# taz.de -- Zum 70. oder 75. Geburtstag von Lagerfeld: "Es geht um Oberflächen" | |
> Karl Lagerfeld hat heute Geburtstag. Egal, wie alt er wirklich wird, | |
> unverwechselbar ist er in jedem Fall, so der Designer Sebastian | |
> Fischenich über den Altmeister den Haute Couture. | |
Bild: Einfach Lagerfeld | |
taz: Herr Fischenich, Karl Lagerfeld sagt von sich: "Ich interessiere mich | |
nur für mich und mein Spiegelbild." Ist dieser Narzissmus in der | |
Modebranche nützlich? | |
Sebastian Fischenich: Das ist eigentlich eine klassische Ja-Nein-Frage. | |
Aber das kann man so nicht sagen. Es gibt so etwas wie ein Abziehbild, ein | |
Klischee des Designers der Modebranche. Auch geprägt durch die Erzählung | |
von Gottfried Kellers "Kleider machen Leute". Das Berufsbild des Designers | |
als allein schaffende kreative Person hat sich in den letzten zwanzig | |
Jahren aber gewandelt. Heute wird in Teams gearbeitet, auch wenn es häufig | |
noch einen Designer gibt, der in den Vordergrund tritt. Es geht nun mal bei | |
Mode um Oberfläche, eben das, was man sieht. Wir beschäftigen uns | |
schließlich viel mit ihr und der Inszenierung des eigenen Körpers. | |
Gibt es auch Gegenbeispiele? | |
Klar. Raf Simons, Chefdesigner bei Jil Sander, erzählte kürzlich in einem | |
Interview, wie schüchtern er ist. Das ist ein gutes Beispiel, dass Designer | |
nicht mehr unbedingt den Drang haben, nach außen zu gehen und zu | |
kommunizieren. Lagerfeld aber ist eine andere Generation. Er wurde in einer | |
Zeit groß, als sich das Berufsbild des Designers erst entwickelt hat. Es | |
war die Zeit nach dem Krieg, die Industrie boomte. Zudem erreichte die Mode | |
mit der Prêt-à-Porter nun auch einen größeren Stellenwert im Alltag. | |
Dadurch wurden die Modemacher zunehmend präsenter. Außerdem gehören | |
Designer auch zum Konzept. Sie sind Werbeträger. Heutzutage muss man aber | |
nicht narzisstisch sein, um zu bestehen. Bei einigen ist Narzissmus eher | |
eine persönliche Eigenschaft, dient aber zur Unterstützung der Marke. Bei | |
anderen wäre das vielleicht sogar kontraproduktiv. | |
Passt es dann aber zum Lagerfeld-Image, dass er für die Firma Steiff einen | |
Teddy in seinem Look kreiert? | |
Das bewundere ich an Lagerfeld. Er baut ein starkes Image auf und macht | |
alles in Perfektion. Außerdem besitzt er, wie man am Teddy sieht, auch | |
Selbstironie. Die Verbindung von Modemarken und Teddybären ist übrigens | |
nichts Neues. Das gab es auch schon von Gucci. Man darf aber auch nicht den | |
Kontext außer Acht lassen. Steiff als alte deutsche Marke steht für den | |
Teddy an sich. Ich finde, das hat schon Hang zur Selbstironie. Und ab einem | |
bestimmten Punkt muss man so weit sein, mit 75 oder 70, so genau weiß man | |
das ja nun nicht, da muss man einfach über den Dingen stehen. Und es | |
schadet seinem Images keineswegs. Lagerfeld ist nicht nur in der | |
Öffentlichkeit präsent, er ist auch unverwechselbar. | |
Welche Bedeutung hat denn diese Marke Lagerfeld? | |
Das wirklich Interessante am Werk Lagerfelds ist seine Arbeit für Chanel. | |
Es ist letztendlich immer das Gleiche und trotzdem schafft er es in jeder | |
Saison, das in einen neuen Kontext zu setzen. Stilistisch ist seine Arbeit | |
nie kompliziert. Es handelt sich um Variationen von Chanelkostümen (siehe | |
Bild), die aber modern präsentiert werden. Das ist eine außerordentliche | |
Leistung. | |
Und die Sache mit dem Alter? | |
Das Alter ist ja auch egal. Es zeigt, wie unwichtig das ist. Ich kann es | |
zwar nicht ganz nachvollziehen, warum er da so ein Geheimnis drum macht. | |
Ja, vielleicht wird es aber auch irgendwann schwierig, dazu zu stehen. | |
INTERVIEW: RH | |
10 Sep 2008 | |
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Karl Lagerfeld | |
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