# taz.de -- Finanzmarktanalyst über die US-Bankenkrise: "Dann hätten wir den … | |
> Die Nationalbanken werden alles tun, damit es nicht auch beim | |
> Versicherungsmarkt kracht, prognostiziert Finanzmarktanalyst Wolfgang | |
> Münchau. | |
Bild: Hallo? Ist noch jemand zuständig? | |
taz: Herr Münchau, hat die US-Bankenkrise durch die Pleite der Lehman | |
Brothers eine neue Qualität erreicht? | |
Wolfgang Münchau: Wir erleben im Moment den Rattenschwanz der | |
Hypothekenkrise. Banken haben sich verspekuliert, weil im Immobiliensektor | |
und auf dem Kapitalmarkt Blasen geplatzt sind. Nun wickelt sich alles ab, | |
was sich abwickeln musste. Auch wenn sich die Lage bei den Großbanken nun | |
langsam beruhigen dürfte, werden noch weitere, weniger prominente Banken | |
Pleite gehen. Insgesamt wird der globale Bankenmarkt schrumpfen. | |
Vor ein paar Monaten hat die US-Zentralbank die Investmentbank Bear Stearns | |
noch gerettet. Wieso handelt sie jetzt anders? | |
Je größere Risiken eine Bank auf sich genommen hat, desto weniger kann man | |
sie pleite gehen lassen, weil sonst großer Schaden am Finanzsystem | |
entsteht. Bear Stearns hatte sich unverantwortlich verhalten und musste | |
gerettet werden. Das Verrückte ist, dass die Lehman Brothers ihre Risiken | |
so weit reduziert hatten, dass ihre Pleite die Gesamtwirtschaft nicht | |
runiniert. | |
Es ist also nicht so schlimm, dass die US-Zentralbank die Lehman Brothers | |
nicht rettet? | |
Die Fed handelt völlig richtig. Entweder muss der Steuerzahler für | |
hochbezahlte Banker und ihre Aktionäre einspringen, oder die Zentralbank | |
druckt Geld und verschärft so die Inflation. Beides ist nicht fair. Deshalb | |
muss man mit öffentlichen Rettungsaktionen sehr vorsichtig sein. Die Fed | |
demonstriert nun, dass sie nur manchmal zahlt. Allein dieser Zweifel ist | |
gut. | |
Welche Risiken liegen noch vor den Finanzmärkten? | |
Der nächste Teil der Krise wird weltweit eine Menge Versicherungen und | |
Hedge Fonds erfassen. Denn als Folge der bisherigen Turbulenzen auf den | |
Finanzmärkten werden jetzt Versicherungszahlungen fällig, die neue Opfer | |
fordern werden. Der Anfang ist schon zu sehen: Seit dem Wochenende hat | |
einer der größten US-Versicherer Zahlungsschwierigkeiten, weil er | |
großzügige Versicherungszusagen gemacht hat, die er nun einlösen muss. Zum | |
ersten Mal hat die Finanzkrise den Markt erfasst, auf dem sich | |
Versicherungen gegen Zahlungsausfälle absichern. Diese Versicherungskrise | |
kann ungleich gefährlicher werden als die Krise bei einzelnen Banken. | |
Was ist daran so gefährlich? | |
Betroffen ist ein vollkommen unregulierter Versicherungsmarkt mit einem | |
Volumen von 62.000 Milliarden US-Dollar. Das entspricht der jährlichen | |
globalen Wirtschaftsleistung. Wenn es in diesem Markt knallt, dann hätten | |
wir den absoluten Supergau. Die Zentralbanken werden alles tun, damit die | |
Situation nicht weiter eskaliert. | |
Welche Folgen hätte das für die Realwirtschaft? | |
Es würden enorme Teile des Finanzsystems ausfallen. Kurzfristig wäre eine | |
weltweite Rezession nicht zu vermeiden. Die Zentralbanken werden es aber | |
nicht zur Kernschmelze kommen lassen. Allerdings ist der anhaltende | |
Konjunkturoptimismus in den USA nicht gerechtfertigt. Die USA werden im | |
Zuge der Finanzkrise noch ziemlich tief fallen. | |
INTERVIEW: TARIK AHMIA | |
16 Sep 2008 | |
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