# taz.de -- Konferenz über Entwicklungszusammenarbeit: Den Helfern helfen | |
> Effizientere Entwicklungszusammenarbeit ist das Thema einer | |
> internationalen Konferenz in Accra vom 2. bis 4. September. | |
Bild: Mit vielen Ackerbauprojekten ist Äthiopien eines der wenigen Länder, de… | |
Wer in einem armen Land die Armut bekämpft, verbringt zwangsläufig viel | |
Zeit mit Reichen. Im Jahr 2005 schickten Geberregierungen insgesamt 10.453 | |
Evaluierungen und Missionen in 34 Partnerländer - 307 pro Land oder eine | |
pro Arbeitstag. Spitzenreiter war Vietnam mit 782. 2007 sank die Anzahl | |
immerhin um 1.500, heißt es in einer Aufstellung der Bundesregierung. | |
Gleichwohl müssen Länder, die viel Entwicklungshilfe erhalten, weiterhin | |
riesige bürokratische Apparate aufbauen, deren Hauptaufgabe darin besteht, | |
mit fremden Experten zu reden, deren Spitzeneinkünfte zum Teil aus der für | |
das Land bestimmten Entwicklungshilfe kommen. In Mosambik fließen 350 | |
Millionen Dollar jährlich in die Gehälter von 3.500 ausländischen Beratern, | |
während 100.000 mosambikanische öffentliche Bedienstete nur 70 Millionen | |
erhalten. | |
Um solche strukturellen Absurditäten geht es von heute an in Ghanas | |
Hauptstadt Accra bei einer hochkarätigen Tagung der Afrikanischen | |
Entwicklungsbank und der OECD. Über 1.000 Delegierte aus über 100 Ländern | |
werden auf dem High Level Forum on Aid Effectiveness (HLF) drei Tage lang | |
darüber beraten, wie bessere Entwicklungshilfe aussehen soll: mehr | |
Kontrolle durch die Empfänger, mehr Absprachen zwischen Geberländern, mehr | |
Kompetenzen für zivilgesellschaftliche Akteure, bessere Nachvollziehbarkeit | |
der Verwendung von Geldern. | |
Geber und Nehmer müssten auf gleicher Augenhöhe arbeiten, heißt es in dem | |
der taz vorliegenden Entwurf zur "Accra Agenda for Action" (AAA), die bei | |
der Konferenz verabschiedet werden soll: "Erfolgreiche Entwicklung hängt | |
wesentlich von der Kapazität einer Regierung ab, ihre Politik umzusetzen | |
und öffentliche Gelder über ihre eigenen Institutionen zu verwalten." | |
Die im Fachjargon "HLF-3" betitelte Konferenz von Accra ist die dritte | |
ihrer Art seit einer wegweisenden Tagung in Paris 2005, bei der die | |
"Pariser Erklärung" über Grundprinzipien effizienter Entwicklungshilfe | |
verabschiedet wurde (s. Kasten). Um deren Umsetzung und Weiterentwicklung | |
geht es in Accra. Die Beratungen erfolgen, wenige Wochen bevor die | |
UN-Generalversammlung in New York eine Halbzeitbilanz über die Realisierung | |
der UN-Millenniumsziele aus dem Jahr 2000 zur Halbierung der weltweiten | |
Armut bis 2015 zieht - in Afrika sieht diese Bilanz nicht gut aus. Gerade | |
aus Enttäuschung über die oft mit sehr komplizierten Auflagen verbundenen | |
Entwicklungsgelder westlicher Geber wenden sich immer mehr afrikanische | |
Länder neuen Partnern wie China zu. So wird es nun auch für etablierte | |
Partner wichtiger, sich infrage zu stellen - Konkurrenz belebt das | |
Geschäft. | |
Auf einer Vorbereitungskonferenz in Ghana ging es um solche Fragen, warum | |
etwa von europäischen Freiwilligen gebaute Toiletten meist ungern benutzt | |
werden; oder warum Bäuerinnen moderne Markthallen, die aus Mitteln der | |
Entwicklungshilfe gebaut wurden, meiden und weiter auf offenen Plätzen | |
verkaufen. Solche gut gemeinten Initiativen hängen von regelmäßiger Strom- | |
und Wasserversorgung ab, die es nicht gibt, und niemand hat die Betroffenen | |
gefragt, was ihnen wichtig wäre. | |
Andererseits, so stellt die offizielle Konferenzvorlage der OECD fest, hat | |
erst weniger als ein Viertel aller Entwicklungsländer langfristige, mit | |
Ausgabenplanungen versehene Entwicklungsstrategien entwickelt, an die sich | |
Geber halten könnten. Die OECD-Untersuchung gibt den Entwicklungsstrategien | |
der Entwicklungsländer Noten von A (sehr gut) bis E (sehr schwach). Kein | |
einziges Land erhält die Note A, und nur wenige - Äthiopien, Burkina Faso, | |
Ghana, Ruanda, Sambia, Tansania, Uganda und Vietnam - bekommen die Note B. | |
Weniger als die Hälfte der Entwicklungsgelder, die in öffentliche Haushalte | |
der Empfängerländer fließen, wird korrekt in die Staatshaushalte | |
eingestellt und gemäß lokalen Beschaffungskriterien ausgegeben. In der | |
Demokratischen Republik Kongo setzten die Geberländer 2007 798 Millionen | |
Dollar Hilfszahlungen an und meldeten effektive Zahlungen von 802 | |
Millionen, aber Kongos Regierung registrierte Eingänge von nur 156 | |
Millionen. | |
Die Versuchung ist groß, Lösungen für diese Probleme rein technokratisch | |
anzugehen, wofür man vor allem kompetente Buchhalter braucht. | |
Zivilgesellschaftliche Gruppen weisen hingegen im Vorfeld des Gipfels von | |
Accra darauf hin, dass man auch Grundprinzipien infrage stellen muss. "Die | |
Accra-Agenda sollte explizit anerkennen, dass Rahmenabkommen für | |
Entwicklungszusammenarbeit mit internationalen Abkommen über | |
Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, Umweltschutz und | |
Arbeitsbedingungen harmonieren müssen", fordert der Dachverband der an der | |
Vorbereitung der Konferenz beteiligten Nichtregierungsorganisationen in | |
einer kritischen Stellungnahme zum Entwurf der Abschlusserklärung. Mehr | |
Kontrolle durch Empfängerländer müsse Kontrolle durch deren Bürger | |
bedeuten, nicht nur durch deren Regierungen. Noch immer werde Hilfe, die an | |
den Kauf von Dienstleistungen aus dem Geberland gekoppelt sei oder die sich | |
nicht in geltende nationale Prioritäten einfüge, nicht kategorisch | |
ausgeschlossen. Das Problem sei, dass Geber sich nicht in die Karten gucken | |
lassen wollten: "Es kann keine Rechenschaftspflicht auf nationaler Ebene | |
geben, solange Geber nicht in Rechenschaftspflicht und Überwachung auf | |
internationaler Ebene einwilligen." | |
2 Sep 2008 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Deutsche Entwicklungszusammenarbeit: Qualität statt Quantität gefordert | |
Anlässlich der Konferenz von Accra fordert Deutschland eine bessere | |
Koordination und Kontrolle von Entwicklungshilfe. Es könnte bei sich selbst | |
anfangen. |