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# taz.de -- Konteradmiral Bubo und die Kokainmafia: Mysteriöser Putschversuch
> Was ein Putschversuch des Marinechefs von Guinea-Bissau mit dem
> Staatsstreich in Mauretanien zu tun hat: Westafrika sorgt sich um
> Drogenschmuggel und radikale Islamisten.
Bild: Guinea-Bissau gilt als größter Drogenumschlagplatz Afrikas - auch wegen…
Konteradmiral Americo Bubo Na Tchuto ist ein reicher Mann. Zwei Luxusvillen
und mehrere teure Autos nennt der Chef der Marine von Guinea-Bissau sein
Eigen. Die Streitkräfte von Guinea-Bissau haben kein Geld, aber ihre Chefs
leben in Saus und Braus. Am Montag wurde Bubo an einem Strand in Gambia
festgenommen, zwei Länder weiter nördlich. Er war per Boot aus dem
Hausarrest in der Heimat geflohen. Denn am Mittwoch letzter Woche soll er
dort versucht haben, den gewählten Präsidenten Nino Vieira zu stürzen. Das
Komplott wurde verraten.
Dieser Putschversuch hat es in sich. Die einstige portugiesische Kolonie
Guinea-Bissau ist eines der kleinsten Länder Afrikas, aber sie gilt dank
ihrer sprachlichen Verbindungen und vor allem wegen des Labyrinths
unbewachter Mangrovensümpfe und tropischer Inseln vor ihrer Küste als
größter Drogenumschlagplatz des Kontinents für Kokain auf dem Weg von
Südamerika nach Europa. Der mutmaßliche Putschversuch in Bissau ereignete
sich am gleichen Tag, als in Mauretanien Militärs die Macht ergriffen -
Mauretanien ist nach Guinea-Bissau das Land in Westafrika, in dem seit
einigen Jahren am meisten Kokain beschlagnahmt wird.
Es wäre nicht der erste merkwürdige Zusammenhang zwischen Mauretanien und
Guinea-Bissau. Als zu Weihnachten 2007 islamistische Attentäter in
Mauretanien vier französische Touristen ermordeten, wurden die mutmaßlichen
Terroristen zwei Wochen später in Guinea-Bissau festgenommen. Der neue
Putsch in Mauretanien zog diese Woche einen Aufruf der "al-Qaida im
Maghreb" zu einem "heiligen Krieg" gegen die neue Militärjunta nach sich.
Viele Beobachter in Westafrika denken, dass es einen engen Zusammenhang
zwischen Drogenschmuggel und islamistischen Bewegungen gibt.
Guinea-Bissaus jüngste Krise begann am 12. Juli. An diesem Tag landete ein
zweimotoriges Kleinflugzeug aus Südamerika in Bissau. An Bord, so hatte
jemand vorab der Polizei erzählt, befanden sich 515 Kilo Kokain. Die
Polizei wollte das Flugzeug entern, aber dann kamen Soldaten und stellten
sich so lange in den Weg, bis jemand die Ware in Sicherheit gebracht hatte.
Die dreiköpfige venezolanische Besatzung, darunter ein in den USA mit
Haftbefehl gesuchter Drogenkurier, kam trotzdem in Haft, ebenso der Chef
der Flugkontrolle. Aber daraufhin wurde der Generalstaatsanwalt mit dem
Tode bedroht und seine Leibgarde auf höchste Anweisung entwaffnet. Es
schien klar: Guinea-Bissau ist im Griff der Drogenmafia.
Nach Erkenntnissen der UN-Drogenbehörde UNODC kommt ein Viertel von Europas
Kokain über Westafrika; letztes Jahr waren es schätzungsweise 40 Tonnen. In
Westafrika wurden 2007 6,5 Tonnen Kokain beschlagnahmt, mit einem
Straßenverkaufswert von 400 Millionen Euro. Wichtigstes Transitland ist
Guinea-Bissau, wo der Kokainumsatz jedes Jahr umgerechnet drei Milliarden
Euro wert sein soll, doppelt so viel wie das Bruttosozialprodukt. Täglich
landen nach UN-Schätzungen irgendwo in dem Land zwei Flieger aus Südamerika
mit jeweils 800 Kilo Kokain an Bord. Regelmäßig werden gigantische Mengen
Drogen von den Sicherheitskräften beschlagnahmt und verschwinden dann
spurlos, während hohe Generäle und Offiziere in den letzten Jahren
verdächtig reich geworden sind. Bei Drogennutzern in Bissau selbst, die
immer zahlreicher werden, gilt als Geheimtipp für beste Qualität der Kauf
direkt bei Armee oder Polizei. "Guinea-Bissau wird explodieren, wenn wir
jetzt nichts unternehmen", sagte bereits vor einem knappen Jahr Amado
Philip de Andres von UNODC.
Nach den Doppelkrisen in Guinea-Bissau und Mauretanien geht in Westafrika
die Angst um. Die Regierung Senegals, das zwischen den beiden Ländern
liegt, startete letzte Woche eine Pendeldiplomatie in Bissau. "Ohne den
Einsatz von Senegals Präsident hätten wir in Bissau eine schlimmere Lage
als in Mauretanien, denn dieses Land ist voller Warlords und jeder hat eine
Waffe in greifbarer Nähe", zitierte die senegalesische Zeitung Wal Fadjri
einen Gesprächspartner. Als Garant der Stabilität habe sich Guinea-Bissaus
Generalstabschef Tagme Nawaie angeboten. Vielleicht ist Bissaus Militär in
Wirklichkeit längst an der Macht.
14 Aug 2008
## AUTOREN
Dominic Johnson
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