| # taz.de -- Arbeitsamt vermittelt Callcenter-Agenten: Zwang zu illegalen Jobs | |
| > Die Bundesagentur vermittelt weiterhin Arbeitslose in gesetzeswidrige | |
| > Telefonwerbung. Die Call Center bekommen sogar Lohn-Zuschüsse. | |
| Bild: Wer legal vermittelt wird, kann trotzdem Illegales tun. | |
| Trotz heftiger Kritik von Politikern und Verbraucherschützern will die | |
| Bundesagentur für Arbeit weiter an der Vermittlung illegaler Tätigkeiten im | |
| Bereich Telefonwerbung festhalten. Man könne die Firmen, die entsprechende | |
| Stellenangebote in der Jobbörse der Behörde veröffentlicht haben, nicht | |
| präventiv bestrafen, sagte ein Sprecher zur taz. "Ein illegales Verhalten | |
| muss nachgewiesen werden." Als Bundesbehörde habe man keine rechtlichen | |
| Möglichkeiten gegen die Inserate von Unternehmen verzugehen, die | |
| "möglicherweise gesetzeswidrig" handeln. | |
| In der Jobbörse der Nürnberger Bundesagentur finden sich dutzende | |
| Stellenangebote von Firmen, die sich entweder auf Lottowerbeanrufe oder | |
| telefonische Kaltakquise spezialisiert haben. Beides ist illegal: Der seit | |
| Januar 2008 gültige Glücksspielstaatsvertrag sieht in Paragraph 5 ein | |
| generelles Verbot von Lottowerbung am Telefon vor; Kaltakquise, also Anrufe | |
| ohne Zustimmung oder vorherige Geschäftsbeziehung, ist durch Paragaph 7 des | |
| Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb untersagt. | |
| Bei einer Überprüfung der Inserate sei man am Freitag auf rund 25 Angebote | |
| aus dem Bereich Lottowerbung und Kaltaquise gestoßen. Man sehe aber keine | |
| Möglichkeit, diese zu beseitigen, sagte ein Sprecher. Es müsse zunächst | |
| geprüft werden, ob tatsächlich "ein Rechtsverstoß vorliegt". Dafür | |
| allerdings benötige man Einblick in die Unterlagen der Firmen, was ohne | |
| rechtliche Befugnis nicht möglich sei. | |
| Die Haltung der Behörde könnte speziell für Empfänger von Arbeitslosengeld | |
| II böse Konsequenzen haben. Diese werden von der Bundesagentur vermittelt, | |
| und zwar in Stellen, die vorrangig aus der Jobbörse stammen. "Unsere | |
| Jobbörse ist dafür ein zentrales Instrument", bestätigte eine Sprecherin | |
| der Behörde der taz. Lehnen Arbeitssuchende mehrmals ein Angebot ab, droht | |
| ihnen die Kürzung oder der komplette Entzug der staatlichen Unterstützung. | |
| Mit Blick auf Jobs bei Lotto-Call-Centern könnten sich Hartz-IV-Empfänger | |
| so in einer Notsituation befinden: Entweder arbeitet man für eine illegale | |
| Firma oder muss auf Geld verzichten. | |
| Diese Zwickmühle ist auch deshalb nicht unwahrscheinlich, weil | |
| Hartz-IV-Empfänger insbesondere für Call-Center-Firmen oftmals attraktiv | |
| sind. Grund sind die Vermittlungsgutscheine der Bundesagentur, durch die | |
| die Behörde bis zu 50 Prozent des Stundenlohns für bis zu 12 Monate | |
| übernimmt. Wieviele Lottobewerber und illegale Call-Center auf diese Weise | |
| bereits indirekt von der Bundesagentur subventioniert wurden, konnten die | |
| Sprecher nicht einschätzen. | |
| Auch wieviele Stellenangebote entsprechender Firmen sich tatsächlich im | |
| Bestand der Bundesagentur befinden, lässt sich nicht exakt quantifizeiren. | |
| Denn die Behörde kooperiert nach eigener Aussage mit mehr als 50 privaten | |
| Jobbörsen und Zeitarbeitsunternehmen. Darunter finden sich große Portale | |
| wie Jobmonitor, Rekruter und Deutschland-Stellenmarkt. Eine einzige | |
| Suchanfrage beim Dienst Rekruter zeigte: Auch dort finden sich etliche | |
| Cold-Call-Anzeigen. Eine "persönliche, meist telefonische Kontaktaufnahme | |
| (Kaltakquise)" sei "erforderlich", heißt es in einem der ersten Treffer. | |
| Und dann: "Das Stellenangebot wird durch die Bundesagentur für Arbeit | |
| betreut." | |
| 15 Aug 2008 | |
| ## AUTOREN | |
| Veit Medick | |
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