaterales Amerika hat auch keine Forderungen an die Partner gestellt,
die wollten alles alleine machen. Obama hingegen wird die Partner
vermutlich auch fordern.
Was kommen denn für Erwartungen, zum Beispiel für den Afghanistan-Einsatz,
auf uns zu?
Es ist sehr wichtig, dass wir in Afghanistan Erfolg haben. Das gilt für
McCain wie für Obama. Und die Erwartung ist, dass die Europäer mitmachen.
Wir alle müssen begreifen, dass die größte Sicherheitsgefahr für
Deutschland wie für Amerika aus der Grenzregion zwischen Afghanistan und
Pakistan kommt. Denn hier werden Terrorgruppen ausgebildet, die auch in
Europa Leute in die Luft sprengen können. Unser aller Sicherheit ist
betroffen. So, wie ich die Debatte in Deutschland verstehe, wird der
Bundestag das Mandat für die deutschen Truppen auf 14 Monate verlängern,
damit der Aghanistaneinsatz nicht Thema der Bundestagswahl wird. Bis dahin
wird es sehr schwierig für Deutschland sein, überhaupt etwas zu machen.
Deswegen werden die Amerikaner voraussichtlich in den ersten Monaten der
neuen Administration etwas enttäuscht werden.
Gibt es weitere Themen, bei denen Sie mit Verstimmungen rechnen?
Irak. In den letzten Jahren gab es diese unausgesprochene Übereinkunft: Die
Amerikaner fragen nicht, und die Europäer bieten ihre Hilfe nicht an.
Dieses Gentlemens Agreement wird mit der neuen US-Regierung beendet werden.
Immerhin ist die Instabilität Iraks auch eine Gefahr für Europa. Eine
instabile Achse im Nahen Osten ist also für niemanden gut. Und Obama wird
sagen: "Das ist nicht mein Krieg, ich war auch dagegen. Aber Leute, wir
haben ein Problem und das müssen wir lösen!" Vermutlich wird er die
Europäer nicht um Truppen bitten. Aber wir sind an einem Punkt angelangt,
wo Europa doch helfen könnte, und zwar mit humanitärer Hilfe, mit
wirtschaftlichem Engagement und der Beteiligung an einer regionalen
Sicherheitsarchitektur. Viele in den USA wünschen sich eine europäische
Beteiligung, da wir alleine ja nicht weiter gekommen sind.
In seiner außenpolitischen Grundsatzrede hat Obama während 38 Minuten nur
ein einziges Mal London und Berlin erwähnt. Wird die Weltpolitik der USA
sich auch künftig vor allem auf den Irak, Iran und Afghanistan
konzentrieren - und Europa zwar als Helfer anfragen, sich aber darüber
hinaus nicht weiter für uns interessieren?
Man muss die Welt anschauen, wie sie heute ist. Dank unserer Partnerschaft
sind Nordamerika und Westeuropa die stabilsten und friedlichsten Orte der
Welt. Und wir sollten daraus die Erkenntnis gewinnen, dass die die
Herausforderungen dieser Beziehung heute lautet: Sind die Amerikaner und
die Europäer fähig und willig, globale Konflikte anzupacken wie
Klimaschutz, Terrorismus und Regionalkonflikte in Afrika und dem Nahen
Osten? Das ist die neue Messlatte der Partnerschaft. Wenn wir uns einig
sind, bilden wir den Kern jeglicher effektiver globaler Korrelation. Wenn
nicht, sind wir die Bremse. Wie im Falle des Kioto-Abkommens, bei dem die
größte Volkswirtschaft der Welt nicht dabei ist. Oder wie im Irak, wo die
sogenannte Supermacht versucht hat, das alleine zu regeln; auch das ist
schief gegangen. Wir müssen also eine neue Partnerschaft begründen, die
gemeinsam globale Konflikte anpackt.
Teilen Sie die Erwartung, dass sich in den transatlantischen Beziehungen
alles von selbst glättet, wenn Bush erst mal weg ist?
Das nicht. Die Wahl in den USA ist eine Chance für die transatlantischen
Beziehungen, keine Frage. Sowohl McCain als auch Obama sind multilateral
gesinnt - aber sie erwarten dann auch viel mehr von den europäischen
Partnern. In den letzten Jahren konnte man zu den unbeliebten Bush-Leuten
einfach "Nein" sagen, das hat nichts gekostet. Aber es wird etwas kosten,
zu einem populären amerikanischen Präsidenten "Nein" zu sagen, wenn er zur
Partnerschaft aufruft. Man muss sich darauf einrichten, dass eine echte
Partnerschaft aus echten Partnern besteht. Und dass die Amerikaner mit den
Europäern wirklich etwas zusammen machen wollen.
INTERVIEW: KARIN DECKENBACH
19 Jul 2008
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