# taz.de -- Elf Monate auf Bewährung:: Ein Strippenzieher des Rechtsrocks | |
> Der NPD-Bundesvorstand Thorsten Heise wird in einem Berufungsverfahren | |
> verurteilt. Er hatte 6.000 CDs mit fremdenfeindlichen Inhalten verkauft. | |
Bild: Heise war einer der Ersten, der für die NPD Jugendkultur und Politik erf… | |
Die Verurteilung wegen Volksverhetzung ist rechtskräftig. Doch über das | |
Strafmaß gegen das NPD-Bundesvorstandsmitglied Thorsten Heise wurde gestern | |
vor dem Landgericht Göttingen neu verhandelt. "Der Beschuldigte hatte | |
Revision beantragt", erklärt Cornelia Marahrens, Vizepräsidentin und | |
Pressesprecherin des Landgerichts. | |
Bereits im Mai dieses Jahres entschied das Oberlandgericht Braunschweig, | |
dass das Strafmaß neu festgelegt werden muss. Das Oberlandgericht hob aber | |
nicht die Verurteilung auf, betont Marahrens. | |
Im Dezember 2007 hatte das Landgericht Göttingen Heise zu einem Jahr | |
Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Nach Überzeugung der Richter gab | |
Heise von 2001 bis 2002 rund 6.000 CDs mit volksverhetzenden Texten einer | |
rechten Musikgruppe bei Presswerken im Ausland in Auftrag, um sie dann in | |
Deutschland zu verkaufen. Als Bewährungsauflage verdonnerte das Gericht den | |
langjährigen Neonazi zu 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Die Richter | |
ordneten zudem an, dass er 15.000 Euro zu zahlen hat. So viel Geld habe | |
Heise mit dem Vertrieb der CDs verdient. | |
Im Gerichtssaal betonte der Vorsitzende Richter, dass Heise offenbar | |
"unbelehrbar" wäre. Denn Heise, so der Richter, sei bereits zehnfach | |
vorbestraft, auch wegen Volksverhetzung. Auf den CDs werde "zu Hass gegen | |
bestimmte Volksgruppen aufgestachelt". Es handele sich um "schlimme, | |
widerliche Texte", die sich gegen Juden und Menschen schwarzer Hautfarbe | |
richteten, führte der Richter aus. Vor Gericht hatte Heise noch angeführt | |
die CDs seien nicht für ihn, sondern für einen Adressaten in Schweden | |
bestimmt gewesen. | |
Seit Jahren ist Heise im Rechtsrockgeschäft mit dabei. "Er gehört zu den | |
wichtigsten Strippenziehern im Rechtsrock", betont Christian Dornbusch, der | |
mehrere Studien über rechtsextreme Musik herausbrachte. Diese Musik sei für | |
die NPD zu dem "ideologischen Transmitter" geworden, um Jugendliche | |
gezielter anzusprechen. Musik und Fanartikel seien aber auch eine sehr | |
"lukrative Finanzquelle", hebt Dornbusch hervor und betont: Heise war einer | |
der Ersten, der NPD-Jugendkultur und Politik erfolgreich miteinander | |
verband. Mit seinem Label "WB Records" produziert Heise, der im | |
NPD-Vorstand für die Zusammenarbeit mit den Freien Kameradschaften | |
zuständig ist, auch eigene CDs. Bei seinem "WB-Versand" können Fans auch | |
Schutzwesten oder Schlagstöcke aus Stahl erstehen. Seine Verurteilung wegen | |
Volksverhetzungen stört die NPD nicht, wie NPD-Bundesvorsitzender Udo Voigt | |
unlängst auf dem Bundesparteitag im Bamberg erklärte. | |
Vor den Gerichtsverfahren hatte Heise an seinem Haus in Fretterode noch | |
Besuch von Ermittlungsbeamten erhalten. Aus dem niedersächsischen Northeim | |
ist er vor wenigen Jahren dort in die thüringische Gemeinde gezogen. Am 30. | |
Oktober vergangenen Jahres durchsuchten Beamte auf Wunsch der | |
Staatsanwaltschaft Haus und Garten auch wegen der CD "Kommando Freisler - | |
Geheime Reichssache". Diese im November 2003 erstmals in Australien | |
produzierte CD genießt aufgrund der Mischung aus eingängigen Melodien | |
bekannter Schlager und rechtsextremen Texten in der Szene "Kultstatus". Der | |
Name der CD kann als Anspielung auf Roland Freisler verstanden werden. Ab | |
1942 war er Präsident des "Volksgerichtshofes". "Blutrichter" wurde | |
Freisler genannt, der bei einem Bombenangriff im Februar 1945 im | |
Gerichtskeller umkam. Die CD "Kommando Freisler" löste gerade wieder | |
Ermittlungen aus. Auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft nahm die Polizei | |
vorgestern in Dänemark zwei Rechtsrockhändler fest. Die Staatsanwaltschaft | |
wirft Flemming C. und Stephan G. vor, über mehrere Jahre als | |
Verantwortliche des rechtsextremen Musikversand "Celtic Moon" illegale | |
Tonträger wie "Kommando Freisler" finanziert und vertrieben zu haben. Auf | |
"Altermedia", einem rechtsextremen Internetportal, outet die Szene selbst | |
die Kameraden mit vollem Namen. Die Staatsanwaltschaft würde gegen den | |
Deutschen Stephan Günther und dem Dänen Flemming Muff Christiansen | |
Auslieferungsanträge vorbereiten, heißt es dort. | |
Das Bundeskriminalamt (BKA) sagte zur taz: "Die Beschuldigten haben Kontakt | |
zu Thorsten Heise". In Finnland durchsuchten Beamte zeitgleich den | |
illegalen CD-Versand "Werwolf Records". Auch dieser Personenkreis, so das | |
BKA, war durch die Neuproduktion der Sampler "Die Deutschen kommen" Teil 1 | |
und 2 in Zusammenarbeit mit Heise in den Fokus der Ermittlungen geraten. | |
Vor Gericht hatte Heise indes wenig Erfolg. Das Gericht reduzierte alleine | |
die Bewährung auf elf statt zwölf Monate. Die Geldsumme bliebt, sagt | |
Marahrens. Eine Entscheidung, die Heise ärgern dürfte. | |
28 Aug 2008 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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