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# taz.de -- "Kommissarin Lund" im ZDF: Die könnens, die Dänen
> Im ZDF ermittelt für 10 x 100 Minuten "Kommissarin Lund" (22.00 Uhr). Und
> sie macht ihren Job verdammt gut.
Bild: Vollkommen zurecht bekommt die Serie in Dänemark Zuschauerquoten von 70%.
1.000 Minuten bis zur Aufklärung - was für eine wunderbare Zumutung für
jeden Drehbuchautoren. In diesem Krimidrama ist der Mord an einer
Gymnasiastin die Ausgangssituation für ein detailreiches
Gesellschaftspanorama, das die Verwüstungen bei der Opferfamilie ebenso
ausführlich zeigt wie die Verfehlungen der Kopenhagener Kommunalpolitik.
Wie das funktioniert? Das Geheimnis des dänischen Zehnteilers liegt in der
Kombination des extrem kurz getakteten Ermittleralltags mit einem sehr,
sehr langen Erzählatem.
In Zentrum steht Kommissarin Lund (Sofie Gråbøl), die eigentlich schon
längst weg ist. Schließlich steht sie kurz vor dem Umzug nach Schweden, wo
sie mit ihrem kleinen Sohn zum neuen Ehemann ziehen will. Doch von Tag zu
Tag zögern die Ermittlungen die Abreise hinaus. Erschwerend kommt hinzu,
dass ihr Nachfolger schon den Schreibtisch übernommen hat und sich vorlaut
einmischt.
Neben der Zeit, den Kollegen gibt es noch ein Hindernis: Den
Kommunalpolitiker Troels Hartmann (Lars Mikkelsen), der Bürgermeister von
Kopenhagen werden will und ebenfalls kalt erwischt wird: Spuren führen in
sein Wahlkampfbüro.
Regisseur Birger Larsen, der auch für die epische Mankell-Verfilmung "Die
fünfte Frau" verantwortlich zeichnete, montiert hier also parallel das
politische Geschäft mit der Ermittlerrecherche. Die frappierende
Ähnlichkeit in beiden Bereichen: Es geht nicht alleine darum, über welches
Wissen man verfügt, sondern wie man mit diesem Wissen strategisch verfährt.
Wie feinnervig dieses Ineinander von Moral und Politik in "Kommissarin
Lund" aufbereitet wird, fällt umso mehr auf, wenn man sich anschaut, wie
klobig die öffentlich-rechtliche deutsche Konkurrenz an diesem Wochenende
mit gesellschaftsrelevanten Themen umgeht: Beim "Duo" werden am Samstag
(20.15 Uhr) im ZDF Aspekte der Bildungsdebatte für eine lieblose Parade von
Lehrer- und Schüler-Stereotypen genutzt, beim Saarländer "Tatort" in der
ARD am Sonntag (20.15 Uhr) hat man die Strukturprobleme in der ehemaligen
Bergbau-Region für einen stumpfen Grubenschocker instrumentalisiert.
Ganz anders die Dänen: Die Genauigkeit, mit der einerseits der gefährliche
Aktionismus der Opferfamilie und andererseits der Wahnsinn des
Wahlkampfalltags aufgezeigt wird, zeugt für ein großes Gespür für die
Widersprüchlichkeiten der Wirklichkeit. In Dänemark gab es dafür
Traumquoten von durchschnittlich 70 Prozent. Mal sehen, ob das deutsche
Publikum zehnmal gut 100 Minuten geballte Schizophrenie ebenso dankbar
annimmt. CHRISTIAN BUSS
13 Sep 2008
## AUTOREN
Christian Buss
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