# taz.de -- Emmy-Gewinner "Mad Men": Back to the Sixties | |
> Bei der 60. Verleihung des wichtigsten Fernsehpreises der USA "Emmy" | |
> wurde mit "Mad Men" ein Sittenportrait der sechziger Jahre zum | |
> wohlverdienten Gewinner des Tages. | |
Bild: V.l.n.r. Vincent Kartheiser als Pete Campbell, Christina Hendricks als Ch… | |
"Mad Men" sind die Strippenzieher in einem Werbeunternehmen im New York der | |
sechziger Jahre. Ein kleiner US-Kabelsender hat die Serie produziert und | |
wurde dafür mit Auszeichnungen für bestes Drama, Produktion und Drehbuch | |
bei der diesjährigen Emmi-Verleihung in Los Angeles belohnt. Sie nimmt den | |
Zuschauer mit auf eine Zeitreise in die sechziger Jahre in die Welt des | |
Donald Draper. | |
Mögen muss man diesen Draper nicht, aber beeindruckend ist er schon. | |
Gutaussehend, makellos gekleidet, lässig Zigarette und Whiskyglas haltend | |
und das kreative Genie der Werbeagentur in der New Yorker Madison Avenue. | |
Wunderschöne Ehefrau mit zwei kleinen Kindern im idyllischen Vorort, heiße | |
Geliebte in der Stadt. Gefürchtet, beneidet und bewundert von Kunden, | |
Konkurrenz und Kollegen. | |
Draper lügt und betrügt und er macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt. | |
Und er kann das, denn Männer sind die Herrscher dieser sechziger | |
-Jahre-Welt, sind nie ohne Zigarette anzutreffen und stets adrett unterwegs | |
zwischen trautem Heim ("Du kommst spät, soll ich dir noch was zu essen | |
machen?"), der nächsten Sitzung oder dem nächsten Tete à tete mit einer der | |
Sekretärinnen. | |
Wie in "Mad Men" im Büro geraucht, getrunken und auf Kosten von Frauen und | |
jedem, der nicht dem Bild des weißen anglosächsischen Protestanten | |
entspricht, gescherzt wird, ist in seiner Beiläufigkeit das spektakulärste | |
Moment dieser neuen US-Serie - davon abgesehen, dass auch schwangere | |
Hausfrauen nicht weniger rauchen als ihre geschäftigen Ehemänner. | |
Im perfekt dieser Zeit entsprechend ausgestatteten Büro- und Wohnräumen | |
bewegen sich die Sekretärinnen in engen Kleidern, Geschäftsfrauen in | |
Kostümen und Hausfrauen im faszinierenden Schlafgewand. Am Horizont | |
zeichnet sich aber trotz der in Stein gemeißelten Rollenverteilung hier | |
bereits die aufgehende Sonne der Emanzipation ab, denn manche der Frauen | |
zeigen, dass sie sich auf mehr verstehen als die Wahl einer | |
Lippenstiftfarbe. | |
Und natürlich lauern hinter dieser spießigen Hochglanz -Werbewelt um so | |
tiefere Abgründe. Don Draper verleugnet seine Herkunft, seine Frau wird in | |
ihrer Vorstadt-Isolation depressiv und liegt bei einem Psychiater auf der | |
Couch, der ihrem Mann stets rapportiert, was das Frauchen so von sich gibt. | |
Der Agentur-Emporkömmling Pete Campbell versucht erfolglos an Drapers Stuhl | |
zu sägen, um seinen konservativen Eltern und zu beweisen, dass er kein | |
Versager ist. Denn noch längst nicht ist die schillernde Werbewelt für | |
jeden Unternehmer ein Heilsversprechen. Und Drapers Freund und | |
Firmen-Mitinhaber Roger Sterling kriegt vom vielen Saufen und Rauchen einen | |
Herzinfarkt. Noch auf der Bahre in den Krankenwagen bläut sein Freund ihm | |
den Namen der Gemahlin ein - damit er nicht den Namen der Geliebten | |
stammelt. | |
Wer "Mad Men" guckt, in Deutschland geht das bis jetzt höchstens auf DVD, | |
lernt mehr über Amerikas jüngste Geschichte als es durch Geschichtsbücher | |
möglich wäre. Dass diese Serie neben der Comedy-Sitkom "30 Rock", der | |
Miniserie um das Leben des zweiten US-Präsidenten "John Adams" und weiteren | |
Seirenkrachern wie "Entourage" und "In Treatment" ausgezeichnet wurde und | |
nicht Heidi Klum zeigt, dass beim amerikanischen Fernsehpreis die Qualität | |
über die Quote triumphiert. | |
22 Sep 2008 | |
## AUTOREN | |
Julia Niemann | |
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