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# taz.de -- Israelischer Friedensaktivist Nathan tot: "Ich habe es versucht"
> Israels Friedensaktivist Abie Nathan ist gestorben. Berühmt machten ihn
> sein Friedensflug nach Kairo 1965 und sein Piratensender Voice of Peace
> vor der Küste Tel Avivs.
Bild: Von John Lennon gefördert: Nathan mit Funkkontakt mit seinem Radioschiff…
JERUSALEM taz Für die Israelis kommt der Tod von Abie Nathan vielleicht
deshalb überraschend, weil viele ihn längst für tot hielten. Es war still
geworden um den schwerkranken Friedensaktivisten, dessen 81-jähriges Leben
in der Nacht zum Mittwoch zu Ende ging. Nathan war infolge eines
Schlaganfalls seit zwölf Jahren halbseitig gelähmt und an den Rollstuhl
gebunden. Ein zweiter Anfall hatte ihm nur wenig später fast komplett die
Fähigkeit zu sprechen geraubt. Die "Stimme des Friedens" war stumm
geworden. Sein schlechter Gesundheitszustand, so ging zeitweilig das
Gerücht, sei Folge seiner wiederholten Hungerstreiks, mit denen er der
Regierung in Jerusalem eine größere Friedensbereitschaft abzufordern
versuchte.
Während eines über mehrere Wochen andauernden Hungerstreiks wähnte sich
Nathan selbst dem Tod schon so nahe, dass er von seiner Gefängniszelle aus
ein Grab und einen Stein organisierte. "Nissiti" sollte auf den Stein
gemeißelt werden: "Ich habe es versucht."
Die Völker dem Frieden näher zu bringen, war sein Anliegen, und sich selbst
von der Schuld zu befreien, die er nach eigener Überzeugung auf seine
Schultern lud. Abraham Jakob Nathan, der 1927 geboren wurde, kam aus dem
Iran via Indien nach Palästina, meldete sich dort freiwillig, um im Krieg
1948 gegen die Araber zu kämpfen. Als Bomberpilot gehörte es zu seinen
Aufgaben, arabische Dörfer aus der Luft zu bombardieren.
Der in der indischen Luftwaffe ausgebildete Pilot fand nach dem Krieg eine
Anstellung bei der staatlichen israelischen Fluggesellschaft El Al.
Zwischen Landung und Start in Tel Aviv baute er eine Galerie auf und ein
Restaurant, in dem er den ersten israelischen Hamburger servierte. Die
großen Schlagzeilen machte Nathan jedoch erst Mitte der Sechzigerjahre, als
er sich allein in einem einmotorigen Leichtflugzeug auf den Weg nach Kairo
machte, um Ägypten zu einem Friedensschluss zu bewegen. Der Traum sollte
erst im Jahre 1978 in Erfüllung gehen.
Berühmt wurde Abie Nathan dann noch einmal mit seinem Piratensender Voice
of Peace, der "von einem altersschwachen Boot irgendwo im Mittelmeer" Pop,
alte Schnulzen und Friedensbotschaften in drei Sprachen sendete.
Sein Flug nach Ägypten war zunächst Wahlkampfthema, als er 1965 für die
Knesset kandidierte. Zwar schaffte er den Einzug ins Parlament nicht, seine
"Schalom 1" startete Nathan trotzdem. Die Ägypter schickten ihren seltsamen
Besucher gleich wieder nach Hause. Auch sein zweiter Flug zum noch immer
mit Israel verfeindeten Nachbarn brachte nicht mehr als 40 Tage Haft im
israelischen Gefängnis. Mit finanzieller Hilfe des Ex-Beatles John Lennon
konzentrierte er sich ab 1973 auf sein "Friedensboot" und die Voice of
Peace. Immer wieder suchte er den Kontakt zu arabischen Führern, und immer
wieder landete er im Gefängnis, zuletzt, weil er sich trotz des noch
bestehenden Verbots mit dem damaligen PLO-Chef Jassir Arafat traf.
Nathan reiste in Katastrophengebiete, half den durch Erdbeben in Not
geratenen Menschen, kämpfte gegen den Hunger in Biafra, brachte Medikamente
nach Kambodscha, Nikaragua und in den Libanon. Er ist unsere "Mutter
Teresa", schreibt Gideon Levy, Kolumnist der Tageszeitung Haaretz, über
seinen Freund. Als Nathan sein verrostetes und dem Schiffbruch nahes
"Friedensboot" kurz nach der Unterzeichnung der Osloer Prinzipienerklärung
1993 vor der Küste Israels versenken ließ, sei, so Levy, er "selbst mit
abgetaucht".
Levy nennt Nathan im gleichen Atemzug mit dem aus Deutschland stammenden
Friedensaktivisten Uri Avnery. Beide gehörten zur Tel Aviver Bohème und
beide seien Ideologen. Zu den "schillernsten Partys" habe er regelmäßig die
linken Intellektuellen, darunter führende Politiker zusammengebracht, von
denen sich "einer nach dem anderen in tiefe Schuld stürzte, weil wir ihn so
sträflich vernachlässigten". Abie Nathan war jedoch schon immer ein
Einzelgänger gewesen, der es seiner Umgebung nicht immer nur leicht gemacht
hat. "Er war seiner Zeit voraus", sagt sein Mitstreiter aus der
Friedensbewegung Jossi Sarid. "Er hat alles immer allein gemacht."
28 Aug 2008
## AUTOREN
Susanne Knaul
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