# taz.de -- Kommentar Frauen in Technikberufen: Küchenpsychologie der Ökonomen | |
> Frauen, die "Männerfächer" studiert haben, sind doppelt so häufig | |
> erwerbslos wie ihre männlichen Kollegen. | |
Bild: Theorie: Girlsday bei Ford in Köln. | |
Die Mär geht wie folgt: Seit den 1990ern unternehmen Wirtschaft und | |
Industrie alles, um Frauen in die technischen Berufe zu locken. Es herrscht | |
Nachwuchsmangel, das Anwerben des weiblichen Geschlechts ist daher nur | |
folgerichtig. Doch wundersamerweise bleiben die Damen den technischen | |
Berufen fern. Dabei winken hier gute Gehälter, und die Karrierechancen | |
scheinen glorios. | |
Ein Fehler im weiblichen Bewusstsein? Schnell wird von frauenbewegter wie | |
wirtschaftlicher Seite vermutet, es fehle der Pioniergeist und die | |
Motivation, sich anders als die Mutter, Tante und die Freundin zu | |
entwerfen. Folglich drängte es die studierende Tochter der Hausfrau zum | |
Lehrberuf und die Tochter einer Lehrerin profilierte sich als Ärztin, | |
Kulturvermittlerin oder Journalistin. Der ehrgeizige weibliche Abkömmling | |
einer Verkäuferin steigt nach dieser Logik ins Hotelmanagement ein. Selbst | |
dran schuld, kann man da nur sagen. | |
Falsch. Nicht der weibliche Habitus steht der Frau und ihrer Karriere als | |
Elektrotechnikerin entgegen; er kommt nur erschwerend hinzu. Tatsächlich | |
abschreckend sind die schlechten Arbeitsbedingungen, die nach dem Studium | |
warten. | |
Frauen, die "Männerfächer" studiert haben, sind doppelt so häufig | |
erwerbslos wie ihre männlichen Kollegen. Teilzeit ist nicht vorgesehen. Nur | |
25 Prozent der Frauen arbeiten nach dem Studium in ihrem erlernten Beruf. | |
Der Rest muss ausweichen - in weiblichere Berufsfelder, wie etwa dem | |
öffentlichen Dienst oder dem Handel. Das Plus: Frauen aus "Männerfächern" | |
erhandeln sich häufiger bessere Arbeitsverträge als ihre Kolleginnen aus | |
"Frauenfächern". | |
Dass die strukturellen Benachteiligungen in klassischen Männerberufen kaum | |
reflektiert werden, zeigt einmal mehr, wie beharrlich unsere Denkwelt von | |
patriarchalen Annahmen bestimmt ist. Dafür wird das Bewusstsein der Frauen | |
angeprangert. Die Frau und ihr rückständiges Bewusstsein erscheinen reif | |
für die Runderneuerung, nicht die Arbeitsbedingungen. Wer Frauen in | |
technischen Berufen sehen möchte, sollte aufhören, Küchenpsychologie zu | |
betreiben. INES KAPPERT | |
29 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
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