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# taz.de -- Blauhelme in Kongo: Da ist was im Busch
> Bretter statt Fluggeräte, "Nahkampf ohne Schusswaffe": wie UN-Soldaten
> aus Indien im Kongo die korrupte und schlecht ausgerüstete Armee
> ausbilden.
Bild: Buschkrieg wörtlich genommen
LUBERO taz Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen ist dem Soldaten in
acht Metern Höhe ein wenig bange. "Caporal Kalongo bereit zum Abseilen",
ruft er und blickt zögernd hinunter. Dann nimmt er sich ein Herz und
springt, an einem Seil herabgleitend, in die Tiefe. Unten angekommen, duckt
er sich, rennt ein paar Meter, duckt sich wieder und stellt sich zu seinen
Kameraden.
"Slithering" nennt sich diese Übung, die Absprung aus einem Hubschrauber
probt. Anstelle eines realen Fluggeräts wurde ein Brett in acht Meter Höhe
an einen Baum genagelt. So trainieren indische Blauhelmsoldaten im
ostkongolesischen Städtchen Lubero das 23. Bataillon der kongolesischen
Regierungsarmee. Caporal Kalongo dürfte kaum je in die Verlegenheit kommen,
tatsächlich über einem Kampfgebiet abzuspringen. Kongos Soldaten gehen zu
Fuß.
Weil Kongos Armee oft sogar kaum Munition hat, erscheint die anschließende
Übung realistischer: Nahkampf ohne Schusswaffe. Die Soldaten schleichen
sich von hinten an ihre Kameraden an, bringen sie mittels eines
Kung-Fu-Griffs zu Fall und hauen sie mit einem Kalaschnikow-Magazin
kampfunfähig.
Pranov Joshi ist zufrieden. "Diese Soldaten sind hoch motiviert",
versichert der junge Hauptmann aus dem indischen Mumbai, der die Übungen
leitet. "Durch unser Training machen wir sie zu einer ordentlichen Truppe."
Seit vergangenem Jahr beinhaltet das Mandat der UN-Mission im Kongo (Monuc)
auch Training für kongolesische Soldaten. Denn zuvor machte die UN
leidvolle Erfahrungen bei gemeinsamen Einsätzen: Nicht nur waren Ausrüstung
und Kampfmoral der Kongolesen schlecht, mangelnde Koordination und
Meutereien brachten bisweilen auch UN-Soldaten in Gefahr.
Die aus zahlreichen Bürgerkriegsfraktionen zusammengewürfelte Armee leidet
an internem Misstrauen, Korruption und Vernachlässigung. Sogar Nahrung ist
meist knapp. Nun versuchen die UN-Blauhelme, die Armee auf militärische
Aktionen vorzubereiten. Wenige Kilometer vom Trainingsgelände entfernt
befinden sich Stellungen der "Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas"
(FDLR). Die nach dem Völkermord in Ruanda 1994 in den Kongo geflüchtete
Hutu-Miliz kontrolliert ganze Landstriche, indem sie die Bevölkerung
terrorisiert. Im November 2007 vereinbarten die Regierungen Kongos und
Ruandas, dass die Milizen entwaffnet und nach Ruanda repatriiert werden
sollen. Weil das nicht geschieht, droht die UN mit Angriffen. Übungen wie
in Lubero finden dementsprechend an vielen Stationierungsorten der UN im
Ostkongo statt. Dass auch neue Kämpfe mit den Rebellen des Tutsi-Generals
Laurent Nkunda drohen, erhöht die Dringlichkeit.
Bereits seit 2004 bemüht sich die internationale Gemeinschaft, Kongos Armee
zu reformieren. Die ersten "neuen" Einheiten, durch belgische oder
angolanische Ausbilder gedrillt, begingen hinterher schwere
Menschenrechtsverletzungen. So wurde inzwischen die Ausbildungsarbeit der
ohnehin überlasteten UN-Mission überlassen.
Deren Lehrgänge dauern nur einige Wochen. Doch der 27-jährige indische
Hauptmann ist optimistisch: "Das sind gute Schüler. Wir nehmen sie ein
bisschen an der Hand, bis sie selbst laufen können." Sein Partner, der fast
doppelt so alte kongolesische Oberstleutnant Madika Mozala, gibt sich
ebenfalls zuversichtlich: "Ich bin mir sicher, dass die Regierung uns alle
notwendigen Mittel zur Verfügung stellen wird, bevor sie uns
Angriffsbefehle gibt", glaubt er.
5 Sep 2008
## AUTOREN
Alex Veit
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