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# taz.de -- Bedrohung aus dem All: Don Quijotes Kampf gegen Asteroiden
> Statistisch gesehen droht alle 5.000 Jahre ein Asteroid mit einem
> Durchmesser von über 200 Metern auf die Erde zu stürzen. Kann man etwas
> dagegen machen?
Bild: Houston, wir haben ein Problem! Falscher Film, aber richtiger Weltenrette…
Das Szenario ist bereits vor zehn Jahren mit Bruce Willis verfilmt worden.
In "Armageddon" rast ein Asteroid auf die Erde zu. Nur mit Hilfe von
Raumschiffen, die den riesigen extraterrestrischen Stein sprengen, kann die
Menschheit gerettet werden.
Auch in der deutschen Sechziger-Jahre-Kultserie "Raumpatrouille" wird ein
auf die Erde zurasender Feuerball abgewehrt, indem Commander McLain alias
Dietmar Schönherr seinen Schnellen Raumkreuzer gegen den Himmelskörper
steuert. Ganz ähnlich sehen nun die Pläne des Deutschen Zentrums für Luft-
und Raumfahrt (DLR) aus. Dessen Institut für Planetenforschung in Berlin
untersucht die Möglichkeit, die Flugbahn erdnaher Asteroiden zu verändern.
In englischer Sprache heißen diese Himmelskörper "Near Earth Objekts". Weit
über 100 dieser NEOs sind inzwischen identifiziert worden. Aber durch die
Entwicklung immer genauerer Teleskope können in Zukunft noch viele weitere
NEOs entdeckt werden. Außerdem ist das Planetensystem nicht ganz so gut
sortiert, wie dies im Erdkundeunterricht behauptet wird.
Manche der unzählig vielen Asteroiden, die normalerweise zwischen Mars und
Jupiter ihrer Umlaufbahn um die Sonne folgen und so für die Erde keine
Gefahr darstellen, werden von der Anziehungskraft eines Planeten von ihrem
Kurs abgelenkt. Dann können sie unserer Erde gefährlich nahe kommen. Aber
wie bedrohlich ist die Gefahr aus dem Weltraum?
Kleine Brocken verglühen beim Eintritt in die Atmosphäre und sind den
Menschen "Schnuppe". Aber schon ein Asteroid mit einem Durchmesser von 200
Metern könnte eine Großstadt vernichten. Vor hundert Jahren explodierte an
dem sibirischen Fluss Tunguska in 12 Kilometer Höhe ein Körper mit einem
Durchmesser von 30 bis 50 Metern. Eine Druckwelle, vergleichbar der von
mehreren hundert Hiroschima-Bomben, knickte auf einem Gebiet von rund 2.000
Quadratkilometern über 60 Millionen Bäume um.
Auch in Deutschland gibt es eine berühmte Einschlagstelle. Das Nördlinger
Ries, zwischen Bayern und Baden-Württemberg gelegen, ist ein Krater mit
einem Durchmesser von 22 Kilometern. Er entstand durch den Absturz eines
Asteroiden vor etwa 14 Millionen Jahren
Vor 65 Millionen Jahren löschte ein Einschlag, so weisen aktuelle
Forschungen nach, die Dinosaurier aus und begünstigte somit den Aufstieg
der Säugetiere.
Derartige Einschläge, die ganze Kontinente verwüsten, zu globalen
Klimaveränderungen führen und das Biosystem verändern können, ereigneten
sich in der Erdgeschichte nur im Abstand von mehreren hundert Millionen
Jahren.
Objekte mit einem Durchmesser von 200 Metern allerdings treffen etwa alle
5.000 Jahre auf die Erde. Angesichts der immer dichteren Besiedlung des
Planeten ist eine Katastrophe somit nicht auszuschließen, denn nicht immer
fallen solche Brocken ins Meer, in die Wüste oder in unbewohnte sibirische
Wälder.
Alan Harris, Physiker am Institut für Planetenforschung, plädiert deshalb
dafür, Asteroiden näher zu erforschen um sie im Bedarfsfall lenken zu
können. "Wir haben hierfür das Projekt ,Don Quijote' entwickelt", erklärt
der britische Wissenschaftler. Schon in absehbarer Zukunft soll eine
Gefahrenabwehr möglich sein.
Wenn ein NEO entdeckt wird, sollen nach Plänen der Europäischen
Weltraumagentur ESA zwei unbemannte Raumschiffe zu dem Asteroiden fliegen.
Der erste wird zunächst die genaue physikalische Beschaffenheit des NEOs
erkunden. Harris nennt diesen Abschnitt der Mission Rendezvous. Hierbei
beschießt die Raumsonde zunächst das Objekt, damit ein Krater entsteht. In
dem Krater soll sie dann landen, um Bodenproben zu entnehmen, die weder von
der Sonnen- noch von der kosmischen Strahlung verändert wurden und deshalb
genaue Rückschlüsse auf das Material des Asteroiden zulassen.
Manche Himmelskörper sind überwiegend aus Stein, andere aus Metall. Manche
sind eine Ansammlung von Gesteinsbrocken. Astronomen nennen diese Gebilde
"Rubble Pile". Alan Harris versucht es mit einer einfachen Erklärung:
"Stellen Sie sich einen Sack, gefüllt mit Murmeln, vor." Vielleicht sind
die meisten Asteroiden solche Schutthaufen. Aus den Ergebnissen der
Untersuchungen sollen dann Strategien zur Ablenkung des NEOs entwickelt
werden.
Das zweite Raumschiff könnte dann mit einer Geschwindigkeit von 10
Kilometern in der Sekunde und einem Gewicht von 400 Kilogramm auf das NEO
aufschlagen. Nach dem Impact, wie dieser Aufschlag in der Fachwelt genannt
wird, kann die erste Raumsonde messen, ob das NEO seinen Kurs geändert hat,
ob also die Mission erfolgreich gewesen ist. Allan Harris möchte "Don
Quijote" möglichst bald an einem ungefährlichen Asteroiden durchführen, um
die Praxistauglichkeit zu testen. "Im Notfall sollte das Vorgehen bereits
erprobt sein."
Das von der ESA entwickelte Projekt kann aber nur funktionieren, wenn das
NEO klein genug ist und es etwa zehn Jahre vor der möglichen Kollision mit
unserem Planeten entdeckt wird. Die Nasa hingegen forscht an einer anderen
Technologie. Der amerikanische Plan orientiert sich deutlich stärker an
Hollywood-Drehbüchern. Die USA wollen im Fall einer Bedrohung den
gefährlichen Asteroiden mit Atombomben ausschalten.
Alan Harris ist skeptisch, ob diese Pläne sinnvoll sind: "Ich bin ein Fan
von einem kinetischen Impaktor." Zu groß sei die Gefahr, mit einer
nuklearen Explosion aus einem großen viele kleine Asteroiden zu machen. Wie
eine Schrotladung könne der Himmelskörper dann auf die Erde niederprasseln.
Im Fall einer globalen Bedrohung durch ein spät erkanntes und sehr großes
NEO sei eine Sprengung jedoch die einzige Möglichkeit, die Gefahr
abzuwenden, gibt Alan Harris zu. Allerdings sei die Kollision mit einem
großen Asteroiden sehr unwahrscheinlich. "Aber", so räumt der Physiker ein,
"wir arbeiten nur mit Statistiken. Auch Österreich hätte
Fußballeuropameister werden können."
24 Jul 2008
## AUTOREN
Lutz Debus
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